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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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wurden. Das Holz war brüchig, und als einzelne Zweige nachgaben, sackte die Brücke näher ans Wasser. Der Magus kannte das Prinzip des Archimedes so gut wie ich.
    »Gen?« Er sah sich nach mir um.
    »Ich komme zurecht, versprochen«, sagte ich zu ihm.
    Widerwillig ging er. Er kroch so vorsichtig wie Sophos hinüber.
    Sobald er die Insel erreicht hatte, ließ ich mich am Ufer zu der Stelle hinabgleiten, an der der Baum auflag, und ging hinüber. Das Holz war vom Wasser glattgewaschen worden und war deshalb eine Wohltat für meine nackten Füße. Es hätte mir auch keine Schwierigkeiten bereitet, wenn es nur halb so breit gewesen wäre.
    Der Magus grinste, als ich neben ihm auf den Felsen landete, und ich drehte mich um, um ihm so gut ich konnte dabei zu helfen, die Brücke loszureißen. Ein Mann wollte gerade hinübergehen, aber er sprang zurück in Sicherheit, bevor der Baumstamm sich löste. Die Strömung riss ihn mit. Über das Tosen des Wassers hinweg konnten wir Flüche hören.
    Ich schickte den Magus über die zweite Brücke. Er ging ohne Widerrede; dann folgte ich ihm. Viele der kleinen Zweige, die die Brücke an Ort und Stelle hielten, waren unter dem Gewicht des Magus zerbrochen, und sie sackte gefährlich nahe ans Wasser. Wenn sie sich noch mehr gesenkt hätte, wäre sie von der Strömung mitgeschwemmt worden, aber die Äste, die das Gewicht des Magus getragen hatten, hielten auch meinem stand. Als ich halb hinüber war, erspähte ich das Stück Seil, das um die Äste geschlungen war. Ich kroch durch das Gewirr von Zweigen auf die Felsen neben den Magus, während die Männer hinter mir mit ihren Handfeuerwaffen zu schießen begannen. Ich machte mir keine großen Sorgen. Die neuen Feuerwaffen können einen Angriff von Fußsoldaten aufhalten, aber man kann damit nicht gut genug zielen, um dem Schützen zu gestatten, sein Opfer auszuwählen. Armbrüste wären weitaus gefährlicher gewesen, aber die Königin von Attolia bevorzugte es, ihre Leibgardisten mit Gewehren auszustatten, weil sie glaubte, dass diese eindrucksvoller wären.
    Ich wies den Magus auf den Strick hin und fragte ihn, ob er ihn erreichen könnte. Ich musste über das Donnern des Flusses hinweg rufen. »Sie könnten auf ihrem Ufer noch einen Baumstamm finden. Es wäre besser, beide Brücken los zu sein!«
    Der Magus nickte und hielt sich an einem Felsen fest, während er sich über den Fluss hinauslehnte. Er löste ein Stück des zerfaserten Seils und zog daran. Es riss in seiner Hand. Die Männer auf dem anderen Ufer feuerten erneut. Der Magus bewegte sich langsamer und packte drei oder vier Seilenden, die aus dem Gewirr der Zweige hervorsahen, bevor er zog. Diesmal hielt der Strick, und die ganze Brücke erschauerte und bog sich. Die brüchigen Äste brachen ab, die Brücke wurde ein paar Zoll kürzer, und das gegenüberliegende Ende sackte ins Wasser. Die Strömung riss alles mit.
    Genau in diesem Augenblick traf eine Kugel den Felsen neben der Hand des Magus. Er rutschte ab und stürzte vornüber mit dem linken Arm und der Schulter in den Fluss. Es gelang ihm, den Kopf oben zu behalten, aber auch so zog die Seperchia ihn beinahe unter Wasser. Sophos und ich packten ihn am Hosenbund, Sophos mit beiden Händen, ich nur mit einer. Wir zogen mit aller Kraft. Der Magus strampelte mit den Beinen, um Halt zu finden, und arbeitete sich mit unserer Hilfe rückwärts aus dem Wasser hervor. Die Schützen feuerten erneut, während wir alle außerhalb ihrer Sichtweite hinter großen Felsen zusammenbrachen. Wir suchten uns einen Weg zwischen den Felsen hindurch das Flussufer hinauf. Es stieg etwa zehn Fuß weit steil an, dann senkte sich der Boden ein wenig. Wir waren vor weiteren Querschlägern sicher und machten Halt, um uns auszuruhen. Erst da bemerkte ich, dass mir Blut auf die Tunika tropfte. Ich berührte mit den Fingern sacht meine Wange.
    »Eine der Kugeln muss einen Felssplitter abgesprengt haben«, sagte der Magus. »Es hat dir leider ein kleines Stück aus dem Gesicht gerissen.«
    »All meine Schönheit ist dahin«, seufzte ich.
    »Vielleicht verheilt es, ohne eine Narbe zu hinterlassen«, tröstete mich der Magus, obwohl er sehen konnte, dass ich scherzte.
    »Ich glaube nicht«, sagte ich, nachdem ich die Form des Lochs in meiner Haut mit dem Finger ertastet hatte. Ich war ziemlich sicher, dass ich eine federförmige weiße Narbe zurückbehalten würde. Ich hatte meine Sache bei der Überquerung der behelfsmäßigen Brücke gut gemacht, das

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