Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)
Majestät.«
»Nein, gewiss nicht«, sagte ich, dankbar für den Trost.
Als ich meine Gemächer erreichte, war dort alles sorgfältig vorbereitet: All meine prunkvollen Kleider hingen in den Schränken, meine Reisetruhen waren weggeräumt. Auf einem Tisch am Fenster stand das Kästchen aus Attolia. Ich strich über den gewölbten Deckel, klappte dann den Verschluss auf und hob den Deckel ab, um nachzusehen, ob die Pistole noch darin lag. Sie ruhte unberührt in ihrer samtbespannten, gepolsterten Halterung. Eine Pistole gegen Akretenesh und all meine aufständischen Barone. Akretenesh wusste, wie unbedeutend sie war. Wie unbedeutend ich war. Ich fragte mich, ob meine Schwestern doch in Brimedius gewesen waren und mir von einem Fenster aus nachgesehen hatten, als ich davongeritten war. Ich fragte mich, wo der Magus war. Bisher gab es keine Spur von ihm, und ich hatte auch nichts von meinem Vater gehört.
Ich dankte den drei oder vier Dienern, die sich mit mir in den Zimmern aufhielten, für ihre Arbeit. Sie lächelten, vielleicht nicht nur aus Höflichkeit, und ich entließ sie. Auch Nomenus schickte ich fort; dann setzte ich mich auf einen Schemel an den Tisch und starrte lange die Pistole an.
Am Morgen traf ich mich mit dem ersten meiner Barone. Sie hatten das Recht, vor der Abstimmung mit mir zu sprechen, und darauf wollten sie nicht verzichten. Es gab ein Protokoll – Xorcheus war der erste, weil seine Baronie als erste geschaffen worden war, und nach ihm würden alle anderen Barone in der Reihenfolge der Verleihung ihrer Titel kommen. Es stand jedem Baron frei, einen mit jüngerem Titel mitzubringen. Die Inhaber der ältesten Baronien verdienen sich gewöhnlich ein bisschen Geld damit, dieses Privileg zu verkaufen, aber Xorcheus erschien allein. Ich glaube, er hätte die ganze Prozedur gern übersprungen, wenn er gekonnt hätte. Er herrschte über ein kleines, fast völlig unbedeutendes Anwesen, und ich gewann den Eindruck, dass er sich wünschte, wir würden alle einfach verschwinden und ihn dort in Ruhe lassen.
Er knurrte eine Begrüßung, als er hereingeführt wurde, und wusste nicht recht, ob er sich verneigen sollte oder nicht. Ich stellte mir vor, einen vollständigen Fußfall mit dem Gesicht auf dem Boden zu verlangen, und allein schon das Bild, das ich vor meinem inneren Auge malte, half mir, mich auf meinem Sessel ein wenig zu entspannen und ihm zu bedeuten, Platz zu nehmen, bevor er eine Entscheidung fällte, mit der wir beide würden leben müssen.
Wir befanden uns in einem langen, schmalen Raum im Erdgeschoss. Ich hatte darum gebeten, die Sessel so weit wie möglich von dem mit Läden verschlossenen Fenster wegzurücken, aber ich hatte keine Möglichkeit festzustellen, ob jemand draußen auf der Terrasse war und jedes Wort belauschte, das er aufschnappen konnte. Akretenesh hatte das Zimmer ausgewählt. Es war zwischen den hölzernen Säulen, die die oberen Geschosse trugen, mit Wandgemälden verziert. Winter, Frühling, Sommer und Herbst, vier schöne Frauen, die Körbe voll Obst und Blumen oder, im Falle des Winters, ein Reisigbündel trugen. Alle hatten mir den Rücken zugewandt, was ich nicht für ein besonders ermutigendes Vorzeichen hielt.
Akretenesh war als »Vermittler« dabei. Er würde an jedem Gespräch teilnehmen, während ich meine Barone zu überzeugen versuchte, mich nicht nur zum König zu wählen, sondern zum König ohne Regenten. Er sagte nichts. Er wusste, dass die Rebellen wahrscheinlich nicht mitspielen würden. Das einzige Ziel ihres Aufstands hatte schließlich darin bestanden, die Königsmacht selbst zu übernehmen. Dass sie versehentlich einen erbitterten Bürgerkrieg ausgelöst hatten, bedeutete nicht, dass sie ihre Beute so leicht wieder aufgeben würden.
Die Loyalisten würden sich auch nicht viel einfacher überzeugen lassen. Meine Barone wussten, wo ich gewesen war, dass ich entführt worden war und mich auf Hanaktos’ Feldern versteckt hatte, dass ich nach Attolia geflohen war, um über eine Kapitulation zu verhandeln. Die Meder erschienen ihnen im Vergleich dazu als das kleinere Übel.
So redete ich mich heiser. Erst im Gespräch mit Xorcheus, dann mit meinen übrigen Baronen, einem nach dem anderen oder in kleinen Grüppchen. Ich ging wieder und wieder meine Abmachungen mit Attolia durch, die den Verlust der Inseln, aber zugleich das Ende des Krieges bedeuteten. Ich hatte meine Argumente mit dem Magus geübt, als wir aus Attolia fortgeritten waren, und sie
Weitere Kostenlose Bücher