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Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Titel: Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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unscheinbar braunem Hut und einem Mantel in derselben nüchternen Farbe, der ihm auf einige Schritte Entfernung nachging.
    Während die beiden Männer die verwinkelten Straßen entlanggingen, verlor sie einen oder auch beide hier und da aus den Augen. Aber als sie schließlich auf neuere, breitere Straßen stießen, konnte sie sie erneut ausmachen.
    Den letzten Blick auf Semjon erhaschte sie, als er die breiten Stufen eines entfernten Gebäudes erklomm, das mit seinen Säulen, dem Stuck und dem vielen Marmor äußerst offiziell aussah. Der Mann, der ihm gefolgt war, blieb davor stehen und schien darauf zu warten, dass er wieder hinauskam.
    Irgendwann gab er auf. Vielleicht bildete sie sich das Ganze auch nur ein. Aber es war schließlich Winter, und die Tage waren kurz. Nicht lange, und das schwächer werdende Licht legte Schatten auf die Szenerie, die zu dunkel waren, um noch irgendetwas erkennen zu können.

    Als Semjon schließlich zurückkehrte, saß Angelica in dem von einem mehrarmigen Kandelaber hell erleuchteten Raum und las. Er war mit neuen Kerzen bestückt gewesen, deren Dochte noch weiß gewesen waren, und Angelica hatte sie mit einem brennenden Stumpen entzündet, die ein Dienstbote ihr unbemerkt zusammen mit dem Abendmahl hinaufgebracht hatte. Da sie zu sehr in ihr Buch vertieft gewesen war, hatte sie es leider nicht mehr rechtzeitig zur Tür geschafft, um zu sehen, wer der Diener gewesen war. Aber auch wenn sie ihn nur noch von hinten gesehen hatte, als er die Treppe hinabstieg, war es ihr immerhin gelungen, dem jungen Mann ein Dankeschön hinterherzurufen. Seine Erwiderung war in einer fremden Sprache erfolgt. War es Russisch gewesen?
    Semjon hatte ja gesagt, dass seine Vorfahren von dort stammten.
    Angelica hatte sich noch einen kurzen Moment am Treppengeländer festgehalten und etwas erlauscht, was nach den Vorbereitungen für ein Fest klang. Einen «Heuler» hatte man es genannt, wenn sie richtig verstanden hatte.
    Die junge Frau trat zurück in ihr Zimmer und legte ein Stück Papier zwischen die Buchseiten, um zu markieren, wie weit sie mit dem Roman gekommen war.
    Sie kam sich wie ein Kind vor, wie sie hier oben festgehalten wurde. Und auch durch Schmollen würde sich nichts an ihrer Situation ändern lassen. Besonders dann nicht, wenn es sich um Semjon handelte, der da zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe heraufkam.
    Es war tatsächlich Semjon. Sie sah sein anziehendes, lächelndes Gesicht, das ihr aus dem Treppenhaus entgegenstrahlte. Den Mantel hatte er schon ausgezogen und schwenkte ihn wie zum Gruß durch die Luft. Es dauerte keine Minute, und er stand vor ihr – ganz atemlos vor Eile, sie zu sehen.
    Semjon umfasste ihre Schultern und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss. Seine Nase war noch ganz kalt von der frischen Luft, die ihm bei seiner Erledigung wohl heftig ins Gesicht geblasen hatte. Angelica war so erfreut, ihn zu sehen, dass sie völlig vergaß, ihm von dem Mann zu erzählen, der ihn ihrer Meinung nach verfolgt hatte.
    «Grischa sagte, er hätte dir etwas zu essen hochgebracht. Ist noch etwas davon übrig?»
    «Fette, kleine Klöße und dunkles Brot. Beides sehr gut, und ich habe von beidem ein wenig gegessen. Und da ist auch noch ein Glas mit recht starkem Brand. Den habe ich allerdings nicht angerührt.»
    «Piroschki! Wodka! Wunderbar!» Er machte sich sofort eilig über die Reste ihres Mahls her, schüttete sich den klaren Schnaps in den Hals und tat dann so, als würde er Feuer spucken.
    Sie wedelte den Geruch von Alkohol mit ihrer Hand beiseite. «Buäh!»
    Er lachte nur. «Wir sagen, davon bekommt man Haare auf der Brust.»
    Angelica trat zu ihm und öffnete den Kragen seines Hemdes und die obersten Knöpfe. «Du scheinst mir schon jetzt recht üppig damit ausgestattet zu sein.»
    Dann machte sie es sich auf seinem Knie bequem, und die beiden schäkerten eine Weile. Irgendwann fing Semjon an, gegen ihren Hals gepresst einige Worte zu murmeln, aber es handelte sich nicht um die süßen Dinge, die sie hören wollte. Nein, er teilte ihr vielmehr mit, dass er sie gleich wieder verlassen müsste.
    «O nein, Semjon. Wo gehst du denn schon wieder hin? Es ist doch bereits so dunkel draußen.»
    «Drei Stockwerke tiefer», sagte er mit fester Stimme. «Dort findet eine Feier statt, die wir ab und zu abhalten. Aber nur für Männer, meine Liebe. Wir nennen das einen Heuler.»
    «Ich meine, das Wort vorhin schon einmal gehört zu haben.»
    «Dann sei nicht überrascht, wenn du

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