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Die Lennox-Falle - Roman

Die Lennox-Falle - Roman

Titel: Die Lennox-Falle - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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sagt, der Herrgott wird mich verdammen und ewig ins Höllenfeuer schicken, wenn ich je wiederhole, was er gesagt hat.«
    »Warum sagen Sie es dann jetzt mir?«
    »Warum?« Phyllis Cranston nahm einen langen Schluck aus ihrem Becher. »Weil meine Freunde hier im Haus mir erklärt haben, daß ich blöd bin. Ich bin eine anständige Frau, Mister - und ich habe ein Problem, das sich auf diese paar Straßen hier beschränkt. Gehn Sie also zur Hölle.«
    »Und was ist das für ein Problem, abgesehen von dem, was jeder sehen kann, Phyllis?«
    »Die Frage werde ich Ihnen beantworten, Monsieur Américain «, sagte die alte Frau. »Dieses Kind französischer Eltern hat bei der großen Überschwemmung im Mittleren Westen in Amerika im Jahre 1991 ihren Mann und ihre drei Kinder verloren. Der Fluß hat ihr Haus mitgerissen und alles zerstört. Nur sie alleine hat überlebt und sich an einen Felsblock festgeklammert,
bis man sie gerettet hat. Warum glauben Sie wohl, daß sie sich hier um die Kinder kümmert, wann immer sie Gelegenheit dazu hat?«
    »Ich muß ihr noch eine Frage stellen, wirklich die einzige Frage, auf die es ankommt.«
    »Und was wollen Sie wissen, Mr. Lennox - so heißen Sie doch, nicht wahr?« sagte Phyllis Cranston und richtete sich auf, jetzt sichtlich eher erschöpft als betrunken.
    »Nachdem Neumann Ihnen gesagt hat, wer ich bin - wem haben Sie es dann gesagt?«
    »Ich versuche mich zu erinnern … Ja, da war ich ziemlich verkatert und habe es Bobby Durbane in der Fernmeldezentrale gesagt und dann noch einer Stenotypistin vom Schreibdienst, die ich kaum kenne, nicht mal ihren Namen weiß ich.«
    »Vielen Dank«, sagte Lennox. »Und gute Nacht, Phyllis.«
     
    Drew war verwirrt, als er die Stufen zur Rue Pavée hinunterging. Er hatte keine Ahnung, wer die Stenotypistin aus dem Schreibbüro der Botschaft sein könnte. Robert Durbane hingegen war ein Schock. Bobby Durbane, der graue Fuchs der Fernmeldezentrale, der noch vor wenigen Tagen Drew in seinen geheimnisvollen Rastern in den Bann gezogen und Botschaftsfahrzeuge ausgeschickt hatte, um ihn vor einem Attentat der Neonazis zu schützen? Es entzog sich jedem Verständnis. Durbane war ein Stiller im Lande, ein Asket, ein Intellektueller, der über seinen Kreuzworträtseln brütete und seinen Leuten gegenüber so großzügig war, daß er häufig die ungeliebte Schicht von Mitternacht bis zur Morgendämmerung übernahm.
    Oder gab es vielleicht noch einen anderen Robert Durbane, einen viel geheimnisvolleren? Einen Mann, der bewußt die einsamen Stunden vor der Morgendämmerung auswählte, um seine eigenen Nachrichten durch den Äther schicken zu können? Und warum waren die gepanzerten Botschaftsfahrzeuge mit ihrer ganzen Feuerkraft erst knapp eine Minute nach der Nazilimousine erschienen, nachdem diese bereits das Feuer eröffnet und einen Neonazi namens C-Zwölf getötet hatten?
Hatte Bobby Durbane das ganze Blutbad überhaupt erst möglich gemacht, indem er die Nazis vorher verständigt hatte? Diese Fragen wollten beantwortet werden; gleichzeitig mußte er aber auch die unbekannte Stenotypistin ausfindig machen. Doch beides hatte Zeit bis zum nächsten Tag; jetzt war die Zeit für Pater Neumanns Berater Antoine Lavolette gekommen, Priester im Ruhestand und ehemaliger Chiffreur für den Geheimdienst.
    Die Adresse war leicht im Telefonbuch zu finden. Zwei Straßen weiter fand Lennox ein freies Taxi. Es war kurz vor eins, die richtige Zeit, entschied er, den alten Priester zur Rede zu stellen.
    Das Haus am Quai de Grenelle war ein ansehnlicher weißer Steinbau mit frisch gestrichenen grünen Balken, der an ein Mondrian-Gemälde erinnerte. Der Eigentümer mußte auch ein Mann von einigem Ansehen sein oder zumindest ein ansehnliches Einkommen beziehen, denn die ganze Umgebung strahlte ähnlichen Wohlstand wie die Avenue Montaigne aus; das war keine Gegend für einigermaßen wohlhabende Leute, sondern für reiche. Der ehemalige Priester hatte es also in der materiellen Welt offenbar weit gebracht.
    Drew ging die kurze Treppe zu der grünlackierten Tür hinauf, deren Messingbeschläge im Schein der Straßenlaternen glänzten. Er klingelte und wartete; es war jetzt sechsundzwanzig Minuten nach eins. Um ein Uhr neunundzwanzig wurde die Tür von einer Frau in einem Bademantel geöffnet; sie war etwa Ende Dreißig und wirkte etwas verstört, ihr braunes Haar war vom Schlaf zerdrückt.
    »Mein Gott, was wollen Sie um diese Uhrzeit?« fragte sie. »Im Haus schlafen

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