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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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dagegen?»
    «Natürlich nicht. Kümmert sie sich um die Beerdigung?»
    «Wahrscheinlich.» Seit Onkel Jaris Tod war ich auf keiner Beerdigung mehr gewesen. Er war in der Kirche von Kaavi ausgesegnet worden, der Leichenschmaus hatte im Gemeindesaal stattgefunden. Es waren mehr Trauergäste gekommen, als ich erwartet hatte, das Kaffeegebäck hatte nicht gereicht, und Maija Hakkarainen war in den Laden geeilt, um Nachschub zu holen. Mir graute vor Anitas Beerdigung, aber ich konnte ihr wohl nicht fernbleiben.
    Ich sortierte Helenas CDs ein und aß noch ein Stück Apfelkuchen. Als ich später zum Bahnhof von Kirkkonummi ging, fühlte ich mich seltsam leicht, fast fröhlich. Mein Einkommen war wieder für eine Weile gesichert, es war mir gelungen, David Stahl abzuschütteln, außerdem konnte ich mich als Reiska in Helenas Haus verstecken und neben der Sicherheitsanalyse und der Renovierung meine eigenen Ermittlungen führen. Ich war nämlich davon überzeugt, dass Helena Lehmusvuo mir nur die halbe Wahrheit gesagt hatte. Aber bald würde ich sie zwingen, mir alles zu erzählen.

[zur Inhaltsübersicht]
    12
    Als ich am Freitagabend die Wohnung in Helsinki betrat, war sie leer, und dabei blieb es das ganze Wochenende. Am Samstagmorgen besorgte ich das Werkzeug, das Reiska für die Renovierung brauchte, und am Abend klingelte ich bei der Nachbarin, weil ich meinte, den Geruch von frischgebackenem Tosca-Kuchen wahrzunehmen. Meine Nase hatte mich nicht getäuscht. Frau Voutilainen, die das Prachtstück gerade aus dem Ofen geholt hatte, setzte eifrig Kaffee auf. Ich fragte, ob in letzter Zeit Bilderverkäufer oder sonstige Hausierer aufgetaucht seien. Die rüstige alte Dame zeigte mir die neueste Ausgabe des Wachtturms und sagte, außer den Zeugen Jehovas habe niemand bei ihr geklingelt.
    «Von deren Gerede über die Hölle lasse ich mich nicht beeindrucken, von mir aus soll jeder glauben, was er will. Aber diese armen Menschen nehmen ihre Mission ernst. Ich habe ihnen die Zeitung abgekauft und ein bisschen Blaubeerkuchen mitgegeben, damit sie sich stärken können.»
    «Juri Trankow, der Künstler, hat sich also nicht blicken lassen?»
    «Nein. Ist dir das Bild so wichtig? Du kannst meins haben.»
    «Nein danke, ich bin in den nächsten Wochen kaum zu Hause, hätte also nicht viel davon. Aber falls Trankow vorbeikommt und dir weitere Gemälde anbietet, sag ihm, dass ich auch eines mit Luchs möchte.»
    «Hast du einen neuen Auftrag? Musst du verreisen?»
    «Nach Ostbottnien, dort hat es Drohungen gegen eine Pelztierfarm gegeben, und ich soll nachts Wache halten, weil der Besitzer es nicht alleine schafft.» Die Notlüge ging mir glatt über die Lippen, und meine Nachbarin glaubte mir jedes Wort.
    «Nicht zu fassen, dass Menschen bedroht werden, die ein legales Gewerbe ausüben. Wenn diese jungen Tierrechtler erst einmal alt sind, werden sie schon merken, dass man im Winter nicht ohne Krimpelz auskommt. Iss doch noch ein Stück von dem Kuchen. Ich nehme die doppelte Menge Füllung, weil mein Jaakko, Gott hab ihn selig, sich immer beschwert hat, nach dem normalen Rezept wäre der Kuchen zu trocken.»
    Die Mandel-Butter-Schicht auf dem Kuchen lag mir so schwer im Magen, dass ich anschließend ins Fitnesscenter ging, um sie abzuarbeiten. Da meine Mitbewohnerinnen am Sonntagabend immer noch nicht zurückgekehrt waren, wagte ich es, mich in meinem Zimmer in Reiska zu verwandeln. Es wunderte mich, dass Jenni und Riikka mir keine Nachricht hinterlassen hatten, andererseits legte ich ihnen ja auch keine Rechenschaft über mein Kommen und Gehen ab. Ich gab mir alle Mühe, die aufkommende Unruhe zu ersticken. Frau Voutilainen hatte keine verdächtigen Gestalten im Haus bemerkt, dennoch plagte mich die Vorstellung, Paskewitschs Gangster könnten Riikka und Jenni entführt haben, um sie über meine Aktivitäten auszufragen. Womöglich war David Stahl nicht in Tammisaari, um Kindheitserinnerungen aufzufrischen, sondern folterte die beiden Mädchen an irgendeinem abgelegenen Ort, wo niemand ihre Schreie hörte. Ich konnte nicht anders, ich musste Jenni anrufen, wurde aber direkt mit ihrer Mailbox verbunden und hinterließ ihr eine Nachricht. Gleich darauf versuchte ich es bei Riikka. Was ich an ihrem Anschluss hörte, klang noch unheilverkündender: «Der Teilnehmer ist zurzeit nicht zu erreichen.» Durchaus möglich, dass Riikkas Handy auf dem Meeresgrund lag.
    Ich teilte Jenni und Riikka auf einem Zettel mit, ich sei mindestens eine Woche

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