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Die Leiche im rosa Nachthemd

Die Leiche im rosa Nachthemd

Titel: Die Leiche im rosa Nachthemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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herüber.
    Ich legte meine ganze Kraft in
einen rechten Magenhaken, aber meine Faust kam nicht mehr da an, wo sie
ankommen sollte.
    Ein Meteorit mittlerer Größe
landete an meinem Kopf und riß ihn mir von den Schultern. Es wurde dunkel. Als
ich wieder zu mir kam, lag ich in der rollenden Firmenkutsche. Mein Kopf
dröhnte, das Kinn tat so weh, daß ich es kaum bewegen konnte. Der
Kleiderschrank saß am Steuer. Als ich mich rührte, sah er zu mir hinüber. »Das
ist vielleicht ‘ne Karre«, maulte er. »Könnt ihr euch denn nicht mal ‘n
richtiges Auto leisten?«
    Ich steckte den Kopf aus dem
Fenster und ließ mir den Nachtwind um die Ohren wehen. Der Kleiderschrank hatte
ein Höllentempo vorgelegt, und unsere arme Kutsche protestierte lautstark gegen
die ungewohnte Behandlung.
    Es war eine kurvenreiche
Bergstraße, die durch das Canyon führte. Nach einer Weile kamen wir zu einer
von Fichten umstandenen Lichtung. Mein Chauffeur nahm Gas weg. Offensichtlich
suchte er nach einer Abzweigung.
    Ich sah meine Chance und griff
mit beiden Händen ins Steuer. Der Wagen schlingerte wie ein Dampfer auf hoher
See, aber am Kurs konnte ich nichts ändern. Der Kleiderschrank hob den
Ellenbogen, ohne die Hände vom Steuer zu nehmen, und erwischte meine
empfindliche Kinnspitze. Ein Schmiedehammer fiel mir in den Nacken und sandte
mich ein weiteres Mal ins Land der Träume. Als ich wieder einigermaßen klar
denken konnte, lag ich in tiefer Finsternis und wußte nicht, wo ich war.
    Allmählich fielen mir die
Ereignisse der letzten Stunden wieder ein. Ich tastete in meiner Tasche nach
den Streichhölzern und zündete eins an. Ich war in einer Blockhütte und lag
flach auf einer Schütte von trockenen Tannennadeln. Ich setzte mich auf, gab
noch ein Streichholz dran und fand sogar eine Kerze. Jetzt sah ich auch auf die
Uhr: Viertel nach drei.
    Die Blockhütte war
offensichtlich seit langem nicht mehr bewohnt worden. Sie war schmutzig und
roch muffig. Die Fenster waren mit Brettern vernagelt. Auf dem Boden lagen
Brotkrusten. Offenbar hatten sich die Ratten über den Vorratsschrank
hergemacht. Eine Spinne hockte in einem kunstvoll geknüpften Riesennetz und
glotzte mich feindselig an. Ein paar trockene Tannennadeln waren in meinen
Haaren hängengeblieben und krochen mir jetzt den Rücken herunter.
    Ich kam mir vor, als wäre eine
Straßenwalze über mich weggegangen.
    Ich war ganz allein. Ich
betrachtete die verbarrikadierten Fenster und rüttelte ohne viel Hoffnung an
der Tür. Zu meiner Überraschung war sie unverschlossen. Kühle, tannenduftende
Bergluft kam mir entgegen. Vor der Tür stand ein dunkles Ungetüm. Ich griff mir
die Kerze. Es war unsere alte Firmenkutsche.
    Ganz in der Nähe der Hütte
hörte ich einen Bach rauschen. Mit Hilfe der Kerze fand ich den kleinen Pfad,
der zum Wasser führte. Ich tauchte mein Taschentuch in das eiskalte Wasser und
legte es mir nacheinander auf Stirn, Augen und Nacken. Ein Windstoß blies die
Kerze aus. Ich saß im Dunkeln und ließ die kalten Umschläge wirken.
    Nach einer Weile tastete ich
mit klammen Fingern nach den Streichhölzern. Beim zweiten Versuch gelang es
mir, die Kerze wieder anzuzünden. Ich ging zurück zur Blockhütte, blies die
Kerze aus, schloß die Hüttentür und stieg in den Wagen. Der Zündschlüssel
steckte. Ich startete. Es war sogar nachgetankt. Die Scheinwerfer zeigten mir
einen holprigen Bergpfad, der nach fünfhundert Metern in eine asphaltierte
Straße mündete. Ich fuhr bergab. Die Richtung mußte jedenfalls stimmen.
     
     
     

2
     
    Bertha Cool schob den montäglichen
Postberg beiseite, zündete sich eine Zigarette an und sagte, nachdem sie mich
ausgiebig gemustert hatte: »Donald! Du hast wieder gerauft.«
    Ich setzte mich ihr gegenüber
an den Schreibtisch. »Es war keine Rauferei.«
    »Sondern?«
    »Ich bin mit Begleitschutz aus
der Stadt gefahren worden.«
    »Aha! Wer war denn da so
fürsorglich?«
    »Er sah mir ganz nach
Ordnungshüter aus. Aber für ein Provinznest wie Oakview war seine Taktik
eigentlich zu aggressiv. Ich glaube nicht, daß er von dort stammt. Er muß einen
Freund gehabt haben, der in einem zweiten Wagen hinterherfuhr, oder er hatte
einen Fluchtwagen an einen bestimmten Treffpunkt bestellt. Er hat mir die
Firmenkutsche dagelassen. Sogar aufgetankt hat er noch.«
    »Woran willst du denn erkannt
haben, daß es ein Bulle war?«
    »An seiner Redeweise, den
Manieren und seiner Statur.«
    Meine Geschichte schien ihr
Spaß zu machen. »Da hast

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