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Die Leidenschaft des Cervantes

Die Leidenschaft des Cervantes

Titel: Die Leidenschaft des Cervantes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Manrique
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Gott hat mich mit einer fruchtbaren Familie gesegnet, und die Überfahrt für fünfzehn Leute kostet viel Geld. All die Jahre träumte ich von dem Vermögen, das ich im Garten meines Freundes zurückließ und mit dem wir nach Westindien reisen und uns dort niederlassen könnten. Als ich meinem guten Freund Sancho von dieser Überlegung erzählte, überzeugte er mich, dass ich trotz des großen Risikos Spanien verkleidet als christlicher Diener eines sehr wohlhabenden Mannes, der mein Freund Sancho mittlerweile ist, betreten könnte. Werde ich gefasst, weiß ich, dass ich meine Familie nie wiedersehen werde. Trotzdem beschloss ich, den Plan zu wagen, als Sancho sagte: ›Das Glück ist mit dem Tollkühnen.‹ Aber gerade, als wir Fuß auf unseren geliebten spanischen Boden setzten, in dem meine Vorfahren begraben liegen, wurde, wie Ihr sicher gehört habt, ein neuer Erlass verkündet, dass nämlich alle Araber, ob konvertiert oder nicht, Spanien verlassen müssen, dass alle Morisken und ihre Nachkommen für immer aus dem Land verbannt werden. Mein Freund Sancho überredete mich, nicht sofort umzukehren und nach Marokko zurückzufahren, sondern nach Esquivias weiterzureisen und meinen Plan durchzuführen, damit ich die Möglichkeit habe, in einem Land, in dem Christen und Muslime in Frieden miteinander existieren, ein neues Leben zu beginnen.«
    Da Morricote seine Geschichte damit offenbar beendet hatte, griff Sancho wieder in die Unterhaltung ein. »Ich brauche Don Miguel nicht daran zu erinnern, dass ich ein aufrechter Patriot bin, ein respektvoller und gehorsamer Untertan unseres großen Königs. Aber ich musste diesem Erlass zuwiderhandeln, weil Morricote und seine Familie die besten Nachbarn waren, die die Panzas je hatten, und da ich nicht die große Ehre und das Vergnügen habe, unseren glorreichen König zu kennen – noch bin ich je sein Nachbar gewesen und halte es auch nicht für wahrscheinlich, dass ich es jemals sein werde –, und da starke Bande des Anstands und der Güte mich mit meinem Freund verbinden, bin ich mit ihm hierher gereist und werde ihn nicht im Stich lassen, bis er sein Gold und die anderen Wertgegenstände wieder in Besitz genommen hat und zu seiner Familie zurückkehren kann.«
    Ich hatte zu oft gesehen, wie Morisken verstümmelt, verbrannt, ihrer Habseligkeiten beraubt und von dem Land vertrieben wurden, das sie seit Generationen beackerten, verbannt aus der einzigen Heimat, die sie je gekannt und in der ihre Vorfahren jahrhundertelang gelebt hatten, wo ihre Eltern zu Staub geworden waren, der sich mit dem spanischem Boden vermischt hatte. »Euer Geheimnis ist gut verwahrt, meine Freunde«, versicherte ich ihnen.
    Wir umarmten uns. Ich wünschte ihnen beiden alles Gute und vereinbarte mit Sancho, dass wir uns bei meinem nächsten Besuch in Esquivias treffen würden. Und obwohl mir leicht schwindelte, sowohl von dem exzellenten Wein als auch von Sanchos fantastischer Geschichte und der großen Freude, ihm nach all den Jahren so unerwartet wiederzubegegnen, bestieg ich mein Pferd und setzte meinen Weg nach Toledo fort.
    Als ich Monate später wieder in Esquivias war, erkundigte ich mich nach Sancho und erfuhr, dass er für Teresa und Sanchica das prächtigste Haus im Ort gekauft hatte, dass Sanchica sich aber geweigert hatte, ihre Schweinezucht aufzugeben. Sancho war, zusammen mit seinem treuen Diener, wieder aufgebrochen. Obwohl er alt war und seine Gesundheit angegriffen, hatte er erklärt, er sei zu lange unterwegs gewesen, um an einem Ort zu bleiben. Teresa erzählte mir, Sancho habe gesagt: »Meine unvergleichlich tugendsame, gute und treue Ehefrau, meine geliebte Tochter, meine geliebten Enkelkinder, meine Lust auf Abenteuer ist noch nicht gestillt, die Straße ruft mich wieder, ich habe den großen Wunsch, noch viele Orte zu sehen, die ich bislang nicht gesehen habe, und das würde ich gerne tun, ehe Gott mich an seine Seite ruft und ich Rechenschaft über mein Tun auf Erden ablegen muss. Das Gras mag auf der anderen Seite nicht grüner sein«, hatte er abschließend gesagt, »aber zumindest ist es neu und wächst auf anderem Boden.«
    Ich weiß nicht, was aus ihm wurde, oder aus Morricote, aber ich hoffe, dass er in die Neue Welt reiste, die Länder, nach denen es mich in meiner Jugend so verlangt hatte und die zu besuchen ich nie das Glück hatte, weil es mir nicht bestimmt war. Das Schicksal hatte mir beschieden, dass ich Spanien nie mehr verlassen würde, dass ich über seine

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