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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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legte so reichlich dunkelgrauen, glitzernden Lidschatten auf, dass selbst eine Drag Queen vor Entsetzen in Ohnmacht gefallen wäre. Ich spielte Reiska, der sich als Frau verkleidete, sich als Sexpuppe zurechtmachte. Außer den Lippen färbte ich auch die Brustwarzen rot, um möglichst frivol auszusehen. Das Make-up war zugleich eine Art Schutz, es sollte dafür sorgen, dass Paskewitsch mich nicht sofort erkannte. Letzten Endes war es nicht wesentlich anders, als mich in Reiska zu verwandeln.
    «Hier, was Besseres habe ich nicht gefunden. Hoffentlich ist Walentin damit zufrieden!» Der Tätowierte schmiss mir hochhackige schwarze Stiefel hin, die schätzungsweise eine Nummer zu groß waren. Umso besser.
    «Wie heißt du noch gleich? Ich hab’s vergessen», fragte ich den Mann, der offenbar das Rendezvous zwischen Sarita und Paskewitsch vereinbart hatte. «Und wann krieg ich mein Geld?»
    «Ich bin Sami. Der Vorname reicht, du heißt ja auch nur Sarita. Und das Geld kriegst du morgen früh. Du hast doch versprochen, die ganze Nacht bei Walentin zu bleiben. Ich weiß nicht, was der verdammte Trankow plant, der hat nämlich auch ein Weib angeschleppt, aber so wie die Alte aussieht, wird sie Valentin bestimmt nicht gefallen. Um die fünfzig und total verrunzelt. Ich fürchte, du bist ein bisschen zu groß für seinen Geschmack. Aber er wollte unbedingt eine finnische Frau. Was hat er damit wohl gemeint? Eine, der die Füße aus dem Arsch wachsen?»
    «Halt deine beschissene Fresse, Sami», sagte ich in einem Ton, der an sich nicht beleidigend gemeint war, sondern eher klarstellen sollte, dass auch ich fähig war, derbe Sprüche zu klopfen. «Wiederhol nochmal die Anweisungen. Was erwartest du von mir?»
    «Nicht ich, sondern Walentin! Der leistet sich jedes Jahr zum Geburtstag ein neues Mädchen. Heute wird er fünfundfünfzig. Er schluckt seit Tagen Viagra. Mach dich also auf einen scharfen Ritt gefasst. Ach ja, die Seile! Walentin mag es, wenn die Cowgirls ihn mit dem Lasso einfangen – du darfst ihn aber nicht zu stramm fesseln. Warte, ich hol sie.»
    Damit verschwand er. Am liebsten hätte ich die Stiefel geküsst, sie waren ein Geschenk des Himmels. Schnell band ich meine eigene Waffe mit zwei Lederbändern am rechten Knöchel fest. Natürlich war auch das riskant. Auch wenn der Lauf nach unten zeigte, konnte bei dem von Sami angekündigten scharfen Ritt alles Mögliche passieren. Für ein Reservemagazin bot meine Kleidung kein ausreichendes Versteck.
    Sami kehrte mit den Seilen zurück und sah mich abschätzend an.
    «Eigentlich siehst du gar nicht schlecht aus. Ich würde dich selbst rannehmen, aber ich bin meiner Frau treu. Weißt du, wie man ein Lasso bindet?»
    Charlie Davis aus unserem Kurs stammte aus Nebraska und war als Teenager eine Art Rodeomeister gewesen. Er hatte uns die edle Kunst des Lassobindens und -werfens beigebracht, und einmal hatte ich es dank dieser Fähigkeit sogar geschafft, eine von Hakkarainens Kühen aus dem Sumpf zu ziehen. Das war im Sommer nach Onkel Jaris Tod gewesen, als ich die Hütte in Hevonpersii leer geräumt hatte. Hakkarainen und ein paar andere Nachbarn hatten mir geholfen, die Kuh aus dem Morastloch zu ziehen, aber keiner von ihnen hatte es fertiggebracht, das Seil um das arme Tier zu werfen. Mir war nicht klar, wieso ein Cowgirl eine lederne Uniformmütze tragen sollte, aber jeder hat seine eigenen Phantasien. Bevor ich hinunterging, wandte ich mich noch einmal an Sami.
    «Du hast von einer zweiten Frau gesprochen. Die kommt mir doch nicht etwa ins Gehege? Wo ist sie? Schick sie weg!»
    «Nee, das ist was Geschäfliches. Trankow hat schon lange versucht, sie zu erreichen, und heute hat’s endlich geklappt. Er hat sie in die Sauna gebracht, die kommt dir nicht in die Quere. Mehr weiß ich auch nicht. Ich bin hier bloß der Hauswart und Walentins Zeremonienmeister. Geh jetzt! Ach nein, ich bring dich hin.»
    «Kann ich die Zimmertür abschließen?», fragte ich. Es war mir gar nicht recht, meine Sachen unbeaufsichtigt zurückzulassen.
    Sami lachte. «Abschließen? Nur, wenn Walentin es will. Gäste werden bei uns gut behandelt, kein Grund zur Sorge. Wenn du Walentin gefällst, zahlt er dir vielleicht sogar einen Bonus.»
    Ich folgte Sami ins Erdgeschoss. Die Beleuchtung im Flur war abgedimmt, im Kronleuchter brannten echte Kerzen. Es war schwierig, das Alter der Villa zu schätzen, sie wirkte auf alt getrimmt, war aber in Wirklichkeit wahrscheinlich erst vor einigen

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