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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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ich allein in Hevonpersii gesessen, die Flasche Bourbon, die ich im Flugzeug gekauft hatte, fast leer getrunken und Abba gehört. «I can still recall our last summer» war für mich das einzig richtige Lied zu Onkel Jaris Beerdigung.
    Ich hatte keine Blumen für Anita gekauft, das wäre mir scheinheilig vorgekommen. Die Kirche war halb voll, ich setzte mich in die letzte Bank. Cecilia Nuutinen-Kekki saß mit ihrem Mann in der ersten Reihe. Mit ihrem breitkrempigen Hut sah sie aus wie ein Schirmpilz, kurz bevor er ungenießbar wird. Auf die Orgelklänge folgte Geigenspiel, das mir in den Ohren wehtat. Ich suchte vertraute Gestalten in den Bankreihen und ärgerte mich, weil ich nicht auf die Empore gegangen war. Von dort hätte ich die Trauergäste besser beobachten können. Anita brauchte meinen Schutz allerdings nicht mehr, sie lag im Sarg und würde nach dem Gottesdienst zum Krematorium gebracht werden.
    Der Pfarrer sprach, unergründlich sind die Wege des Herrn, wir Menschen wissen nicht, wann unser irdisches Leben endet. Als Cecilia aufstand, um ihre Blumen auf Anitas Sarg zu legen, wirkte sie noch pilzartiger als zuvor. Auf den Stufen schwankte sie unter dem Gewicht des Gebindes, ihr Mann Joel Kekki musste sie stützen. Anitas Exmann, Cecilias Vater, legte seine Blumen als einer der Ersten nieder. Es war eine zivilisierte Scheidung gewesen, hatte Anita behauptet. Monika hatte mir dagegen erzählt, dass Paavo Nuutinen eine jüngere und knackigere Frau gefunden, Anita dafür aber den größten Teil des Vermögens übernommen hatte.
    An den Sarg traten Geschäftspartner, Freunde, sogar ein ehemaliger Minister, von dessen Bekanntschaft mit Anita ich nichts gewusst hatte. Er war auf dem Höhepunkt seiner Karriere gewesen, als ich in den USA meine Ausbildung machte, und er gehörte zu denjenigen, die Onkel Jari von ganzem Herzen verabscheut hatte. Seinen Namen hatte ich vergessen, aber ich erinnerte mich an sein Gesicht, denn Onkel Jari hatte im Sommer ein Foto des Mannes an seiner Zielscheibe befestigt und Pfeile darauf geworfen. Es ging damals um einen Beschluss über die Agrarsubventionen der EU, den der Minister im Parlament durchgeboxt hatte. Unter den weiteren Trauergästen erkannte ich den häufig in der Zeitung abgebildeten, superreichen Geschäftsmann Usko Syrjänen, dem Anita ein zehn Hektar großes Waldgrundstück bei Imatra zu einem Spottpreis verschafft hatte. Der Bebauungsplan für das Grundstück hatte Aufsehen erregt, denn weit außerhalb der Stadt, an der Straße nach Russland, sollte dort ein riesiges Einkaufszentrum entstehen. Soweit ich mich erinnerte, hatte der ehemalige Minister sich sehr für das Projekt eingesetzt, weil es im darbenden Ostfinnland Arbeitsplätze schaffen würde. Viele legten am Sarg Blumen nieder und sprachen ein paar Worte, einige auf Russisch, doch ich erkannte niemanden, der eine Verbindung zu Paskewitsch hatte. Am gerührtesten von allen war Felicia, die laut schluchzte. Das war umso bemerkenswerter, als Anita sie eigentlich nur als Verlängerung des Staubsaugers betrachtet hatte.
    Wieder rauschte die Orgel, das Lied kam mir bekannt vor. Diidiididii didiididididii … Bleib bei mir, Herr! Der Abend bricht herein. Es war auf der ersten Beerdigung meines Lebens gesungen worden, die ich verzweifelt zu vergessen versucht hatte. Ich hatte eine dicke weiße Strumpfhose angehabt und feine schwarze Lackschuhe mit goldenen Schnallen, aber meine Oma hatte gesagt, mit diesen Schuhen dürfe ich nicht prahlen, denn es seien Trauerschuhe. Mein schwarzer Rock war aus weichem Stoff, Mutters Kleid hatte sich ähnlich angefühlt, beim letzten Mal, ein weißes Kleid mit roten Blumen, das heißt, die Blumen waren erst auf dem Kleid erschienen, als Vater meine Mutter auf dem Boden hatte liegen lassen. Auch in der Kirche gab es viele Blumen, ihr Geruch stieg mir unangenehm in die Nase, und Oma hatte einen schwarzen Schleier vor dem Gesicht, ich fand ihn spannend und hätte auch gern einen gehabt, aber Kinder trugen keinen Schleier. Oma hatte mir die Haare zu festen Rattenschwänzchen geflochten, es war das erste Mal, dass ich so eine Frisur trug, nur hätte ich anstelle der schwarzen gern schöne bunte Bänder gehabt. Onkel Jari hatte gesagt, Kinder bräuchten keine Trauer zu tragen, aber Oma hatte es besser gewusst, immerhin war sie Onkel Jaris Mutter. Meine Mutter war in den Sarg gegangen, der wohl eine Art Raumkapsel war, damit würde sie in den Himmel fliegen, von dem mir der Onkel mit der

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