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Die Leiden eines Chinesen in China

Die Leiden eines Chinesen in China

Titel: Die Leiden eines Chinesen in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Brennpunkte. Nur vereinzelte Dschonken kreuzten den Meerbusen, auf dem ein Dutzend Fischerbarken schaukelten, während dicht am Ufer die Boote der Thunfischfänger sichtbar waren. Im Uebrigen dehnte sich die weite Wasserfläche ununterbrochen bis zum Horizonte vor ihren Augen aus.
    Craig und Fry machten die Bemerkung, daß die erwähnten Fischerboote, selbst solche von nur fünf bis sechs Tonnen Gehalt, mit einer oder zwei kleinen Kanonen bewaffnet waren.
    Als sie sich darüber gegen den Kapitän Yin aussprachen, antwortete dieser, sich die Hände reibend:
    »Sie müssen sich wohl darauf einrichten, den Seeräubern Respect einzuflößen.
    – Giebt es denn hier im Golfe von Pe-Tche-Li auch Seeräuber? fragte Craig mit einiger Verwunderung.
    – Warum denn nicht? erwiderte Yin. Hier wie überall! Diese Kerle fehlen in keinem Meere Chinas!«
    Der würdige Kapitän lachte dazu und zeigte die beiden Reihen seiner glänzenden Zähne.
    »Sie scheinen dieselben aber nicht allzu sehr zu fürchten? bemerkte ihm Fry.
    – Hab’ ich nicht meine beiden Kanonen da, die eine verständliche Sprache sprechen, wenn ihnen Jemand zu nahe kommt?
    – Sind dieselben geladen? fragte Craig.
    – Gewöhnlich.
    – Und jetzt?
    – Jetzt nicht.
    – Aber warum nicht?
    – Weil ich kein Pulver an Bord habe, erklärte Kapitän Yin gelassen.
    – Was nützen dann die beiden Kanonen? sagten Craig und Fry, welche jene Antwort nicht besonders befriedigte.
    – Was sie nützen? rief der Kapitän. Ei, sie vertheidigen mir Schiff und Ladung, wenn ich eine an Bord habe, um derentwillen es sich der Mühe lohnt, wenn ich z. B. Theekisten und Opiumladung fahre. Heute aber, mit einer Ladung von…
    – Woher sollen denn die Seeräuber wissen, forschte Craig weiter, ob es sich der Mühe lohnt oder nicht, Ihr Schiff anzugreifen?
    – Sie scheinen einen Besuch dieser wackeren Jungen sehr zu fürchten, meinte der Kapitän, indem er sich achselzuckend im Kreise herumdrehte.
    – So ist es.
    – Und haben doch kaum ein Stück Gepäck an Bord!
    – Das mag sein, sagte Craig, aber trotzdem haben wir sehr triftige Gründe, von jenen verschont zu bleiben.
    – Nun, beruhigen Sie sich, tröstete der Kapitän. Wenn wir auch Seeräubern begegnen, wird es denselben nicht einfallen, unsere Dschonke anzufallen.
    – Warum nicht?
    – Weil sie im voraus wissen, was ich für Fracht führe, sobald sie das Schiff erblicken!«
    Kapitän Yin wies bei diesen Worten nach einer weißen Flagge, welche am Halbmast der Dschonke im Winde flatterte.
    »Eine weiße Flagge in Schau! Die Flagge der Trauer! Die Kerle werden es bleiben lassen, sich wegen einer Ladung Leichen zu bemühen.
    – Sie könnten versucht sein zu glauben, warf Craig ein, daß Sie nur aus Vorsicht unter dieser Flagge segelten, und doch an Bord kommen, um sich zu überzeugen…
    – Nun, wenn sie kommen, werden wir sie einfach aufnehmen, antwortete Kapitän Yin, und wenn sie ihren Besuch abgestattet haben, werden sie eben wieder abziehen, wie sie gekommen sind!«
    Craig-Fry fragten nicht weiter, theilten aber nur in geringem Grade die unerschütterliche Ruhe des Kapitän Yin. Der Fang einer Dschonke von dreihundert Tonnen, auch wenn sie nur unter Ballast segelte, durfte den »wackeren Jungen«, von denen Kapitän Yin sprach, doch wohl verlockend genug erscheinen, um wenigstens einen Versuch zu wagen. Unter den gegebenen Umständen mußte man sich eben beruhigen und hoffen, daß die Fahrt glücklich ablaufe.
    Uebrigens hatte der Kapitän nichts vernachlässigt, um möglichst jedes Unglück zu verhüten. Bei ihrer Abfahrt war zu Ehren der Gottheiten des Meeres ein Hahn geopfert worden. Am Besanmast flatterten noch die Federn des unglücklichen Hühnerthieres. Einige Tropfen von seinem Blut, die man auf dem Deck verspritzte, und ein Glas Wein, das man über Bord goß, vervollständigten dieses Sühnopfer. Was konnte die Dschonke »Sam-Yep« unter Führung ihres würdigen Kapitän Yin nun zu fürchten haben?
    Es schien aber doch, als wenn die launischen Götter nicht zufrieden gewesen wären. Mochte nun der Hahn zu mager oder der Wein nicht aus den besten Gehegen von Chao-Chigne bezogen gewesen sein, jedenfalls überfiel ein entsetzlicher Windstoß die schmucke Dschonke. Gerade an diesem freundlichen klaren Tage und bei der eben wehenden günstigen Brise hätte kein Mensch denselben vorhersehen können. Auch der Seemann mit der besten Nase hätte gewiß kein Anzeichen dafür bemerkt.
    Gegen acht Uhr Abends sollte die

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