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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Paskewitsch hatte sich Helena sicher nicht in freundlicher Absicht genähert, denn dann hätte sie mich über die Änderung ihrer Pläne informiert, wie ich ihr immer wieder geraten hatte. Die Entführung einer Abgeordneten war ein schwerwiegendes Verbrechen, von dem die Medien sofort Wind bekämen, wenn ich die Polizei einschaltete. Außerdem war Helena erst seit kurzem verschwunden, daher würde die Polizei ohnehin noch nicht nach ihr suchen. Es war besser, allein zu handeln, auch wenn ich nicht wusste, was mich in Bromarv erwartete.
    Nur eines war sicher: Wenn Paskewitsch auch Helena tötete, würde ich den Scheißkerl umbringen.

[zur Inhaltsübersicht]
    19
    Ich raste durch den Regen, als ginge es um mein Leben. Die Ortschaften flogen vorbei: Kirkkonummi, Siuntio, Inkoo, Karjaa. Helenas Ortungssender konnte nicht versehentlich in Paskewitschs Villa geraten sein, so viel stand fest. Allerdings wusste ich nicht, ob das Gerät entdeckt worden war. Falls ja, hatte man es vielleicht nur in die Villa gebracht, um mich in eine Falle zu locken. Auf der geraden Strecke hinter Karjaa hatte es einen Unfall gegeben. Ein kleiner roter Audi, unterwegs in Richtung Hanko, war links in den Straßengraben geschleudert worden. Sowohl die Polizei als auch ein Notarztwagen waren zur Stelle. Auf der Gegenspur stand der Verkehr. Das Unfallopfer war offenbar gerade aus dem Autowrack herausgeschnitten worden und wurde nun auf einer Trage in den Krankenwagen geschoben. Mein Blick fiel im Vorbeifahren auf eine blutüberströmte Frau.
    Bei Tammisaari überprüfte ich die weitere Strecke auf der Karte. Einige Kilometer hinter dem Stadtzentrum bog ich nach Norden ab. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der asphaltierten Straße stieg bald von sechzig auf achtzig Kilometer. Es herrschte kein Verkehr, wahrscheinlich saßen alle vor dem Fernseher und verfolgten den letzten Stand der Hochrechnungen. Am Rand der dunklen Straße funkelte ein Augenpaar, eine weiße Katze hatte sich in den Regen gewagt. Sie sah mir nach, als wäre sie gern mitgefahren.
    Das letzte Stück der Strecke war kurvenreich und führte über immer schmalere Nebenstraßen. Der Sturzregen hatte den Sand auf den unbefestigten Straßen so stark aufgeweicht, dass ich fürchtete, mit dem Wagen in einen Erdrutsch zu geraten, und ein paarmal musste ich durch wegbreite Pfützen fahren, deren Tiefe ich nicht abschätzen konnte. In einer Kurve blieb der Wagen im Schlamm stecken und kam erst nach mehreren Versuchen wieder frei. Der Weg zu Paskewitschs Villa war so schmal, dass man nicht einmal einen Radfahrer hätte überholen können. Als ich eine als Wendeplatz vorgesehene Einbuchtung sah, beschloss ich, den Wagen dort stehen zu lassen. Meiner Berechnung nach waren es nur noch dreihundert Meter bis zu Paskewitschs Schlupfwinkel. Vorsorglich wendete ich und parkte den Wagen in die Richtung, aus der ich gekommen war. Ich ließ den Rucksack im Auto, zog die Gore-Tex-Kleidung über und nahm nur das Nötigste mit.
    Ich wusste nicht, mit welchen Alarmanlagen Paskewitschs Villa gesichert war. Sie lag am Meer und war auf dem Wasserweg viel leichter zu erreichen als über den schlechten Zufahrtsweg. Da ich keine Luftaufnahmen gesehen hatte, wusste ich nicht, ob die dreihundertfünfzig Quadratmeter große Villa samt Sauna am Ufer, Gästehaus und separater Garage ein Zaun umgab. Wenn das Grundstück eingezäunt, zum Meer hin aber offen war, würde ich irgendwo ein Boot stehlen müssen. Möglicherweise hatte Paskewitsch auch ein Durchgangskontrollsystem, das meine Ankunft verriet, womöglich wurde ich von Bluthunden und bewaffneten Wächtern empfangen. Die würde ich dann überwältigen müssen, um Helena zu finden. Ich blieb kurz stehen und überprüfte das Ortungsgerät, das zum Glück trotz der Feuchtigkeit noch funktionierte und anzeigte, dass Helena sich immer noch in der Villa befand.
    Ein Windstoß peitschte mir den Regen ins Gesicht, das Wasser schien sogar die Gore-Tex-Kleidung zu durchdringen und schwappte in meinen Schuh, als ich in eine tiefe Pfütze trat. Ich war von Kind auf daran gewöhnt, mich im Dunkeln zu bewegen, doch eine derartige Finsternis hatte ich nur einmal erlebt, bei einem Stromausfall in einem Metrotunnel in New York. Es hatte eine Weile gedauert, bis die Fahrgäste auf die Idee gekommen waren, ihre Feuerzeuge und Handys hervorzuholen. Die kleinen Flammen hatten damals einige Leute in Panik versetzt, denn ein Feuer im Waggon wäre eine Katastrophe gewesen. Diesmal

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