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Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Titel: Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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tragen muss.»
    Er beugte sich vor und hob den gebrechlichen Körper mit Jacks Hilfe hoch. Angelica sagte kein Wort, während sie denselben Weg zurückgingen, den sie gekommen waren, und dabei auf wundersame Weise wieder von niemandem bemerkt wurden.
    Auf dem Weg nach unten kamen sie dann aber doch an einem neuen Hausmädchen vorbei. Sie trug eine Abgussschale für Teereste in der Hand und verfluchte dabei Mrs. Congreve mit leise geflüsterten Schimpfworten.
    Das Mädchen sah sie nicht einmal an.

    Sie liefen durch stille Straßen. Angelica und Semjon sahen jetzt zwar weitaus anständiger gekleidet aus als zuvor, aber da sie ihre Mäntel in der Waschküche zurückgelassen hatten, war ihnen auch ziemlich kalt. Angelica blieb dicht an Semjons Seite, hatte aber Schwierigkeiten, mit seinem Tempo Schritt zu halten. Ab und zu warf sie einen Blick auf Antoscha, der immer wieder versuchte, sie mit guten Worten zu ermutigen.
    Es dauerte eine gute Stunde, bis sie schließlich in die Straße einbogen, die auf den St. James’s Square führte.
    Dort lag das Haus des Rudels. Durch die Seiten der undurchsichtigen Vorhänge vor den Fenstern drangen dünne Lichtstreifen.
    Als Semjon sich anschickte, die Treppe hochzugehen, schaute Antoscha auf. «Ich hätte nicht gedacht, dass ich dieses Haus noch einmal wiedersehe», murmelte er mit so schwacher Stimme, dass Angelica sich ernsthafte Sorgen machte. «Ich danke euch beiden. Danke …» Er verstummte.
    Wie von Semjon angewiesen, klopfte Angelica in einem bestimmten Rhythmus an die Tür, der binnen Sekunden dafür sorgte, dass ihnen geöffnet wurde.
    Iwan war wie vom Donner gerührt, die drei zu sehen. Nachdem er mit einem prüfenden Blick über die Straße sichergestellt hatte, dass niemand zu sehen war, zog er sie eiligst in die Eingangshalle.
    «Wir haben ganz London Tag und Nacht nach Ihnen allen absuchen lassen», erklärte er mit echter Sorge in den Augen – und auch mit ein paar Tränen. «Wo sind Sie denn …»
    Ein Blick auf das hohläugige Gesicht Antoschas genügte, und der Hausvorsteher sagte nichts mehr. «Bringen Sie ihn in eine Schlafkammer. Wir werden einen Arzt holen lassen.» Semjon machte sich sofort daran, Antoscha endlich in ein Bett zu bringen. Doch als Angelica ihm folgen wollte, wurde sie von Iwan aufgehalten.
    Semjon schien dies gar nicht zu bemerken. Und als Iwan nach oben zeigte, neigte Angelica nur den Kopf und gehorchte ihm demütig.

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    Kapitel Zwanzig
    Sin starrte mit müden Augen aus dem Fenster. Die Sonne schien heute etwas unentschlossen aufzugehen und hing am Himmel, als würde sie von den tiefen Wolken geradezu niedergedrückt werden.
    «Musst du da so stehen?», beschwerte sich Victor. «Du siehst aus wie jemand, der gerade der Grabkammer entstiegen ist.»
    Sin ignorierte seine Bemerkung. «Hast du gut geschlafen?»
    «Einigermaßen. Ich habe gehört, dass die Vorführung recht wild war.»
    Sin setzte sich in einen Lehnsessel direkt neben dem Bett, in dem Victor lag.
    Der jüngere Mann warf die Decke von sich. «Einer der weiblichen Gäste war hier oben. Ziemlich betrunken, aber sehr hübsch. Und außerordentlich übererregt von dem, was sie unten gesehen hatte.»
    «Ah. Und hast du deine Hilfe angeboten?», fragte Sin.
    Victor grinste und schwang die Beine über die Bettkante. Er trug immer noch seine Unterkleidung, war aber barfuß.
    «Sie kam durch diese Tür, sah sich um und hat sich dann einfach rittlings auf mich gesetzt.»
    «Wie romantisch.»
    Victor gähnte und fuhr sich durch die zerzausten Haare – was allerdings dafür sorgte, dass sie noch wirrer aussahen als zuvor. «Sie hat bekommen, was sie wollte.»
    «Und du?»
    Der jüngere Mann erhob sich. Er trat an eine Kommode, wo er Wasser aus einem Krug in eine Porzellanschüssel goss und sich vorbeugte, um sich Gesicht und Hals zu waschen. Danach griff er nach einem zerknitterten Handtuch und trocknete sich geistesabwesend ab. «Das Ganze hat mich vom Grübeln abgehalten – insofern war es gut.» Er warf das Handtuch auf den Boden. «Wie geht’s unseren Gefangenen? Sind sie überhaupt noch am Leben? Die im Keller, meine ich natürlich», fügte er noch hinzu.
    Sin gelang es immerhin, seinen Mund zu einem schmallippigen Lächeln zu verziehen. «Ja, die sind noch am Leben. Und für eine Anfängerin hat sich deine Stiefschwester wirklich als bemerkenswerte Darstellerin erwiesen.»
    Victor schauderte etwas. «Und hat sie auch das Korsett getragen, das du mir

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