Die Lennox-Falle - Roman
wieder freigegeben werden! Es ist unerträglich, daß Sie unter Verdacht stehen.«
»Noch nicht, alter Freund. Denken Sie an Istanbul. Wir spielen dieses Spiel nicht zum ersten Mal.«
Moreau legte den Hörer auf, lehnte sich wieder in seinen Sessel zurück und blickte zur Decke. Seine Gedanken hüpften von einem Stückchen Information zum nächsten. Er befand sich jetzt in der Zielgeraden des Rennens. Die Risiken, die er einging, waren gigantisch, aber er konnte nicht aufhören. Rache, das war alles, worauf es ihm jetzt ankam.
18
D a Drew Lennox sich angeblich von dieser Welt verabschiedet hatte, war auch der zu seinem Schutz abgestellte Wagen des Deuxième Bureau abgezogen worden. Dafür hatte Witkowski angeordnet, daß die Fahrbereitschaft der Botschaft Sicherheitsmaßnahmen ergriff: Drei Mann in Acht-Stunden-Schichten und ein neutrales Fahrzeug, das rund um die Uhr für einen namentlich nicht benannten Offizier der Army und seine Begleiterin bereitzuhalten waren, im Augenblick in der Rue Madeleine. Der Colonel machte den für den Schutz des Offiziers eingeteilten Marines klar, falls sie den Offizier erkennen sollten, müsse seine Identität unter allen Umständen geheim bleiben. Sollte es irgendwelche Pannen geben, würde er persönlich dafür sorgen, daß man sie wieder nach Parris Island zurückschickte, wo sie ihre Laufbahn noch einmal von unten als Rekruten würden beginnen dürfen.
»Das brauchen Sie nicht zu sagen, Colonel«, sagte ein Marine-Sergeant. »Verzeihen Sie bitte, aber das ist beleidigend.«
»Dann bitte ich um Entschuldigung.«
»Das sollten Sie auch, Sir«, fügte ein Corporal hinzu. »Wir waren von Beijing bis Kuala Lumpur im Botschaftsdienst, und dort kommt es wirklich auf Sicherheit an, ich meine echte Sicherheit, nicht solche Kindereien wie hier in Europa.«
»Und damit hat er verdammt recht!« flüsterte ein zweiter Corporal und setzte dann etwas lauter hinzu: »Wir sind schließlich nicht die Army - Sir. Wir sind Marines.«
»Dann bitte ich wirklich um Entschuldigung, Leute. Verzeihen Sie einem alten Schlachtroß. Ich bin eben ein Fossil.«
»Wir wissen, wer Sie sind, Colonel«, sagte der Sergeant. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Sir.«
»Ich danke Ihnen.«
Als die drei sein Büro verließen, hörte Witkowski durch die halbgeschlossene Tür noch, wie einer der Corporals bemerkte: »Der hätte ein Marine werden sollen. Zum Teufel, ich würde diesem Hurensohn bis in ein Kanonenrohr folgen.«
Stanley Witkowski fand, daß das das höchste Lob war, das er in seiner ganzen bisherigen Laufbahn erhalten hatte. Aber jetzt mußte er seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuwenden, von denen Drew Lennox und Karin de Vries nicht die geringsten waren. Die Antineos hatten darauf bestanden, daß Lennox für den Augenblick in der Wohnung von Karin de Vries blieb und nicht zu ihrem ›sauberen‹ Haus zurückkehrte, da ja immerhin die Möglichkeit bestand, daß er noch beobachtet wurde.
Und Karin in der Botschaft zu lassen, kam einfach nicht in Frage. Als Angehörige der Abteilung D und R auf hoher Geheimhaltungsstufe mit Wohnsitz außerhalb der Botschaft war ihre Adresse ausschließlich in der Sicherheitsabteilung registriert und durfte auch nur auf persönliche Weisung des Colonel bekanntgegeben werden. Außerdem hatte ihm die Witwe de Vries früher einmal etwas gesagt, was ihn jetzt sehr erleichterte.
»Ich bin nicht arm, Colonel. Ich habe hier in Paris drei Autos, jedes in einer anderen Garage. Ich werde bei jedem Fahrzeugwechsel auch mein Aussehen verändern.«
»Das nimmt eine große Last von mir«, sagte Witkowski. »Wenn man bedenkt, welches Wissen Sie in Ihrem Kopf mit sich herumtragen, ist das verdammt clever.«
»Das war nicht meine Idee, Sir. General Raichert, der Oberbefehlshaber der NATO, hat das in Den Haag angeordnet. Die Amerikaner haben dort dafür bezahlt, aber da waren die Gegebenheiten anders. Hier erwarte ich es nicht.«
»Sie sind offenbar wirklich nicht arm.«
»Mir ist das wichtig, was ich tue, Colonel. Das Geld ist nicht von Belang.«
Das Gespräch hatte vor mehr als vier Monaten stattgefunden, und Witkowski hatte damals keine Ahnung gehabt, wie ernst die neue Mitarbeiterin ihre Aufgabe nahm. Jetzt hatte er keine Zweifel mehr. Das Telefon klingelte und riß ihn aus seinen Gedanken. »Ja?«
»Ich bin’s, Ihr wandernder Engel, Stanley«, sagte Drew. »Irgendwelche Neuigkeiten vom roten Haus?«
»Im Augenblick gibt es im Gasthof kein Zimmer für
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