Die Lennox-Falle - Roman
haben Sie getan?«
»Hören Sie mir zu, mein Sohn.« Lavolette leerte sein Cognacglas in zwei Schlucken, und sein Kopf fing wieder zu zittern an. »Meine Frau war Deutsche. Ich habe sie kennengelernt, als der Heilige Stuhl mir nach dem Krieg eine Gemeinde in Mannheim zuwies. Sie war verheiratet und hatte zwei Kinder und einen Mann, der sie mißhandelte, einen ehemaligen Offizier der Wehrmacht, der Chef einer Versicherungsgesellschaft war. Wir haben uns ineinander verliebt, die ganz große Liebe, und ich habe die Kirche verlassen, damit wir den Rest unseres Lebens zusammen sein konnten. Sie ließ sich vor einem Schweizer Gericht von ihrem Mann scheiden, aber er hat nach deutschem Recht die Kinder behalten … Sie wuchsen heran und haben selbst Kinder, und dann fingen deren Kinder wieder an, Kinder zu haben. Insgesamt tragen in den beiden Familien sechzehn das Blut meiner lieben Frau in ihren Adern, und sie hat sie alle genauso geliebt, wie ich sie lieben sollte.«
»Dann ist sie also mit ihnen in Verbindung geblieben?«
»Oh ja. Wir waren nach Frankreich gezogen, wo ich meine Geschäfte begann, wobei mir meine ehemaligen Kollegen sehr behilflich waren. Im Laufe der Jahre sind die Kinder häufig zu uns zu Besuch gekommen, sowohl hier in Paris, als auch im Sommer in unser Haus in Nizza. Sie sind mir genauso lieb geworden, wie meine eigenen.«
»Mich überrascht, daß ihr Vater überhaupt erlaubt, daß sie ihre Mutter besuchen«, sagte Drew.
»Ich glaube, das war ihm egal, mit Ausnahme der Kosten, und die habe ich gerne getragen. Er hat wieder geheiratet und hatte mit seiner zweiten Frau drei weitere Kinder. Die beiden
ersten Kinder, die meiner Frau, waren ihm eher eine Last, glaube ich, weil sie ihn an einen unangenehmen Priester erinnerten, der sein Gelübde gebrochen und das Leben eines deutschen Geschäftsmannes in Unordnung gebracht hatte. Das Leben eines Offiziers der Wehrmacht … fangen Sie jetzt an, zu begrerifen?«
»Mein Gott«, flüsterte Lennox. »Ein Tauschgeschäft. Er ist immer noch ein Nazi.«
»Genau, nur daß er heute keinen Faktor mehr darstellt, weil er nämlich vor einigen Jahren gestorben ist. Aber er hat ein Vermächtnis hinterlassen, das die Bewegung mit Freuden akzeptiert hat.«
»Seine eigenen Kinder und deren Kinder, das perfekte Werkzeug, um einen ehemaligen Priester zu erpressen, der einmal hohes Ansehen genoß und immer noch das Vertrauen der französischen Abwehr genießt. Ein Tauschgeschäft.«
»Ihr Leben, Mr. Lennox, gegen das Leben von sechzehn unschuldigen Männern, Frauen und Kindern, Figuren in einem tödlichen Spiel, von dem sie gar nichts wissen. Was hätten Sie an meiner Stelle getan?«
»Wahrscheinlich das, was Sie getan haben«, räumte Drew ein. »Aber jetzt sagen Sie mir, was haben Sie getan? Mit wem haben Sie Kontakt aufgenommen?«
»Sie könnten alle getötet werden, das verstehen Sie doch.«
»Nicht, wenn man es richtig anstellt, und ich werde mein Bestes tun, um es richtig anzustellen. Niemand weiß, daß ich hierher gekommen bin, das spricht für uns. Sagen Sie es mir!«
»Es gibt da einen Mann. Ich sage das höchst ungern, aber er ist ebenfalls Priester, allerdings nicht aus meiner Kirche. Ein protestantischer Pfarrer, noch ziemlich jung, Ende Dreißig oder Anfang Vierzig würde ich sagen. Er ist ihr Anführer hier in Paris, der Hauptkontakt zur Nazihierarchie in Bonn und Berlin. Er heißt Wilhelm König und ist in Neuilly-sur-Seine tätig, wo die einzige protestantische Kirche im ganzen Bezirk steht.«
»Haben Sie ihn persönlich kennengelernt?«
»Nein. Wenn Papiere überbracht werden müssen, schicke ich ein Gemeindemitglied unserer christlichen Allianz. Ich habe ein
paar von Ihnen befragt und mir sein ungefähres Alter und sein Aussehen beschreiben lassen.«
»Wie sieht er aus?«
»Er ist recht klein und ausgesprochen athletisch gebaut, muskulös. Er hat im Kellergeschoß seiner Kirche einen Fitneßraum mit verschiedenen Trainingsmaschinen, Hanteln und dergleichen und empfängt die Boten dort. Er sitzt dann immer auf einem seiner Trainingsfahrräder, offenbar, um über seine geringe Größe hinwegzutäuschen.«
»Das nehmen Sie an.«
»Ich war für die französische Abwehr tätig, Monsieur, aber um das in Erfahrung zu bringen, hätte ich meine Ausbildung nicht gebraucht. Ich habe einmal einen Zwölfjährigen zu ihm geschickt, um ihm ein Päckchen zu bringen, und König war so aufgeregt, daß er von seinem Apparat stieg, und der Junge hat dann zu
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