Die leise Stimme des Todes (German Edition)
Manfred Weber beide als Herzempfänger vorgesehen waren, erschien es Katherine logisch, sich an Kliniken zu wenden, die auf die Transplantation dieses Organs spezialisiert waren. Auf diesem Gebiet waren das Deutsche Herzzentrum in Berlin und die Chirurgische Universitätsklinik in Hannover die führenden Kliniken.
Katherine durchforschte ihr Gedächtnis, ob sie an einer der Kliniken einen Kollegen kannte. Ihr fielen zwei Namen ein - Professor Bernhard Kegel in Berlin und Dr. Dr. Milan Petrovic in Hannover. Beide waren Herzspezialisten und allgemein anerkannt auf ihrem Gebiet.
Professor Kegel hatte auf der Medizinertagung in Stuttgart ein Referat über neue Operationsmethoden gehalten, die derzeit in den USA entwickelt wurden. Milan Petrovic hatte sie während eines Kongresses in Essen kennen gelernt.
Katherine entschloss sich, zuerst Kegel anzurufen. Sie suchte seine Nummer aus dem Ärzteverzeichnis heraus und wählte. Nach wenigen Augenblicken meldete sich eine weibliche Stimme, der man anhörte, dass sie zu einer jungen Frau gehörte.
„Guten Tag, mein Name ist Dr. Katherine Tallet vom Universitätsklinikum München. Ich würde gern Professor Kegel sprechen.“
„Der Professor führt gerade ein Gespräch auf der anderen Leitung. Kann ich Ihnen weiterhelfen?“
„Nein, leider nicht.“
„Möchten Sie warten?“
„Ja.“
Die nächsten Minuten lauschte Katherine einer eintönigen Melodie, die ihr das Warten angenehmer machen sollte, aber ihr nur auf die Nerven ging. Endlich war Kegel am Apparat.
„Professor Kegel. Was kann ich für Sie tun?“ Er sprach mit einem tiefen Bariton, der gut zu einem Opernsänger gepasst hätte.
„Mein Name ist Katherine Tallet. Ich bin Ärztin am Universitätsklinikum in München und ebenso wie sie auf Herztransplantation spezialisiert.“
„Ach ja? Tallet, sagen Sie. Müsste ich Sie kennen? Haben Sie etwas veröffentlicht?“
Was soll das denn?, dachte Katherine, beantwortete aber bereitwillig die Frage.
„Ja, eine Verträglichkeitsstudie über Immunsuppressiva. Im Mittelpunkt der Studie stand der Wirkstoff Tacrolismus, wie es zum Beispiel in Prograf eingesetzt wird, aber ebenso die Medikamente Cyclosporin, Corticosteroide, Azathioprin, Tacrolismus und Cyclophamid wurden darin behandelt.“
„Ich denke, ich habe den Artikel gelesen, bin mir aber im Moment nicht sicher. Ich hoffe, Sie sehen mir das nach. Aber zurück zu Ihrem Anruf. Haben Sie ein medizinisches Problem?“
„Nein, das eigentlich nicht.“
„Was ist es dann?“
„Ich arbeite seit fünf Jahren am Klinikum München. In dieser Zeit sind elf Patienten gestorben, bevor sie die lebensnotwendige Transplantation erhalten konnten. Jetzt haben wir zwei Todesfälle innerhalb einer Woche und die Todesursachen sind gelinde gesagt - merkwürdig.“
„Was meinen Sie mit ‚merkwürdig’?“
„Ein Patient beging Selbstmord, ein anderer starb bei einem Unfall mit Fahrerflucht.“
„Und?“
„Zufälle gibt es immer wieder, aber es erscheint mir doch ausgesprochen seltsam. Ich kannte beide Organempfänger gut, und besonders der Selbstmord gibt mir Rätsel auf. Ich habe mit der Witwe des Verstorbenen gesprochen. Sie hat mir erzählt, dass ihr Mann noch am Abend zuvor Zukunftspläne geschmiedet hat.“
„Was wollen Sie mir damit sagen?“ Der Ton seiner Frage gefiel Katherine nicht.
„Ich habe den Verdacht, dass bei ihrem Tod nicht alles mit rechten Dingen zuging.“
Jetzt war es raus . Katherine ließ die zurückgehaltene Luft in einem Atemzug entweichen.
„Haben Sie schon mit der Polizei geredet?“
„Nein. Ich wollte mich erst informieren, ob es an anderen Kliniken ebenfalls ungewöhnliche Todesfälle gab.“
Eine Weile war nichts zu hören. Als Kegel sprach, klang seine Stimme schneidend.
„Sie möchten also, dass ich Ihnen sage, ob und wie viele Patienten an dieser Klinik verstorben sind, bevor Ihnen ein neues Organ transplantiert werden konnte?“
„Ja“, antwortete Katherine zögerlich. „Ich dachte ...“
„Nein! Sie denken nicht!“, unterbrach Kegel unwirsch. „Sie verlangen von mir die Herausgabe sensibler medizinischer Daten, obwohl Sie als Ärztin wissen müssten, dass das unmöglich ist! Sind Sie noch bei Trost?“
Katherine wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie hatte mit Misstrauen, Vorsicht und Bedenken gerechnet, aber dieser emotionale Ausbruch machte sie sprachlos.
„Sie werden von mir hören!“
Dann war die Verbindung unterbrochen.
„Bist du
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