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Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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damit ich etwas daraus lernen konnte, aber ich fand es frustrierend.
    Ich sagte: »Warum hat Morpos die Göttin nicht gebeten, ihn in eine Maus oder einen Zaunkönig zu verwandeln, so dass er den Banditen auf die Weise hätte entkommen können?«
    »Vielleicht hatte er Angst, dass sie ihn nicht zurückverwandeln würde.«
    Das klare Licht fiel durch die Glastüren zu meiner Rechten in die Bibliothek und schien auf den Tisch zwischen meiner Lehrerin und mir und die Staubkörner, die in der Luft tanzten. Die kleinen Pünktchen zogen meinen Blick auf sich, und ich beobachtete, wie sie in unsichtbaren Strömungen trieben und herumwirbelten.
    »Sie sehen im Licht wunderschön aus, nicht wahr?«, fragte meine Lehrerin. Das taten sie – sie fingen das Sonnenlicht auf und funkelten selbst wie kleine Sterne.
    »Weißt du, außerhalb der Sonnenstrahlen gibt es genauso viele, die unsichtbar sind«, sagte sie. Dann hob sie, wie das in Träumen so ist, die Hand in die Luft und schob ein einzelnes Staubkorn ins Licht. »Und du?«, fragte sie. Sie hob die Hand erneut, unmittelbar außerhalb des Lichtscheins, und ich wusste, dass sie ein weiteres Körnchen festhielt und genauso leicht in die Sonne schieben konnte, und ich sagte: »Nein danke. Ich bin zufrieden, wo ich bin.«
    Ein paar Tage später wurde ich verprügelt. Es war allein meine Schuld. Ich vergaß, dass meine Vorrangstellung nicht über die Baracke hinausreichte.
    Wir waren in der Baracke zweiundzwanzig Männer im Alter von vierzehn bis etwa fünfzig Jahren. Ich hatte so viele Freiheiten wie jeder andere. Mit Erlaubnis gingen wir in unserer Freizeit ans Meer, wenn der Tag sonnig war, oder lümmelten auf dem Hof herum. Zu sehr seltenen Gelegenheiten gingen die Männer aus dem Megaron zu einem Fest in die Stadt, aber das geschah nur ein oder zwei Mal im Jahr und war während meines Aufenthalts hier noch nicht vorgekommen. Die, die Freunde im Megaron selbst hatten, konnten den Hang hinaufsteigen, den Stallhof überqueren und von der Terrasse aus in die Küche gehen. Kein Feldarbeiter wagte sich weiter als bis dorthin vor.
    Ich war schon ein paar Mal mit einem Mann namens Dirnes und mit Oreus, der mir den Namen »Häschen« gegeben hatte, in der Küche gewesen. Am Ende des Tages nach meinem Traum von den Staubkörnern, als das letzte Licht gerade verschwunden war, gingen wir an den Ställen vorbei hinauf und wollten über den Hof zum Eingang ins Untergeschoss des Megarons. Dirnes war mit einem der niederrangigen Köche – einem Bäcker – befreundet und hoffte, ein oder zwei weiche Brötchen zu ergattern.
    Als wir um die Stallecke bogen, stieß Dirnes mit jemandem zusammen, der aus der anderen Richtung kam. Es war ein direkter Zusammenprall: Keiner von beiden hatte Zeit, sich abzuwenden, und der andere Mann wurde umgeworfen. Er klammerte sich an Dirnes fest, als er stürzte, riss ihn mit zu Boden und fluchte aus Leibeskräften. Dirnes richtete sich mit Entschuldigungen auf den Lippen rasch wieder auf, aber der andere Mann – ein Soldat, der noch dazu betrunken war – wollte nichts davon hören. Immer noch auf dem Boden liegend versetzte er Dirnes, der sich über ihn beugte, einen heftigen Schlag auf den Mund.
    Statt zurückzuweichen, blieb Dirnes stehen, um noch einen Schlag einzustecken, und versuchte weiter, dem Mann aufzuhelfen. Erzürnt zog ich Dirnes beiseite und packte den Soldaten bei den Schultern. Mit beiden Händen hievte ich ihn auf die Füße. Als wir aufrecht standen, sahen wir uns geradewegs in die Augen, und der Blick, den er aus nächster Nähe auf mein Gesicht werfen konnte, minderte seine Kampfeslust.
    »Besser so?«, fragte ich, und er nickte argwöhnisch.
    Ich drehte ihn zu seinem Freund um und stieß ihn nicht allzu sanft weiter. Er warf mir über die Schulter einen bösen Blick zu, kehrte aber nicht um, sondern wankte stattdessen auf den Eingang des Megarons zu. Dirnes und Oreus hatten mich, wie ich bemerkte, stehen lassen und waren wieder den Pfad zum Feldhaus hinuntergegangen.
    Als ich sie einholte, musste ich zu meiner Bestürzung erfahren, dass Dirnes wütend war, und zwar auf mich.
    »Was hast du dir dabei nur gedacht?«, knurrte er.
    »Er war betrunken. Es hätte doch keinen Zweck gehabt, zuzulassen, dass er dich verprügelt.«
    »Hoffen wir bloß, dass da nichts nachkommt«, sagte Oreus zu Dirnes und schob ihn weiter auf die Baracken zu. Unsicher, wie ich mich verhalten sollte, hielt ich den Mund.
    Am Morgen lärmte gleich nach dem Weckruf,

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