Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lennox-Falle - Roman

Die Lennox-Falle - Roman

Titel: Die Lennox-Falle - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
mir gesagt: ›Ich glaube, er ist kleiner als ich, Hochwürden, aber, mein Gott, er besteht aus lauter Muskeln.‹«
    »Dann sollte er nicht schwer auszumachen sein«, sagte Lennox, leerte sein Glas und stand auf. »Hat König einen Codenamen?«
    »Ja, und den kennen höchstens fünf Leute in ganz Frankreich. Er lautet Herakles, ein Sohn des Zeus in der griechischen Mythologie.«
    »Vielen Dank, Monsieur Lavolette. Ich werde mir alle Mühe geben, die Familie Ihrer Frau in Deutschland zu schützen.«
    »Gehen Sie mit Gott, mein Sohn. Hugo wird Ihnen Ihre Waffe zurückgeben und Sie hinausbringen.«
    »Ich hätte noch einen letzten Wunsch.«
    »Und der wäre?«
    »Ein Stück Schnur oder Draht, drei Meter sollten genügen.«
    »Wofür?«
    »Das weiß ich noch nicht genau. Ich glaube bloß, daß ich es dabeihaben sollte.«
    »Ihr Leute vom Außendienst wart schon immer recht verschlossen. Hugo wird Ihnen geben, was Sie brauchen. Er soll in der Kammer nachsehen.«

     
    Drew erreichte die protestantische Pfarrei in Neuilly-sur-Seine um zehn Minuten nach drei Uhr. Er schickte das Taxi weg und ging auf die Kirche zu, die ein kurzer Säulengang mit einem Pfarrhaus verband. Beide Gebäude lagen in völliger Dunkelheit, aber der klare Nachthimmel, den ein heller Pariser Mond erleuchtete, ließ die Konturen der beiden Gebäude deutlich hervortreten. Lennox verbrachte beinahe zwanzig Minuten damit, sich mit dem Areal vertraut zu machen und jedes Fenster und jede Tür im Erdgeschoß zu studieren. Er konzentrierte sich dabei besonders auf den Wohnbereich des Pfarrhauses, wo der Naziführer lebte. In die Kirche einzubrechen, wäre ein Leichtes gewesen. Ganz anders sah es hingegen um das Pfarrgebäude aus: Man konnte dort überall an den Fenstern Sensoren und Metallstreifen erkennen. Wenn er den Alarm auslöste, würde das dem Nazi vielleicht einen Schock versetzen, ihn aber zugleich warnen, und das konnte nicht in Drews Interesse liegen. Da er Adresse und Telefonnummer der Pfarrei besaß, zog er das Handy, das Witkowski ihm gegeben hatte, und sein Notizbuch heraus, überlegte sich, was er sagen wollte und wählte dann die Nummer.
    » Allô, allô! « sagte eine hohe Männerstimme beim zweiten Klingeln.
    »Ich werde Englisch sprechen, weil ich ein Sonnenkind bin und in Amerika aufgewachsen -«
    »Was?«
    »Ich bin wegen einer Konferenz in Berlin herübergeflogen und habe Anweisung erhalten vor meiner Rückkehr nach New York mit Herakles Kontakt aufzunehmen. Mein Flug hat sich wetterbedingt verspätet, sonst hätte ich Sie schon vor einigen Stunden angerufen, und meine Maschine in die Staaten fliegt in drei Stunden. Wir müssen uns treffen. Jetzt.«
    »Berlin … Herakles …? Wer sind Sie?«
    »Ich wiederhole mich nicht gerne. Ich bin ein Sonnenkind, der Führer der Sonnenkinder in Amerika, und ich habe Informationen, die Sie erhalten sollen.«
    »Wo sind Sie?«
    »Zehn Meter von Ihrer Haustür entfernt.«
    »Mein Gott! Davon habe ich nichts gehört!«

    »Dafür war keine Zeit; es war nicht möglich, die üblichen Kanäle zu benutzen, weil Sie kompromittiert sind.«
    »Das kann ich nicht glauben!«
    »Glauben Sie es, oder ich rufe jetzt sofort Berlin oder sogar Bonn an, und dann wird man ohne Zweifel neue Anweisungen ausgeben und Herakles von seinem Posten entfernen. Kommen Sie jetzt innerhalb von dreißig Sekunden zu mir herunter, oder ich rufe Berlin an.«
    »Nein! Warten Sie! Ich komme!«
    Ehe eine Minute vergangen war, flammten die Lichter im oberen Stockwerk auf und gleich darauf auch die im Erdgeschoß. Dann ging die Haustür auf, und Pastor Wilhelm König trat in Pyjamas und mit einem blauen Schal um den Hals vor die Tür. Drew musterte ihn aus dem Halbdunkel. Er war tatsächlich sehr klein, hatte aber breite Schultern und dicke Beine, etwa einer Bulldogge zu vergleichen. Und so wie bei einer Bulldogge zeigte sein breites, verkniffenes Gesicht auch einen Ausdruck des Trotzes, als wolle er jeden Augenblick angreifen.
    Lennox trat aus dem Dunkel in den Lichtschein des Eingangs. »Bitte, kommen Sie her, Herakles. Wir werden uns im Freien unterhalten.«
    »Warum kommen Sie nicht herein? Es ist kühl; drinnen ist es viel bequemer.«
    »Ich habe Anweisung, mit Ihnen nicht im Pfarrgebäude zu sprechen; der Grund dafür liegt auf der Hand.«
    »Daß ich unser Gespräch aufzeichnen würde und mich selbst belasten?« rief König und trat ins Freie. »Sind Sie verrückt?«
    »Man könnte auch einen anderen, vernünftigeren Schluß

Weitere Kostenlose Bücher