Die leise Stimme des Todes (German Edition)
war aber mindestens dreimal so dick. In seine Oberfläche waren winzige Löcher eingelassen; dadurch wirkte es wie ein stark verkleinerter, flacher Duschkopf.
War der Gegenstand an sich schon ungewöhnlich, die zwei haarfeinen Drähte, die links und rechts herausragten und straff gespannt an das Holz geklebt waren, verunsicherten Mark vollends. Er griff danach, aber erst nach einigem Widerstand konnte er das fremde Ding ins Licht ziehen. Die Drähte baumelten wie zerrissene Spinnweben unter der Tischplatte.
Mark betrachtete das Ding in seiner Hand. Es sah unscheinbar, fast harmlos aus, wirkte aber auf eine nicht greifbare Art bedrohlich.
Ein Abhörmikrofon!
Es konnte nichts anderes sein. Die feinen Löcher in der Oberfläche, die Drähte, die Tatsache, dass es versteckt unter dem Tisch angebracht war, und natürlich das Pfeifen, das es als elektronisches Gerät auswies, ließen keinen anderen Schluss zu.
Mark hatte das unwirkliche Gefühl, sich in einem Traum zu befinden und jeden Moment aufzuwachen. Er wurde überwacht!
Plötzlich fühlte er sich schutzlos. Jemand war in seine Wohnung eingedrungen und hatte eine Wanze installiert. Die Frage war nur: Wer und warum?
Er war kein Politiker, kein Wirtschaftsmagnat, kein Wissenschaftler, der kurz vor einer bahnbrechenden Entdeckung stand. Er war ein normaler Mensch, nichts Besonderes, mit einem langweiligen Leben. Was erwartete sich jemand davon, wenn er ihn belauschte?
Seine Gedanken jagten zu den Unfällen zurück. Erst wäre er um ein Haar von einem Lieferwagen überfahren worden, und dann der Vorfall im Hallenbad, als er sich den Kopf angeschlagen hatte und fast ertrunken wäre.
Er befühlte die Beule an seinem Kopf, als würde ihn dieser greifbare Beweis der Lösung näher bringen. Ein Gedanke durchzuckte ihn: Die Beule war am Hinterkopf; wenn er sich beim Wenden angestoßen hätte, dann müsste sich die Prellung an seiner Stirn befinden. Es war unmöglich, sich selbst so zu verletzen, wie es geschehen war.
Jemand hatte ihn bewusstlos geschlagen, damit er ertrank.
Wer will mich töten? Warum soll es wie ein Unfall aussehen? Warum jagt man mir nicht einfach eine Kugel in den Kopf?
Mark sank erschöpft auf die Couch. Als er seine Hände betrachtete, stellte er fest, dass sie zitterten.
9. Kapitel
Katherine hatte nach dem Gespräch mit Reuben ihre tägliche Routine aufgenommen, aber die heftige Reaktion ihres Mentors hielt sie davon ab, sich auf den Papierkram zu konzentrieren.
Ihre Gedanken schweiften ständig ab. Sie fragte sich, was sie jetzt noch tun konnte. Die Polizei einzuschalten, kam nicht in Frage, erst musste sie mehr Informationen sammeln. Nachdem sie von Kegel nichts erfahren hatte, blieb ihr eigentlich nur noch Dr. Milan Petrovic. Katherine zögerte, ihn anzurufen. Petrovic würde ebenso wie Professor Kegel reagieren. Mediziner, insbesondere Chirurgen, waren oft von sich selbst eingenommen; jede Frage nach Todesfällen wurde als unausgesprochene Kritik empfunden. Nein, Petrovic anzurufen, würde nur neuen Ärger heraufbeschwören.
Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass sie möglicherweise am falschen Ort suchte. Sie hatte sich darauf konzentriert, herauszufinden, ob es an anderen Kliniken ähnlich mysteriöse Todesfälle gegeben hatte, aber was war mit ihrem eigenen Klinikum? Elf verstorbene Patienten in fünf Jahren war nicht viel, die Todesrate lag unter dem Schnitt, dennoch konnte es nicht schaden nachzuforschen.
Katherine rollte mit ihrem Bürostuhl zum Monitor hinüber. Aufregung hatte sie erfasst. Mit fliegenden Fingern tippte sie ihr Passwort ein. Sämtliche Patientendaten waren nach Alphabet und nach Datum sortiert, aber es gab die Möglichkeit, über die Suchfunktion die Auswahl einzuschränken. Schließlich erschienen die Krankenhausunterlagen der elf verstorbenen Patienten auf ihrem Bildschirm.
Mit dem Finger auf dem Monitor überprüfte Katherine zuerst, für welche Organtransplantation die Patienten vorgesehen gewesen waren. Fünf Herz-, drei Nieren-, eine Bauchspeicheldrüsen- und zwei Lebertransplantationen. Dass die Toten nicht durchwegs Herzkranke waren, beruhigte Katherine ein wenig. Vielleicht sah sie doch Gespenster und der Tod von Manfred Weber und Michelle Saranger war ein tragischer Zufall gewesen.
Doch als Katherine nach den Todesursachen der elf Verstorbenen forschte, wurde sie nicht fündig. In den Unterlagen war nur der Zeitpunkt ihres Todes, nicht aber die Todesursache aufgeführt. Sie wusste, dass
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