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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Schule in Kauhajoki ganz Finnland. Helena nahm an Krisensitzungen teil, und ich hockte untätig in ihrem Arbeitszimmer im Erweiterungsflügel des Parlaments, für den sie mir einen befristeten Passierschein besorgt hatte. Onkel Jari war dagegen gewesen, dass öffentliche Gelder für den Anbau verprasst wurden, doch als ich die Papierstapel sah, die sich in Helenas Büro häuften, sah ich ein, dass ihr früheres, nur einige Quadratmeter großes Zimmer nicht mehr ausgereicht hatte.
    «Hast du übrigens eine Waffe?», fragte Helena mich am Donnerstagabend, als wir im Wagen eines Abgeordneten der Schwedischen Volkspartei, der in Tammisaari wohnte, nach Hause fuhren. «Wir haben den ganzen Tag darüber diskutiert, was nach diesem Amoklauf mit dem Waffengesetz geschehen soll.» Helena saß vorn und musste den Kopf drehen, um mich ansehen zu können. Ihr Kollege fuhr viel zu schnell; vielleicht meinte er, für Abgeordnete gäbe es kein Tempolimit.
    «Ja, ich habe eine. Natürlich vollkommen legal.»
    «Wo bewahrst du sie auf?»
    «Hinter Schloss und Riegel und ungeladen, so wie es vorgeschrieben ist.»
    Das war nur teilweise gelogen. Ich hatte die Waffe in Helenas Haus gelassen, da ich den Tag im Parlament verbracht hatte. Sie lag in einer verschlossenen Kassette in der Schublade. Die Patronen befanden sich in einem zweiten, ebenfalls verschlossenen Kasten. Sowohl in meinem Ferienhaus als auch im Wandschrank in der Untamontie hatte ich einen Waffenschrank, ein praktisches, an die Wand geschraubtes safeartiges Modell, das für einen professionellen Einbrecher allerdings kein Hindernis dargestellt hätte. Allzu oft trug ich meine Pistole im Rucksack oder im Schulterhalfter mit mir herum, hütete sie dann allerdings besonders sorgfältig. Der Abgeordnete aus Tammisaari erkundigte sich nach meiner Meinung zum Waffengesetz, doch ich wusste nichts dazu zu sagen. Manche brauchten beruflich eine Waffe, das war nicht zu ändern. Eine Schusswaffe war eine zusätzliche Sicherheitsvorkehrung; natürlich wollte ich sie nicht benutzen, aber wenn nötig, würde ich es tun.
    Ich schnallte das Halfter um und verstaute zwei volle Magazine in der Handtasche, als ich am Freitagmorgen zu Anitas Beerdigung aufbrach. Es war ein klarer Herbsttag, die gelben Laubbäume stachen vom strahlend blauen Himmel ab, und auch das Meer leuchtete blau, fast reglos. Ich begleitete Helena bis an die Treppe zum Parlament und ging zu Fuß den kurzen Weg zur Kirche. Am Eingang kamen mir Zweifel: Was hatte ich bei Anitas Beisetzung verloren? Trieb mich ein seltsames Bedürfnis, mich zu kasteien?
    «Jeder von euch wird in seiner Laufbahn Fehler machen, womöglich einen schlimmen Misserfolg erleben. Viele werden gezwungenermaßen gegen den Geist oder den Buchstaben des Gesetzes verstoßen, aber bemüht euch zumindest, die Gesetze des Landes, in dem ihr tätig seid, zu befolgen. Wenn ein Fehler passiert ist, dann ist er passiert. Man kann ihn bereuen, man kann ihn rekapitulieren, aber mit Wenn und Aber darf man sich nicht aufhalten. Man muss bereit sein, die Gründe für den Fehler zu analysieren, und sich bemühen, weitere Fehler zu vermeiden. Nur eins darf man nicht: sich vor Fehlern fürchten, denn Furcht lähmt.» Mike Virtue dozierte in meinem Kopf, und es gelang mir nicht, seine Stimme abzuschalten.
    Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Kirche zu betreten und mich dem gnadenlosen Dröhnen der Orgel auszusetzen. Ich hatte Orgelmusik immer gehasst, ich empfand sie als verworrenen Tonbrei, der keinen Anfang und kein Ende hatte. Wenn man darin doch einmal eine Melodie entdeckte, stammte sie aus einem bösartigen Kirchenlied, in dem der Mensch ein elender Sünder, ein erbärmlicher, vergänglicher Wurm war. Nach Onkel Jaris Tod hatte mich der Pfarrer von Kaavi in New York angerufen und gefragt, welche Lieder bei der Beerdigung gesungen werden sollten, doch außer dem Choral, der jeden Sommer zum Ende des Schuljahrs gesungen wurde, waren mir nur ein paar Weihnachtslieder eingefallen. Wahrscheinlich hätte sich in New York ein finnisches Gesangbuch auftreiben lassen, doch ich hatte nicht die Kraft gehabt, mich darum zu kümmern. Ich hatte den Pfarrer gebeten, die Lieder nach seinem Gutdünken auszusuchen. Ich erinnerte mich nicht daran, was in der Kirche gesungen worden war und was der Pfarrer gesagt hatte. Onkel Jari war kein gläubiger Mensch gewesen, er hatte der Kirche nur angehört, weil das eben üblich war. Nach der Beerdigung und dem Leichenschmaus hatte

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