Die Leidenschaft des Cervantes
peinlich. Jetzt wissen all unsere Nachbarn von unseren Schwierigkeiten.« Sie rang die Hände und verließ weinend die Küche.
Allmählich erschienen mir die alten Zeiten im algerischen bagnio wie eine Oase der Ruhe. Gerade als ich glaubte, noch schlimmer könne mein Leben nicht werden, kehrte ich eines Nachmittags in angeheitertem Zustand nach Hause zurück und fand Catalina im großen Salon, ein Wickelkind im Arm. Im Nebenraum saß eine ältere Frau, die ich nicht kannte, die aber wie eine Bedienstete aussah.
Mit feuchten Augen hielt Catalina mir das Kind entgegen. »Miguel, das ist Isabel, deine Tochter«, sagte sie. »Ana de Villafranca hat Isabel zu dir geschickt, damit du sie kennenlernst.«
Ich war verblüfft. Als ich Madrid verließ, hatte ich keine Ahnung gehabt, dass Ana von mir schwanger gewesen war. Hatte sie es die ganze Zeit über gewusst und es mir verschwiegen? Ich fühlte mich brutal aus meiner Dumpfheit gerissen, als hätte man mir einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet.
Catalina stand auf und legte mir die Kleine in den Arm, ich hielt sie mit meiner guten Hand fest. Ungläubig starrte ich das winzige Mädchen an. Sie roch nach einem Krug frischer, mit Rosenwasser parfümierter Milch. Ihr Kopf war nicht bedeckt, ich erkannte Anas rabenschwarzes Haar. Aber ihre großen, achatgrünen Augen waren unverkennbar – sie strahlten und funkelten vor Aufregung – die Augen der Cervantes. Ihre Kleidung war neu, und sie trug gestrickte Stiefel. Mit ihren pummeligen Händchen packte Isabel meinen Bart, zog daran und lächelte. »Meine Tochter«, murmelte ich. Ich kämpfte mit den Tränen.
»Señora María«, sagte Catalina und deutete mit dem Kopf zu der Frau, die im Nebenraum saß, »ist Isabels Amme. Ana lässt ausrichten, dass das Kind, wenn wir möchten, ein paar Tage bei uns bleiben kann. Ohne auf deine Zustimmung zu warten, habe ich mir erlaubt, Señora María zu bitten, hier zu bleiben, solange Isabel bei uns zu Besuch ist.« Catalina streckte die Arme aus, damit ich ihr meine Tochter zurückgab.
In all den Tagen, die Isabel bei uns war, hörte ich von Catalina kein Wort des Vorwurfs. Ich blieb zu Hause und widerstand der Versuchung, in die Taverne zu gehen und mich zu betrinken. Catalina kümmerte sich um Isabel, als wäre sie ihr eigenes Kind. Ihre mütterlichen Instinkte hätten mich nicht überraschen sollen, schließlich hatte sie ihrer Mutter geholfen, ihre beiden Brüder großzuziehen. Sie badete Isabel mit zärtlicher Fürsorge, gab ihr Haferbrei zu essen und sang ihr Wiegenlieder vor. Und wenn die Kleine dann schlief, strickte Catalina meiner Tochter Hauben, Stiefel, Handschuhe und Schals.
Als Isabel wieder zu Ana zurückkehrte, breitete sich eine drückende Stille über unser Haus. Ein paar Tage hatten ihr Weinen und ihr Glucksen unser Haus mit Glück und Leben erfüllt.
Catalina zog aus unserer Schlafkammer aus. Von da an stieß alles, was ich zu ihr sagte, auf Schweigen. Wieder lockten mich die Tavernen. Beim Trinken konnte ich mein gegenwärtiges Leben vergessen. Als ich eines Nachts in unseren Salon torkelte, saß Catalina dort am Kohlebecken. Von dessen Glühen abgesehen, wurde der Raum nur von einer dünnen Kerze erleuchtet. Ich war zu betrunken, um zu reden, also taumelte ich in der Dunkelheit weiter zu meiner Kammer. Catalina rief meinen Namen mit solcher Wut, dass es mich eiskalt überlief. Ich drehte mich um und sah, dass sie mir, die Kerze in der Hand, folgte. Ich betrat meine Kammer, Catalina kam mir nach. Ich warf mich aufs Bett und schloss die Augen.
»Du kannst tun, als würdest du schlafen, Miguel. Aber deine Trunkenheit macht dich nicht taub. Hör dir an, was ich zu sagen habe, denn es wird das einzige Mal sein, dass ich diese Worte sage. Nach dem Gesetz der Kirche und in den Augen Unseres Herrn bin ich deine Gemahlin, aber im Ehebett werde ich nie mehr deine Frau sein. Ich könnte es nicht ertragen, einem Mann beizuwohnen, der eine Frau und sein Kind verlässt, einem Mann, der eine andere Frau verführt und sie heiratet, während er weiß, dass eine andere sein Kind trägt.«
Ich drehte mich zu ihr. »Bitte, Catalina, bitte hör auf. Als ich dich heiratete, wusste ich nicht, dass Ana mit meinem Kind schwanger war. Das schwöre ich beim Grab meines Vaters. Möge Unser Herr Jesus Christus mich tot umfallen lassen, wenn ich lüge.«
»Das mag sein, Miguel. Trotzdem hast du mein Vertrauen in dich zerstört. Möge Gott mir vergeben, was ich jetzt sage:
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