Die Leidenschaft des Cervantes
kamen, waren sie die einzigen Gäste. Wieder wurde ich als Kriegsheld vorgestellt, als Gefangener, dem die Türken unsägliche Folterqualen bereitet hatten, als erfolgreicher Dramatiker, bekannter Dichter und Verfasser eines mit Spannung erwarteten Schäferromans.
Während des Essens begannen die beiden Damen ein Gespräch über Pächter und Dorfklatsch, das Catalina und mich ausschloss.
Doña Juana hatte mit ihrer Beschreibung der jungen Frau nicht übertrieben: Sie war eine kastilische Schönheit, von durchschnittlicher Größe, mit schwarzen Haaren und Augen und einem hellen Teint, der irgendwann einmal durch einen Tropfen jüdisches Blut dunkler nuanciert worden war. Ihre wunderschön geformten Hände sahen kräftig aus, als seien sie an Hausarbeit gewöhnt. Im Gegensatz zu ihrer Mutter war Catalina schlicht in ein Samtkleid von verblasstem Burgunderrot gekleidet, dazu trug sie an Händen und Ohren einfache goldene Ringe. Ein schwarzer Schal lag um ihre Schultern und bildete einen auffälligen Kontrast zu ihrem elfenbeinfarbenen Hals, um den keinerlei Schmuck lag. Angesichts von Catalinas Schönheit verstummte ich.
Doña Juana unterbrach ihr angeregtes Gespräch mit ihrer Freundin und sagte zu mir: »Miguel, seid nicht so schüchtern. Erzählt Catalina von der ruhmreichen Schlacht von Lepanto, von Eurer Zeit in Rom und der Sklaverei in Algier. Das interessiert sie alles brennend.«
Allmählich wurde ich es leid, zur Unterhaltung von Doña Juanas Gästen meine Geschichte zum Besten zu geben.
Als Catalina mein Zögern bemerkte, sagte sie: »Don Miguel, ich fürchte, Ihr werdet mich für hausbacken halten. Ich kenne Toledo und war mit meiner Mutter nach dem Tod meines Vaters einmal in Madrid. Ich begleitete sie nur, weil meine beiden Brüder zu klein waren, um ihr gute Reisegefährten zu sein. Ein Herr wie Ihr, der die Welt gesehen hat, findet es sicher langweilig, sich mit jemandem von Lande zu unterhalten. Außerdem«, sie errötete, »gestehe ich, dass ich nur wenige Gedichte kenne und noch nie ein Theaterstück gesehen habe. Aber Schäferromane gefallen mir gut. Ihr könnt sicher sein, dass ich den Euren lesen werde.«
Sie wich meinem Blick nicht aus und sprach mit einer für spanische Damen außergewöhnlichen Offenheit.
Am folgenden Nachmittag entsprach ich Doña Catalinas Einladung und stattete ihr einen Besuch ab. Bei diesem ersten Mal saß sie mit Catalina und mir in ihrem Salon, dessen Mobiliar zwar von guter Qualität war, aber aus einem früheren Jahrhundert stammte. Später war dann Catalinas kleiner Bruder Francisco der Anstandsbegleiter dieser Besuche, die sehr bald zur täglichen Gewohnheit wurden.
Als gegen Ende September die Nachmittage kühler wurden, schlug ich vor, dass wir Spaziergänge machten. Dabei gingen wir nicht, wie die meisten anderen Paare in Esquivias, zur Kirche oder zum Brunnen, sondern wanderten aus der Stadt aufs Land hinaus, begleitet von Francisco, der immer voraus lief, um Eidechsen zu jagen oder mit seiner Steinschleuder Vögeln nachzustellen. Catalina liebte ihre beiden kleinen Brüder. Nach dem Tod ihres Vaters hatte sich ihre Mutter zunehmend auf ihre Tochter verlassen, nicht nur bei der Führung des Haushalts, sondern auch bei der Verwaltung der Finanzen. Trotz ihrer Schönheit und ihres freundlichen Wesens hatte Catalina offenbar keine Verehrer. Auf die Bemerkung, die ich einmal darüber fallen ließ, antwortete sie brüsk: »Für die Tunichtgute, die es in Esquivias gibt, habe ich nichts übrig, Miguel. Lieber werde ich eine alte Jungfer, als dass ich einen der verantwortungslosen Männer von hier heirate.«
Catalina stellte mir viele Fragen über mein abenteuerliches Leben. Ich fühlte mich geschmeichelt, dass diese so schöne junge Frau meine Gesellschaft suchte, und der offene Blick, mit dem ihre brennenden Augen mich – einen mittellosen Mann mit einem unbrauchbaren Arm – betrachteten, gab mir Hoffnung für die Zukunft. Wenn sie mich ansah, erkannte ich in ihren Augen Bewunderung und Respekt. Seit Zoraida hatte mich keine Frau mehr auf diese Weise angesehen.
Nachdem mir einmal klar geworden war, dass sowohl Mercedes als auch Zoraida unerreichbare Ideale waren, hatte ich der Liebe abgeschworen. Die einzigen Frauen, die ich körperlich geliebt hatte, waren Huren oder Frauen wie Ana Villafranca, in deren Bett mehr Männer als Wanzen verkehrten. Catalinas sanftes Wesen weckte in mir den Wunsch, ständig in ihrer Nähe zu sein. Wenn ich tagsüber am
Weitere Kostenlose Bücher