Die Leibwächterin (German Edition)
zwielichtigen Geschäften beide Augen zudrückt, wie?» Es war fast zum Lachen: Offenbar hatte auch die russische Miliz geglaubt, Paskewitsch stecke hinter dem Mord an Anita Nuutinen, und nichts gegen ihn unternehmen wollen, weil er höheren Ortes Freunde hatte. Das System hatte sich in den Schwanz gebissen.
«Ich liebe mein Vaterland. Wir haben endlich Anführer, die Russland zur Demokratie machen können. Die Zaren und die Kommunisten sind wir losgeworden, da brauchen wir keine Oligarchen, die das Land lenken, wie sie wollen.»
«Zählst du dich nicht zu den Oligarchen, Walentin? Na ja, neben Wasiljew und seinesgleichen bist du tatsächlich nur ein Chorknabe. Wenn ich dir diesmal das Leben schenke, hast du allen Grund zur Vorsicht. Ich würde dir nicht raten, gegen mich vorzugehen, denn selbst wenn es dir gelingen würde, mich umzubringen, wird dich einer von uns erwischen. Du bist ein Sklave deines Schwanzes, Walentin, lässt jede Frau ins Haus, die dir Sexspiele verspricht, und hast nicht mal Überwachungskameras. Deine Bewegungsmelder sind total primitiv. Hoffentlich hast du wenigstens eine Alarmanlage, verdammt nochmal!» Ich trat gegen das Whiskyglas, das auf den Boden gefallen war, und fühlte mich beinahe heimisch in meiner Rolle als psychopathische Furie, die jederzeit auf die Idee kommen konnte, Paskewitsch den Schwanz abzuschießen.
«Wenn du mit mir zusammenarbeitest, lege ich bei Boris Wasiljew ein gutes Wort für dich ein. Ruf Trankow an und sag ihm, er soll die Lehmusvuo herbringen. Oder … Moment mal.»
Ich trat an Paskewitsch heran. Die Urinpfütze sah grotesk aus; er hatte die Beine weit gespreizt, um seine spiegelblank polierten Schuhe nicht zu beschmutzen. Ich hob das Tablett mit den Getränken an, sodass ich die Tischdecke darunter hervorziehen konnte, wischte die Pfütze auf und warf das nasse Tuch in die dunkelste Ecke. Dann zog ich Paskewitsch die Hose aus und trocknete ihn mit dem zweiten Tischtuch ab. Ich empfand nicht einmal mehr Abscheu, als ich seinen Penis und seine Hoden berührte. Sie waren nichts weiter als Fleisch.
«Wir hatten viel Spaß miteinander, stimmt’s, Walentin? Jetzt möchte ich das Geburtstagsgeschenk sehen, das Trankow dir gebracht hat. Auch wir wollen die Lehmusvuo. Ihretwegen bin ich ja überhaupt hier. Wir haben ihr einen Sender implantiert, der mich hergeführt hat. Du trägst übrigens auch einen an dir. Spar dir die Mühe, danach zu suchen, du wirst ihn sowieso nicht finden. Wir spielen in einer ganz anderen Liga als du. Vielleicht solltest du beim nächsten Mal genauer hinsehen, von wem du dir die Haare färben lässt. Jetzt rufst du Trankow an!»
Paskewitsch gehorchte. Natürlich ging ich ein irrsinniges Risiko ein, denn ich hatte keine Ahnung, wie Helena reagieren würde, wenn sie mich in den Klamotten eines Sexkätzchens sah. Konnte man die Türen auch von außen abschließen? Wo waren Sami und die Stubenmädchen? Ich fragte danach, als Paskewitsch sein kurzes englischsprachiges Telefonat beendet hatte.
«Lena und Ljuba schlafen. Ihr Zimmer liegt hinter der Küche.»
«Du wetterst gegen die Oligarchen, aber dein Küchenpersonal behandelst du wie Sexsklavinnen!»
«Ich bezahle die beiden gut. Niemand zwingt sie, für mich zu arbeiten. Sami wohnt mit seiner Frau im Obergeschoss, am anderen Ende des Flurs, an dem auch die Gästezimmer liegen. Er hat das Handy immer eingeschaltet, weil er weiß, dass ich ihn eventuell brauche.»
Das war wie ein Signal. Ich warf Paskewitschs Handy in den Kamin. Obwohl das Feuer nur noch glimmte, war es heiß genug, das Gerät sofort zu zerstören. Wenn ich Trankow und Paskewitsch für eine Weile ausschalten konnte, würde ich es schaffen, mit Helena das Haus zu verlassen. Trankow durfte mich nicht zu deutlich sehen. Falls Helena bewusstlos war, würde ich sie zum Auto tragen. Aber ich wollte mich ordentlich anziehen und meinen Rucksack mitnehmen, in dem auch die Autoschlüssel lagen.
«Wiederholung macht klug, mein lieber Walentin. Also pass auf: Wir sind beide nie hier gewesen, weder ich noch Helena Lehmusvuo. Du weißt nichts von ihr. Im Grunde hast du uns einen Dienst erwiesen. Wir haben schon lange versucht, die Lehmusvuo zu erwischen, aber sie ist so gut wie nie allein, und wir wollen kein Aufsehen erregen. Jetzt kann ich sie gefahrlos zu Boris Wasiljew bringen. Vielleicht stimmt ihn diese kleine Gefälligkeit gnädiger.»
Es klopfte. Ich ging rückwärts zur Tür, wobei ich die Waffe weiterhin auf Paskewitsch
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