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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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andere, was hier schweineteuer ist, wenn man es überhaupt bekommt. In diesem hier steht zum Beispiel …“, Herr Schweitzer hielt ihr einen der Reiseführer unter die Nase, „… die Medina von Jerusalem ist ein wahres Paradies für Leckereien und Liebhaber exotischer Gewürze und …“
    „Ich dachte eher an Schuhe und Klamotten.“
    „Logisch, das erledigst du in Tel Aviv, während ich den Fall aufkläre. Soll eine richtig mondäne Stadt sein, geradezu berühmt für ihr Nightlife. Ich habe dir schon ein paar Geschäfte rausgeschrieben, mit Adresse, sie sind auf dem Stadtplan markiert. Warte.“ Er blätterte. „Guck.“
    In der Tat, Maria war schwer beeindruckt.
    „Dann wäre das also geritzt, Schatz?“
    Maria, die eher dazu tendierte, im Ausland nicht allzu viel Hektik zu veranstalten, ließ sich weiterhin nichts anmerken. Simons reine Seele durfte nicht getrübt werden, auch wenn er mit der geplanten Reisegeschwindigkeit noch nie erahnte Maßstäbe setzen wollte. Aber er sollte ruhig seine eigenen Erfahrungen sammeln. Die Hitze und das Tempo von Bussen und Zügen würden gewißlich das ihre dazu beitragen, Herrn Schweitzers Aktivismus zu drosseln. Irgendwann würde ihm die Puste ausgehen. „Ich freue mich ja so auf unsere erste gemeinsame Reise.“
    Herr Schweitzer auch – auf das Leben nach der Landung. „Ich auch.“ Wenn Maria wüßte, dachte er, wie ich vorhabe, den Flug zu überstehen. Und was sie erst für Augen machen wird, wenn sie meine Ausrüstung das erste Mal zu Gesicht bekommt.
    Dann gesellten sich zwei Pärchen zu ihnen, und der Abend war gelaufen. Das heißt, er wäre gelaufen gewesen, wenn sie sich nicht nach einer Viertelstunde darauf verständigt hätten, sich fix die Rechnung bringen zu lassen.
    Ohne auch nur das kleinste Detail auszusparen, begann ein aufgedonnertes Frauenzimmer mit smaragdgrünen Augen von dem achtungsgebietenden Geschehnis der Geburt ihres Sohnes zu berichten. Erst hörten Maria und er gar nicht, dann mit halben Ohren, und zu guter Letzt fassungslos zu. Ziemlich schnell war klar, daß der Name des Stammhalters, ihrer Stimme nach zu urteilen ein Thronfolger, Oliver war. Einen Halbsatz ohne Oliver zu bilden war ihr nicht gegeben. Ihr Mann oder Freund, jedenfalls der Erzeuger des Kindes, blickte während des Monologs betreten zur Seite. Das befreundete Pärchen heuchelte anfangs Anteilnahme, die sich aber innerhalb weniger Minuten in eine Art Überdruß wandelte, den sie aber nicht in Worte kleideten. Das wäre auch gar nicht möglich gewesen, denn Olivers Geburt war ein Weltereignis. Daran ließ die stolze Mutter keinen Zweifel. Als im Zusammenhang mit einer bei einer Geburt wohl unerläßlichen Muskelentspannung das Wort Kot fiel, zog es Herrn Schweitzer die Schuhe aus. Nur gut, daß sie schon gegessen hatten. Das Auftauchen der Bedienung glich einer Majestätsbeleidigung. Die Königssohnmutter warf ihr einen frostigen Blick zu. Nein, man habe noch keinen Blick auf die Karte werfen können. Zum Zeichen, daß man sich doch zum Essen getroffen habe, ergriff das andere Pärchen die Gelegenheit, endlich die dargebotenen Speisen zu studieren. Zögerlich nahm auch die Kotfrau die Karte zur Hand, klappte sie jedoch flugs wieder zu. Wie konnte man es nur wagen, ihren hochinteressanten Vortrag zu unterbrechen?
    „Oh, Schweizer Wurstsalat mit Bratkartoffeln, klingt lecker“, ertönte nun erstmals des Vaters Stimme. Ob es nun ein verzweifelter Versuch war, einen Themenwechsel herbeizuführen, oder ob er bloß Hunger hatte, war für Herrn Schweitzer nicht eindeutig zu eruieren. Doch daß Oliver Wurst mochte, erfuhr er sofort. Schon seit seinem zweiten Lebensjahr. „Weißt du noch, wie Oliver sein erstes Zähnchen bekam, Frank? Das war vielleicht was, kann ich euch sagen. Ein Geschrei von Oliver, die ganze Nacht. Wir dachten schon, Oliver stirbt uns weg, aber sehr, sehr tapfer, unser Oliver. Nicht wahr, Fränkilein?“ Fränkileins Gesicht sprach Bände.
    Und so ging das in einer Tour weiter.
    Maria tippte Herrn Schweitzer erst mit dem Fuß an, dann, als dieser sie anblickte, mit dem Finger nicht ganz unauffällig an die Stirn. Dafür liebte er sie.
    Das Intermezzo von Olivers Vorliebe von Wurst war nur von kurzer Dauer. Alsbald wurden die Vorzüge einer Geburt in Hockstellung gepriesen. Als die Bedienung, nun schon etwas gelangweilt, ein zweites Mal an den Tisch trat, war zumindest der Appetit des befreundeten Pärchens aus irgendeinem Grund verflogen, was aber die Kotfrau

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