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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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mir noch ein Stück Dörrfleisch, das ich mir in die Hosentasche steckte. Ich nehme an, der Magus hätte es mir gegeben, wenn ich darum gebeten hätte, aber seit dem Vorfall mit der Reitpeitsche hatte ich es aufgegeben, um zusätzliches Essen zu bitten.
    Sophos kam mit einem Bündel Reisig über den Felsgrat hinter mir. »Wo sind denn alle?«
    »Auf der Suche nach dir.« Ich erläuterte ihm, dass sie befürchteten, er könnte ertrunken sein.
    Er saß die nächste halbe Stunde in schmollendem Schweigen da, bis der Magus von flussabwärts das Ufer entlangkam. Als er Sophos sah, kehrte er um und verschwand um die Biegung; er musste Pol zugewinkt haben, denn sie kamen gemeinsam zurück.
    Sie setzten sich neben uns, und Sophos, der starr geradeaus blickte, bemerkte spitz: »Ich kann sehr gut schwimmen.«
    »Gibt es irgendetwas zum Abendessen?«, fragte ich.
    Und so aßen wir und warteten darauf, dass der Fluss verschwand. Ich hatte mich vom Feuer entfernt, um mich in die Dunkelheit zu setzen. Sophos kam mit.
    »Gen«, fragte er, »kannst du im Tempel den Fluss kommen hören?«
    Ich dachte über meine Panik in den vergangenen beiden Nächten nach. Vielleicht hörten meine Ohren, was mein Kopf nicht verstand. »Ich weiß es nicht«, musste ich antworten und schilderte ihm die Panik. Ich erzählte ihm auch von den verrutschten Steinklötzen.
    »Glaubst du«, stammelte er, »dass da irgend… jemand mit dir im Labyrinth ist?«
    Ich wünschte, er hätte nicht so offensichtlich »irgend- etwas « durch »irgendjemand« ersetzt. Nicht, dass ich annahm, es gäbe Ghule und Geister – aber wenn man in einem kalten, dunklen, nassen Loch im Boden stand, fiel es leichter, an sie zu glauben.
     
    In meiner dritten Nacht im Labyrinth dachte ich daran, das Stemmeisen aufzuheben, das im Eingang zum Labyrinth lag. Dann ging ich direkt zu dem Gang, der mitten hindurchführte. Ich suchte Fingerspitze an Fingerspitze jedes Stück seiner Innenwand von einem Ende bis ans andere ab, und dann ging ich so annähernd, wie ich es irgend bestimmen konnte, durchs Labyrinth zur Rückseite derselben Wand und suchte auch sie ab. Darüber verging ein Großteil meiner Nacht, und ich fand nichts. Ich ging zu dem Teich hinten im Labyrinth und watete hindurch; obwohl ich gut achtgab, zertrat ich dabei den einen oder anderen Knochen. Ich suchte die Rückwand des Labyrinths ab und fand wieder nichts. Während ich suchte, begannen mir Sophos’ Worte wieder im Kopf herumzuspuken: »Glaubst du, dass irgend etwas mit dir im Labyrinth ist?« Ich unterbrach meine Tätigkeit alle paar Minuten, um einen Blick über die Schulter zu werfen, und verfluchte Sophos dafür, dass er etwas angesprochen hatte, worüber ich nicht nachdenken wollte.
    Die Flamme meiner Lampe flackerte einmal auf, und ich geriet in Panik. Ich kehrte in den mittleren Gang zurück und blieb dort stehen, während die Panik über mich hinwegbrandete und mich zum Ausgang des Labyrinths drängen wollte. Ich wusste, dass ich noch Zeit hatte, bevor das Labyrinth volllief, und weigerte mich, meine Niederlage einzugestehen. Ich baute mich breitbeinig auf und hielt mich sogar am Fels fest, um mich abzustützen. Ich war wild entschlossen, Hamiathes’ Gabe zu finden, und wenn mir das nicht gelang – oder wenn, wie ich vermutete, nichts zu finden war –, dann konnte ich ebenso gut ertrinken. Wohin würde ich danach schließlich noch zurückkehren können?
    Die Panik ließ nach, und ich sah die Wand vor mir an. Sie wies Felsvorsprünge und Unebenheiten auf, je nachdem, wie die Lava geflossen und erkaltet war, aber es gab keinen Riss, keine Nahtstelle, die auf eine Tür hindeutete oder einen heimlichen Mechanismus hätte verbergen können. Ich suchte den Mittelteil der Wand ab, bis ich vor Enttäuschung laut fluchte und mein Stemmeisen gegen den massiven Fels schwang.
    Ich verletzte mir die Hand. Das Stemmeisen landete auf dem Stein zu meinen Füßen und tönte dabei wie eine Glocke. Ich hatte Glück, dass es nicht vom Fels abgeprallt war und mich im Gesicht getroffen hatte. Ich drehte mich um, setzte mich an die Wand gelehnt hin, hielt mir die schmerzende Hand und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Die Panik war verebbt, aber ich war immer noch in Versuchung, das Labyrinth zu verlassen. Ich weiß nicht, ob ich zu dem Zeitpunkt hätte gehen können oder nicht. Ich blieb nicht, weil ich in der Falle saß; ich blieb, weil ich zu dumm war zu gehen. Vielleicht waren die Besitzer all der Knochen an der

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