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Die Lennox-Falle - Roman

Die Lennox-Falle - Roman

Titel: Die Lennox-Falle - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Situation ist es unerläßlich, daß man Sie nicht sieht - also passen Sie auf. Folgen Sie diesem alten Plattenweg, bis Sie
die Überreste eines ausgebrannten Gartenhäuschens erreichen, wo man für Jäger einer Krocketplatz gebaut hat. Auf der gegenüberliegenden Seite steht eine weit ausladende Fichte; einer meiner Männer sitzt in etwa fünf Meter Höhe auf diesem Baum und beobachtet die Bootshütte. Er hat eine Taschenlampe, die er mit der Hand abdecken wird: zwei Lichtblitze bedeuten, daß ein Wachmann unterwegs ist, drei, daß alles klar ist. Wenn Sie die Lampe dreimal aufblitzen sehen, dann laufen Sie quer über den Krocketplatz bis sie einen weiteren Plattenweg erreichen, der in einem leichten Bogen nach links führt. Dann gehen Sie ein Stück und bleiben nach etwa vierzig Schritten stehen, wo die Krümmung am ausgeprägtesten ist. Sehen Sie nach rechts; dort ist ein weiterer meiner Männer im Gebüsch, wieder mit Taschenlampe. Er kann direkt auf eine Seitentür sehen, die am Ende des Weges liegt, Sie können sie also nicht verpassen.«
    »Eine Seitentür?« hatte Karin ihn gefragt und sich unter ihrem schwarzen Segeltuchhut den Regen aus dem Gesicht gewischt.
    »Jägers Wohnung«, antwortete der deutsche Geheimdienstmann. »Schlafzimmer, Bad, Büro und ein Anbau an der Nordmauer mit einer kleinen Hauskapelle mit eigenem Altar. Es heißt, daß er dort Stunden in Meditation verbringt. Die Seitentür ist sein privater Eingang, sie liegt dicht am Ufer; allen anderen ist streng verboten, sie zu benutzen. Die Haupteingangstür befindet sich am äußersten linken Ende, dort, wo ursprünglich der Eingang zu dem alten Bootshaus war, das ist die Tür, die die Wachen und auch etwaige Besucher benutzen.«
    »Mit anderen Worten, im Grunde genommen ist er völlig von den restlichen Mitgliedern des Haushalts isoliert, wenn er sich in seiner Wohnung befindet.«
    »Eindeutig. Direktor Moreau hat sich dafür besonders interessiert, als ich ihm das schilderte. Er hat mich angerufen, nachdem Sie mit ihm gesprochen hatten. Und dann haben wir uns gemeinsam überlegt, wie Sie mit dem geringsten Risiko operieren können.«
    »Was hat er Ihnen denn gesagt, wenn ich fragen darf?«
    »Daß Sie Günter Jäger vor Jahren gekannt haben und eine hervorragend ausgebildete Strategin seien, die vielleicht das erreichen würde, was andere nicht geschafft haben. Ich habe, wie
übrigens die meisten höheren Beamten in unserem Beruf, den höchsten Respekt vor Moreaus fachmännischem Urteil. Er erwähnte auch, Sie wären bewaffnet und durchaus imstande, sich selbst zu schützen.«
    »Ich hoffe, daß er recht hat«, sagte Karin leise.
    »Oh?« Der deutsche Geheimdienstmann starrte Karin an. »Ihre Vorgesetzten sind natürlich mit Ihrem Vorgehen einverstanden?«
    »Selbstverständlich. Hätte Moreau Sie sonst meinetwegen angerufen, wenn er mein Vorgehen nicht billigen würde?«
    »Nein, das hätte er nicht … Ihr Regenmantel wird bald völlig durchnäßt sein. Ich kann Ihnen keinen neuen anbieten, aber ich habe einen zusätzlichen Regenschirm. Den können Sie gerne nehmen.«
    »Vielen Dank, sehr liebenswürdig. Stehen Sie mit Ihren Leuten über Funk in Verbindung?«
    »Ja, das ist richtig, aber ich kann Ihnen leider kein Gerät mitgeben. Das Risiko ist zu groß.«
    »Ich verstehe. Sagen Sie denen einfach, daß ich unterwegs bin.«
    »Viel Glück, und seien Sie sehr, sehr vorsichtig, Madame. Vergessen Sie nicht, wir können Sie zur Tür bringen, aber sonst können wir nichts für Sie tun.«
    »Ja, ich weiß Bescheid.« Karin spannte ihren Schirm auf und trat in den sintflutartigen Regen hinaus. Immer wieder gezwungen, sich den Regen aus dem Gesicht zu wischen, erreichte sie die ausgebrannten Überreste des früher einmal eleganten Gartenhäuschens, das an eine Kriegsfotografie erinnerte, die die Lektion illustrierte, der Krieg sei ein großer Gleichmacher, der die Reichen wie die Armen treffe. Dahinter, wie als gewollter Kontrast zu dieser Lektion, lag ein perfekt gepflegter Krocketplatz mit manikürtem Rasen, intakten Toren und frisch lackierten Zielpfosten.
    Sie blickte auf, spähte unter der Krempe ihres Regenhuts hervor und studierte die beiderseits von weniger imposanten Bäumen gesäumte mächtige Fichte. Plötzlich sah sie die zwei kaum sichtbaren Lichtblitze. Zwei waren es! Es war also eine Wache unterwegs. Karin ließ sich ins Gras sinken und spähte in die Finsternis,
wartete auf das nächste Signal, das nicht lange auf sich warten ließ:

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