Die Leiden eines Chinesen in China
auch durch von Menschenhänden getriebene Schaufelräder bewegt werden; Zolldschonken mit zwei Masten und Schaluppensegeln, deren Vorder-und Achtersteven die Köpfe und Schwänze phantastischer Thiergestalten schmückten; Handelsdschonken von großem Tonnengehalt, deren plumper Rumpf die kostbarsten Erzeugnisse des Himmlischen Reiches trägt, und welche sich nicht scheuen, den Wirbelstürmen der benachbarten Meere zu trotzen; Personenfahrzeuge, welche je nach den Gezeiten durch Ruder oder Zugseile befördert wurden und die nur für Leute passen, welche viel Zeit übrig haben; Mandarinenboote, Lustjachten, Sampanen, das sind Wohnschiffe jeder Form mit Binsensegeln, von denen die kleinste Art von Frauen gesteuert werden, die das Ruder in der Hand und ein Kind auf dem Rücken tragen, und welche ihren Namen, der eigentlich »drei Planken« bedeutet, vollständig rechtfertigen; endlich ungeheure Holzflöße, wirklich schwimmende Dörfer, mit Hütten, Obst-und Gemüsegärten darauf, welche irgend einem Walde der Mantschurei entstammen, den die Holzfäller bis zum letzten Baum niedergelegt haben. Neben den Ufern kamen Ortschaften nur seltener zum Vorschein. Es giebt auch nur etwa zwanzig zwischen Tien-Tsin und Taku, an der Mündung des Stromes. Dagegen wirbelten aus verschiedenen Ziegeleien schwarze Wolken empor, die sich mit den Rauchsäulen des Dampfes vermengten und die Luft verpesteten. Nun kam der Abend, dem in diesen Breiten eine längere Dämmerung vorhergeht. Bald unterschied man nur noch eine Reihe weißer Dünen, von gleichmäßiger Form und in bestimmten, schon im Halbdunkel verschwindenden Reihen. Das waren nichts als große Salzhausen, die aus den benachbarten Salinen herrührten. In dieser unfruchtbaren trostlosen Gegend öffnete sich die Ausmündung des Peï-Ho, nach Bouroir »ein Stück Land, das nur aus Salz und Sand, aus Staub und Asche besteht«.
Noch vor Sonnenaufgang erreichte der »Peï-Tang« am 27. Juni den Hafen von Taku, am Ausfluß des Stromes.
Hier erhoben sich auf beiden Ufern die Forts des Nordens und des Südens, seit der Einnahme durch das englisch-französische Heer im Jahre 1860 nur noch ein Haufen Ruinen. Hier machte General Collineau am 24. August desselben Jahres den glorreichen Angriff, bei dem die Kanoniere den Eingang in den Strom forcirten; hier dehnte sich der kaum über das Meer emporstehende schmale Landstreifen aus, den man die französische Concession nennt, und sieht man noch den Grabhügel, der die Gebeine mancher, bei jenem denkwürdigen Kampfe gefallenen Officiere und Soldaten bedeckt.
Der »Peï-Tang« ging nicht weiter. Alle Passagiere mußten in Taku an’s Land gehen. Taku ist jetzt schon eine nicht unwichtige Stadt, der gewiß eine große Zukunft bevorstände, wenn die Mandarinen jemals den Bau einer Eisenbahn zwischen hier und Tien-Tsin gestatteten.
Das nach Fu-Ning bestimmte Fahrzeug sollte noch am nämlichen Tage die Anker lichten. Kin-Fo und seine Begleiter hatten keine Stunde zu verlieren. Sie winkten also eine Sampane herbei und befanden sich eine Viertelstunde später am Bord der »Sam-Yep«.
Siebzehntes Capitel.
In welchem der Handelswerth Kin-Fo’s noch einmal in Frage gestellt wird.
Acht Tage vorher war ein amerikanisches Schiff im Hafen von Taku vor Anker gegangen. Gemiethet von der sechsten chino-californischen Gesellschaft, war es für Rechnung der Agentur Fuk-Ting-Tong befrachtet, welche ihren Sitz bei dem Kirchhof von Laurell-Hill, in der Nähe von San-Francisco, hat.
Treu ihrer Religion, erwarten die in Amerika verstorbenen Söhne des Himmels hier die Rückkehr nach dem Vaterlande, bis sie in mütterlicher Erde eine Ruhestätte finden.
Das nach Canton bestimmte Schiff hatte laut Bericht der Agentur eine Ladung von zweihundertfünfzig Särgen, von welchen fünfundsiebzig in Taku gelandet werden sollten, um nach den Provinzen des Nordens übergeführt zu werden.
Die Umladung von dem amerikanischen Schiffe nach einem chinesischen war vollendet, und an eben diesem Morgen des 27. Juni sollte letzteres nach dem Hafen von Fu-Ning segeln.
Auf diesem Fahrzeuge hatten Kin-Fo und seine Begleiter Passage genommen. Sie hätten es vielleicht nicht gewählt; wegen Mangels an anderer Gelegenheit mußten sie sich aber mit demselben begnügen, denn es lag kein anderes zur Fahrt nach dem Golf von Leao-Tong bereit. Es handelte sich übrigens nur um eine Reise von zwei bis drei Tagen, welche zu dieser Jahreszeit meist sehr bequem von statten geht.
In dieser
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