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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Bob Dylan, Leonard Cohen und viel klassischer Jazz. Reiska, der die Bands Eläkeläiset und Popeda mochte, würde an dieser Musik keinen Gefallen finden. Die Foto-CDs lagen zuunterst.
    «Schließlich habe ich mich regelrecht von Tiku freigekauft. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn verlasse und dass er in der Wohnung bleiben kann, wenn er mich auszahlt. Wenn nicht, würden wir sie verkaufen, und er bekäme die Hälfte des Verkaufspreises. Tiku hat mir eine fürchterliche Szene gemacht – er habe doch nicht das Geld, mir meine Hälfte der Wohnung abzukaufen, und ich sei im Begriff, ihn aus dem besten und inspirierendsten Zuhause zu vertreiben, das er je gehabt habe.»
    Ich entdeckte eine CD mit der Aufschrift «Ösel», datiert vom Mai des Vorjahres. An der Wand lagen auch die Einzelteile des Plattenregals. Man brauchte kaum eine halbe Stunde, um es zusammenzubauen – warum hatte sich Helena diese Zeit nicht genommen? Reden konnte sie jedenfalls, wie es sich für eine Politikerin gehört:
    «Dann beging ich die schändlichste Tat meines Lebens. Ich überredete den Bankier, der mir das Darlehen für die Wohnung bewilligt hatte, Tiku einen Kredit zu gewähren, mit dem er mir meinen Anteil an der Wohnung abkaufen konnte. Der Rest des alten Kredits wurde ebenfalls auf Tiku überschrieben. Und dabei hat er keine Einkünfte, nicht einen Cent! Gerade solche Kredite haben vor zwanzig Jahren die Banken zu Fall gebracht, und statt über die Interessen der Gesellschaft zu wachen, wie es mein Beruf vorschreibt, habe ich selbst so einen windigen Kredit vermittelt! Der Bankdirektor meinte, die Wohnung genüge als Sicherheit. Ihr Geld wird die Bank jedenfalls nie zurückbekommen.» Helena war glühend rot und wich meinem Blick aus. Ich baute das Plattenregal zusammen, während ich mir ihren Erguss anhörte.
    «So bin ich Tiku also losgeworden. Es ist mir nichts von ihm geblieben als ein paar Fotos und die Erinnerung an vier Jahre Hölle. Aapo wollte wissen, warum ich den Kerl nicht vor Gericht zitiert habe, bei der Vermögensteilung müsse es doch irgendeinen Billigkeitsparagraphen geben. Aber ich war ja so dämlich und vertrauensselig gewesen, ich wollte nicht, dass meine Dummheit publik wurde. Zum Glück ist Timo nicht besonders helle. Er bildet sich ein, die Presse würde sich für seine Behauptung interessieren, ich hätte ein Verhältnis mit einer Frau. Das glaubt nicht einmal der sensationslüsternste Klatschreporter. Wenn Tiku aber kapieren würde, wie fahrlässig ich in finanzieller Hinsicht gehandelt habe, und irgendeinem Journalisten oder Kolumnisten, der mir ohnehin feindlich gesinnt ist, einen entsprechenden Tipp gäbe, wäre ich verloren.»
    Der Bildschirmschoner auf Helenas Laptop zeigte eine zerklüftete Klippe im Meer mit einer Krüppelkiefer, auf der ein Seeadler saß. Ich legte die CD ein. Sie enthielt über hundert Fotos, die ich rasch durchklickte. Die Orchideen interessierten mich nicht. Auf einem Bild posierte Helena auf dem Fahrrad, sie hatte überraschend durchtrainierte Wadenmuskeln. Das nächste Foto zeigte sie auf einem Fels in der Brandung Arm in Arm mit einem dunkelhaarigen schlanken Mann. Tiku Aaltonens fast schwarze Locken waren beinahe schulterlang. Mit dem roten Stirnband, dem blau-weiß gestreiften Pullover und der blauen Bundhose sah er aus wie ein billiger Abklatsch von Johnny Depp in der Rolle des Captain Jack Sparrow, nur fehlte ihm Depps diabolisches Charisma. Aaltonen war nicht viel größer als Helena, maß also höchstens eins siebzig und war noch magerer als seine ehemalige Lebensgefährtin. Sofern er keine fernöstlichen Kampfsportarten beherrschte, würde ich im Nahkampf leicht mit ihm fertigwerden.
    Ich sah mir noch einige andere Fotos an, auf denen allerdings keine Ähnlichkeit mit Johnny Depp zu erkennen war. An Tiku Aaltonens Stelle hätte ich das Seeräuberfoto für Kontaktanzeigen verwendet. Es gab genug Frauen, die es einem Mann als Vorzug anrechneten, dass er irgendwann einmal mit einer Prominenten liiert gewesen war.
    «Tust du mir einen Gefallen?», rief Helena aus der Küche, wo sie das Teegeschirr in die Spülmaschine räumte. «Lösch alle Fotos, auf denen Tiku zu sehen ist, egal, wie gut sie sind. An diese Episode in meinem Leben will ich nicht mehr erinnert werden.»
    Offenbar betrachtete Helena Lehmusvuo mich bereits als ihr Mädchen für alles, doch ich protestierte nicht. Zum Glück zeigten die meisten Fotos Blumen und Landschaften. Beim vorletzten Bild wurde ich

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