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Die Lennox-Falle - Roman

Die Lennox-Falle - Roman

Titel: Die Lennox-Falle - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verlassen. Alle übrigen wurden unter strengster Geheimhaltung verhaftet und in Isolierzellen festgehalten. Keinerlei Erklärungen wurden abgegeben, keine Telefongespräche erlaubt. In den Fällen, wo es sich um Prominente handelte, ließ man den Familien im Namen ihrer jeweiligen Firmen oder Organisationen die Nachricht zukommen, die Betreffenden hätten plötzlich Dienstreisen antreten oder an längeren Konferenzen teilnehmen müssen.
    Nur Günter Jäger, der sich mit seinen Mitarbeitern in seinem bescheidenen Haus am Rheinufer aufhielt, erfuhr nichts von den Ereignissen der letzten einundzwanzig Stunden. Darauf hatten sich die vier Geheimdienste geeinigt, da keiner der festgenommenen Neonazis irgendwelche Einzelheiten über die Operation Wasserblitz liefern konnte. Ihre Versuche, in der Hoffnung auf bessere Behandlung und Milde »auszupacken«, waren so fadenscheinig, daß ihnen bald keiner mehr glaubte. Selbst Hans Traupmann, der einen hysterischen Anfall bekommen
hatte, als man ihm die Videoaufzeichnungen seiner sexuellen Experimente gezeigt hatte, hatte nichts an Bedeutung zu bieten.
    »Glauben Sie denn, daß ich Ihnen etwas verschweigen würde? Mein Gott, ich bin Chirurg, ich weiß, wann eine Operation mißlungen ist. Wir sind erledigt!«
    Nur Günter Jäger kannte die Antwort, und alle Verhaltenswissenschaftler, die die Bandaufzeichnung studiert hatten, waren sich darüber einig, daß er sich eher selbst töten als es ihnen sagen würde.
    »Sein Krankheitsbild zeigt typisch manisch-depressive Züge und Anzeichen einer kontrollierten Paranoia, und das bedeutet, daß er ständig sozusagen am Abgrund steht. Ein Stoß könnte ausreichen, ihn völlig in den Wahnsinn zu stürzen.«
    Karin de Vries pflichtete dem bei.
    Deshalb wurden sämtliche Kommunikationskanäle des neuen Führers überwacht: Telefon, Radiofrequenzen, Lieferungen - ja selbst an Brieftauben dachte man. Agenten mit den modernsten elektronischen Lauschgeräten saßen in den Büschen, den Bäumen und in den Überresten des ehemaligen Herrensitzes, und ihre elektronischen »Ohren« erfaßten jeden Winkel des Bootshauses am Fluß und des umliegenden Geländes. Alle warteten darauf, daß Jäger mit irgend jemandem Kontakt aufnahm und ihnen damit einen Hinweis auf die Operation Wasserblitz lieferte. Doch die Stunden schleppten sich dahin, ohne daß etwas geschah.
    In London, Paris und Washington befanden sich die Wasserwerke praktisch im Ausnahmezustand. Ganze Kompanien bewaffneter Soldaten patrouillierten über das Gelände; die zu den Reservoiren führenden Straßen wurden blockiert und der Verkehr großräumig umgeleitet. In den Wassertürmen von Washington besetzten Wachleute des Pioniercorps der Armee die Einsatz- und Sicherheitseinrichtungen; man hatte dazu eigens die erfahrensten Leute aus dem ganzen Land eingeflogen.
    »Kein Hurensohn von Nazi wird hier durchkommen«, sagte der Brigadegeneral, der den Befehl über das Reservoir von Dalecarlia hatte. »In London und Paris ist es genauso. Wir haben alle
Möglichkeiten durchgespielt. Dabei glaube ich allerdings, daß die Franzosen am Durchdrehen sind. Die haben in Hundert-Meter-Abständen Panzerfäuste und Flammenwerfer-Einheiten postiert, und dabei trinken die nicht einmal Wasser.«
    Da es keine Hinweise darauf gab, daß auch Bonn von der Operation Wasserblitz betroffen sein würde, stellte die Regierung ihre sämtlichen Hilfsmittel den Alliierten zur Verfügung, jetzt ihren Alliierten, denn niemand auf der ganzen Welt verabscheute die neuerwachte Nazibewegung mehr als die deutsche Regierung. Dennoch hatten ihre Mitglieder nicht viel aus der Geschichte gelernt oder ihre Wiederholung nicht für möglich gehalten. Während der dunkelsten Stunden der Nacht vor Wasserblitz waren nämlich Lkws angeblich mit Lieferungen für den Küchenbereich langsam und unauffällig auf die Parkplätze des Bundestages gerollt; in Wirklichkeit beförderten sie Tanks mit hochexplosivem Benzin und Pumpanlagen, die einen ganzen Fußballplatz hätten besprühen können. Es handelte sich dabei um ein Symbol, dem Günter Jäger nicht widerstehen konnte, ein persönliches Symbol, von dem nur seine ergebensten Jünger wußten, die den Auftrag durchführen sollten. Sie würden den Bundestag in Brand stecken, ihn bis auf die Grundmauern niederbrennen.
    » Reichstagsbrand Nummer zwei «, schrieb er in sein privates Tagebuch.
     
    »Es geschieht überhaupt nichts!« rief Karin in ihrer Suite im Hotel Königshof aus. In Bonn war es

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