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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Rauschgiften habe zweifellos zu Rodways Tod beigetragen.
    Die Mittel, zu denen er zunächst gegriffen habe, um Ängste abzubauen, hätten diese offenbar noch verstärkt und zu diesem bedauerlichen Ergebnis geführt.
    Matthew Rodways Mutter mag das Urteil des Coroner so nicht akzeptieren. In ihrem Haus in Leicester befragt, erklärte Mrs. Mary Rodway, nur den hochintelligenten, fürsorglichen Sohn in Erinnerung zu behalten, dem eine glänzende Zukunft offenstand: «Er hatte so viel Talent, begeisterte sich für Hockey und Tennis, war hochmusikalisch und spielte im National Youth Orchestra die Viola. Er war wirklich ein Sohn, wie ihn sich jede Mutter nur wünschen kann.» (Siehe Leitartikel, S. 8.)

    Morse nahm sich den zweiten Ausschnitt vor, der aus demselben Blatt stammte.

    Sorgenkinder

    Eine kürzlich in Auftrag gegebene Studie belegt, daß in Oxford eine wachsende Zahl von Studenten mit abgeschlossenem Studium keine angemessene Stellung findet. Dr. Clive Hornsby, Dozent für Sozialwissenschaften am Lonsdale College, weist auf die Konsequenzen dieser Sachlage hin — daß viele Studenten trotz Kenntnis der derzeitigen Arbeitsmarktsituation einen akademischen Abschluß anstreben, für den sie jedoch von ihren geistigen Kapazitäten her nicht qualifiziert sind.
    Eine zum Glück bislang noch kleine Zahl von Studierenden entscheidet sich fürs andere Extrem:
    Sie geben jede Hoffnung auf, suchen Trost in Alkohol und Drogen, und manche kommen zu dem Schluß, daß es sich nicht mehr zu leben lohne. Ob die Oxford University mit ihren zahlreichen beratenden Gremien und Hilfsorganisationen sich über diese Problematik ganz im klaren ist, wagen wir zu bezweifeln. Der neuerliche Selbstmord in einem der Colleges (siehe S. 1) zeigt einmal mehr, wie groß der Druck auf unsere Studierenden ist, und daß entsprechende Hilfsmaßnahmen dringend erforderlich sind.

    Der dritte — kürzere — Ausschnitt war aus der Oxford Times vom Freitag, dem 18.Juni 1993. Das dazugehörige Foto von «Dr. F. F. Maclure» zeigte einen glattrasierten Mann mit Kummerfalten im vollen akademischen Ornat.

    Studentenberatung verteidigt sich

    Nach der neuen bestürzenden Selbstmordwelle ist die Studentenberatung der Hochschule unter starken Beschuß geraten. Dr. Felix McLure, früher Tutor für Alte Geschichte am Wolsey College, findet es allerdings bedauerlich, daß in diesem Zusammenhang soviel — und in manchen Fällen auch unbedacht — von Gleichgültigkeit und Unterlassungssünden die Rede ist. Laut Dr. Mac-Clure hat die Hochschule im letzten Jahr wesentlich dazu beigetragen, daß die Beratungsgruppe Oxford University Counselling and Help (OUCH) entstand, zu deren Gründungsmitgliedern er gehört. «Weitere Maßnahmen sind erforderlich», sagte er unserem Reporter, «darüber sind wir uns alle einig, aber es sollte auch anerkannt werden, was die Hochschule auf diesem Gebiet schon geleistet hat.»

    «Inzwischen müßten Sie das eigentlich fast auswendig kennen», sagte Lewis zufrieden, als er in einer schmalen, baumbestandenen Straße an der Ostseite der London Road anhielt, um sich kurz auf dem Stadtplan zu orientieren.
    «Ich bin eben ein langsamer Leser.»
    «Und wo wären Sie jetzt, wenn Sie ein schneller Leser wären?»
    «Wahrscheinlich bei einer Zeitungsredaktion als Korrektor. Gebrauchen könnten sie einen», bemerkte Morse und besah sich noch einmal das Nebeneinander von «Maclure», «McLure» und «Mac-Clure» im letzten Artikel.
    Lewis bremste vor der Evington Road South 14 ab und bog in die Einfahrt ein. Die Reifen des Jaguar knirschten über den Kies.

13

    Wie drückend auch die Sorge sei,
    Kein menschlich Leben solcherlei
    Sehnt ehrlich sich den Tod herbei.
    (Alfred Lord Tennyson, The Two Voices)

    Mary Rodway, eine modisch gekleidete, schlanke, gutaussehende Frau Ende Vierzig, sprach zunächst einmal über sich selbst, und das offenbar nicht ungern. Vor vier Jahren, erzählte sie, sei ihr Mann, der als Bauingenieur eine sehr gut dotierte Stellung hatte, mit seiner Sekretärin durchgebrannt. Sie habe nur noch über die Anwälte und die Bank mit ihm Kontakt. Doch sei sie mit dem Leben ohne Partner durchaus zufrieden — sofern man das so sagen könne, wenn das einzige Kind unter derart dubiosen Umständen gestorben sei.
    Sie hatte den Bericht über den Mord an McClure im Independent gelesen, und Morse sagte ihr klipp und klar, weshalb sie gekommen waren. Aus den bei den Unterlagen des Ermordeten gefundenen Zeitungsausschnitten

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