Die Leichenstadt
ins Leere!
Es war ein heißer Schreck, der sich in meinem Körper ausbreitete und ihn wie eine Flamme durchzuckte. Wie tief es unter mir war, wußte ich nicht. Das konnte ich nur schätzen, aber den Fall würde ich niemals überleben.
Im nächsten Augenblick schlug etwas gegen mein Gesicht. Es fühlte sich weich an, wie ein Band oder eine Schnur. Automatisch griff ich zu und hatte das Glück des Tüchtigen, daß ich die vom Rand herabhängende Strickleiter zu fassen bekam.
An ihr hielt ich mich fest.
Ich war noch nicht sehr tief gefallen, deshalb hielt sich der Ruck in meinen Armen in Grenzen. Mit den Füßen strampelte ich, und es gelang mir, auf einer der weichen Sprossen den nötigen Halt zu finden. So schwankte ich hin und her und merkte erst jetzt, daß ich die Beretta verloren hatte. Bei dem verzweifelten Griffmanöver war sie mir aus der Hand gerutscht.
Ich schaute in die Höhe.
Ein schauriges Bild bekam ich zu sehen. Die Skelette hatten sich um den Rand der viereckigen Luke versammelt. Sie standen nicht mehr, sondern knieten am Boden, hielten ihre Köpfe vorgestreckt und glotzten in die Tiefe.
Auf ihren blanken Schädeln bewegten sich die häßlichen Spinnen, und sie stießen sich jetzt ab, um in die Tiefe zu trudeln. Ich zog meinen Kopf ein, denn ich wollte nicht, daß sich so ein Biest auf meinem Haupt niederließ. Die Skelette sollten ruhig dort oben bleiben, ich hatte von ihnen die Nase voll und kletterte in die Tiefe. Mit Strickleitern umzugehen, ist eine Kunst für sich. Das merkte ich wieder einmal, als jede meiner Bewegungen auf die Leiter übertragen wurde und sie heftig ins Schwanken geriet. Von links nach rechts bewegte sie sich, auch vor und zurück, so daß die Schwingungen zusammengenommen hin und wieder einen Kreis bildeten. Ich klatschte manchmal gegen die Wand der Pyramide. Das allerdings nur nach dem ersten Schritt, denn dann weitete sich der Raum, und ich bekam wesentlich mehr Platz.
Auch die Spinnen fielen mir nicht mehr entgegen. Sie hatten sich zurückgezogen, wie auch die bläulich schimmernden Skelette. Ich kam mit der Leiter immer besser zurecht. Zwar schwankte sie nach wie vor, aber es gelang mir, die Pendelbewegungen mit meinem Körper auszugleichen. Nur hin und wieder geriet ich in bedrohliche Situationen, wenn ich beim Abstieg nicht sofort mit dem Fuß die richtige Sprosse traf. Als ich wieder in die Höhe schaute, da waren die Köpfe der Skelette verschwunden. Für die Knöchernen lohnte es sich wohl nicht mehr, die Verfolgung aufzunehmen, und sie hatten auch nicht daran gedacht, die Strickleiter in die Höhe zu ziehen. Wahrscheinlich wußten sie, was mich erwartete und gaben mir keine Chance.
Auch ich wollte wissen, wohin mich mein Weg führte, hielt ein und schaute in die Tiefe. Dabei streifte mein Blick das außen vor der Brust hängende Kreuz, und ich bemerkte, daß es an seinen Enden immer leicht aufblitzte.
Es reagierte auf die fremde Magie. Und die lauerte überall. Sie war eingepackt in das grüne Licht, das die Pyramide durchdrang. Je tiefer ich geklettert war, um so stärker wurde mir bewußt, wie groß das Bauwerk war. Es hatte gewaltige Ausmaße. Erst im Innern öffnete sich die Tiefe der Pyramide, und ich war gespannt darauf, was mich noch alles erwartete.
Unter mir wälzte sich träge der Fluß durch das Bett. Das Wasser rauschte zwar, aber es war kein normales Rauschen, wie man es von den Flüssen der Erde her kennt.
Es kam mir dumpfer oder irgendwie schwerer vor, auch das Wort gewaltig fiel mir dafür ein und der Satz, daß Blut träger und schwerer ist als Wasser.
Ein Fluß aus Blut teilte die Grundfläche der Pyramide in zwei Hälften. Das mußte man sich mal vorstellen.
Grauenhaft war so etwas.
Ich aber wollte nicht weiter daran denken und stieg Schritt für Schritt in die Tiefe.
Ich hoffte sehr, daß die Strickleiter nicht direkt über dem Fluß endete, sah mich da aber getäuscht. Als ich auf der viertletzten, schwankenden Sprosse stand und direkt nach unten schaute, da mußte ich feststellen, daß ich, wenn ich jetzt absprang, im Blutstrom landete. Es schäumte unter mir. Ich sah helle Streifen, wenn sich der Strom an irgendwelchen Steinen brach und Gischt in die Höhe gespritzt wurde. Zudem gab es in ihm Leben. Bei genauerem Hinsehen stellte ich fest, daß die Fluten kleine, helle Gegenstände mit sich führten. Sie trieben auf der Oberfläche, und ich erkannte in ihnen abermals die Spinnen. Wieder beschäftigten sich meine Gedanken mit dem
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