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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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keine Beweise, aber von dem Schwimmer mit der Kugelweste hatte ich in Long Island und Brighton Beach Fotos gemacht.
    Einen Schutzhelm hatte ich seit den Schießübungen in Queens nicht mehr aufgesetzt. Bei diesen Übungen hatten wir gegen fiktive Feinde gekämpft, Häuser erobert oder gegen Angreifer verteidigt. Die Schutzweste hatte ich allerdings in Russland einige Male getragen. Anita hatte sich geweigert, eine Weste anzulegen, da sie ihrer Meinung nach unbequem war und dick machte.
    Wieder kam eine neue Hochrechnung, die mit den Worten kommentiert wurde, das Resultat der Grünen werde sich noch verbessern, wenn erst einmal die Helsinkier Stimmen ausgezählt waren. Ich bat die junge Frau im Pullover, die neben mir saß, auf mein halbvolles Glas aufzupassen, und ging zur Toilette. Unterwegs rief ich Helena an, bekam aber keine Verbindung. Wahrscheinlich saß sie gerade im Zug, wo der Empfang streckenweise schlecht war. Wenn ich gewusst hätte, mit welchem Zug sie kam, hätte ich sie abholen können, auch wenn der Regen wegen des Sturms mittlerweile fast waagerecht fiel. Auf der Wahlparty herrschte fröhliche Stimmung, obwohl das Ergebnis der Grünen immer noch im Keller lag. Aber wahrscheinlich wussten Politiker am besten, wie sie die Zahlen einzuschätzen hatten.
    Als Helena um neun Uhr immer noch nicht aufgetaucht war und sich auch nicht am Handy meldete, begann ich, mir Sorgen zu machen. Ich ging erneut zur Toilette, schloss mich ein und holte das Ortungsgerät aus der Handtasche. Es lokalisierte Helena sofort. Sie befand sich an der Grenze zwischen den Gemeinden Karjaa und Tammisaari, der grüne Punkt auf der Karte bewegte sich auf der Hangontie langsam nach Westen, also weg von Helsinki, in die entgegengesetzte Richtung. Erneut rief ich Helena an, doch diesmal hörte ich die Ansage, der Anschluss sei momentan nicht zu erreichen.
    Ich suchte Tiku Aaltonens Nummer heraus und rief ihn an.
    «Hallo? Ich kaufe nichts!» Seine Stimme klang belegt, als wäre er erkältet. Motorengeräusche waren nicht zu hören.
    «Reiska Räsänen hier, hallo. Hast du mir doch nicht zugehört?» Ich sprach mit Reiskas Tenorstimme.
    «Wer?»
    «Wir sind uns neulich in Kirkkonummi vor Helenas Haus begegnet. Hast du dir nicht zu Herzen genommen, was ich dir gesagt habe?»
    «Was soll das heißen?»
    «Wo bist du, Tiku? Wo kann ich dich besuchen?» Ich hörte, dass jemand hereinkam. Verdammt, nun konnte ich auf der Frauentoilette nicht mehr mit der Männerstimme sprechen.
    «Zu Hause in Matinkylä. Ich guck mir Superstar an. Ist Helena was passiert? Hast du ihr was angetan? Oder suchst du bloß Streit? Heute war doch die Wahl, da ist Helena sicher auf der Wahlparty. Durftest du nicht mit?»
    Ich legte auf. Natürlich hätte ich überprüfen können, ob Tiku wirklich zu Hause war oder mich belogen hatte, aber Helenas Ortungssender war jedenfalls weit weg von Matinkylä, er hatte bereits Tammisaari erreicht. Auch wenn nicht hundertprozentig feststand, dass sich Helena und der Sender an derselben Stelle befanden, musste ich momentan von dieser Hypothese ausgehen. Ich hatte einen fürchterlichen Fehler gemacht, als ich sie allein nach Kirkkonummi hatte fahren lassen. Mit wem konnte sie unterwegs sein? Wollte sie irgendwo in Tammisaari an einer Wahlparty teilnehmen?
    «Ist hier irgendwer aus Tammisaari?», fragte ich eine Assistentin, die ich vom Sehen kannte.
    «Ich glaube, die haben dort ihre eigene Party. Wieso? Guck, jetzt geht’s aufwärts! Ich hab’s ja gesagt!»
    Das Wahlergebnis interessierte mich nicht, aber ich wollte kein Theater um Helenas Verschwinden machen, denn an der Party nahmen Kameraleute und Scharen von Reportern teil, die die Reaktionen der Parteivorsitzenden und der Abgeordneten belauerten. Als die Vorsitzende eine kleine Atempause einlegte, kämpfte ich mich durch die Menschenmenge zu ihr und sagte, Helena habe Magenkrämpfe und sitze zu Hause fest.
    «Dabei habe ich ihr gesagt, sie soll den Räucherfisch von vorgestern nicht essen, aber sie will ja nichts wegschmeißen. Erzähl es nicht weiter, es ist so peinlich», tuschelte ich. «Ich fahre jetzt zu ihr und sorge dafür, dass sie nicht völlig austrocknet.»
    Doch die Vorsitzende interessierte sich nur für die nächste Hochrechnung. Ich stahl mich unbemerkt aus dem Tavastia. Helena hatte inzwischen die Hangontie in Richtung Norden verlassen. Vor dem nächsten Hotel stieg ich in ein Taxi und ließ mich zur Untamontie bringen. Ich brauchte meine Waffe, meine

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