Die Lennox-Falle - Roman
mir, den ich nicht verleugnen kann und den Adolf Hitler nie besaß. Besonders Frauen lassen sich von meinem Aussehen beeindrucken.«
»Ich glaube gern, daß andere davon beeindruckt sind. Ich war es … und bin es immer noch.«
»Wann kam euch der Verdacht, daß Günter Jäger der neue Anführer der Neonazis ist?«
»Als eines der Sonnenkinder im Verhör zusammenbrach. Wahrscheinlich unter Drogeneinfluß, nehme ich wenigstens an.«
»Das kann nicht sein, ich habe mich nie einem von ihnen offenbart!«
»Anscheinend doch, ob es dir nun bewußt war oder nicht. Du sagtest doch, du hättest Zusammenkünfte abgehalten, Reden -«
»Daran durfte nur der innerste Kreis teilnehmen! Die restlichen Reden waren Aufzeichnungen.«
»Dann hat dich jemand verraten … Freddie. Ich hörte etwas von einem katholischen Priester, der zur Beichte ging und das Gewissen seines Beichtvaters strapaziert hat.«
»Mein Gott, dieser senile Idiot Paltz. Ich habe immer wieder gesagt, man solle ihn ausschließen, aber nein, Traupmann behauptete immer, er habe viele Anhänger in der Arbeiterklasse. Ich werde ihn erschießen lassen.«
Karin atmete innerlich auf. Paltz gehörte zu denen, die man auf dem Videoband identifiziert hatte. Sie wartete, bis Freddie sich wieder beruhigt hatte.
»Freddie, dieser Paltz, wer immer er ist, dieser Priester hat gesagt, London, Paris und Washington würde etwas Schreckliches widerfahren. Katastrophen von solchem Ausmaß, daß Hunderttausende dabei getötet werden. Stimmt das … Freddie?«
Das Schweigen Jägers war suggestiv und wurde vom Prasseln des Regens noch verstärkt. Schließlich sprach er, und seine Stimme klang angespannt und schroff, wie die zum Zerreißen gespannten Saiten eines Cellos.
»Deshalb bist du also hier, du Schlampe. Die haben dich hierher geschickt, um zu erfahren, worum es sich bei unserer Schockwelle handelt.«
»Ich bin aus freien Stücken gekommen. Die wissen nicht, daß ich hier bin.«
»Das ist möglich, du warst schließlich nie eine gute Lügnerin. Aber was für eine reizende Ironie. Ich sagte vorher schon, daß nichts uns aufhalten könnte, und das entspricht auch der Wahrheit. Du mußt wissen, wie alle großen Führer delegiere ich Verantwortung, besonders in den Bereichen, wo mir die Erfahrung fehlt. Man legt mir Pläne und Strategien in groben Zügen vor, insbesondere die letzten Ergebnisse, aber nicht die technischen Details, nicht einmal die Namen derjenigen, die damit befaßt sind. Und wenn ich die wirklich haben wollte, wüßte ich nicht, wen ich ansprechen müßte.«
»Frederik, es gibt eine Videoaufzeichnung von eurer Zusammenkunft gestern nacht. Alle dort Anwesenden sind verhaftet worden und befinden sich jetzt in Isolierhaft! Es ist vorbei, Freddie! Um Himmels willen, du mußt Wasserblitz abblasen!«
»Wasser … blitz? Mein Gott, du sagst die Wahrheit. Ich höre das an deiner Stimme, sehe es dir an den Augen an.« Günter Jäger erhob sich von dem Betschemel. Sein Gesicht und sein Körper erinnerten jetzt an eine Siegfriedsgestalt im Lichtkegel eines
Bühnenscheinwerfers. »Trotzdem, du Miststück, das ändert überhaupt nichts, weil niemand Wasserblitz aufhalten kann. In weniger als einer Stunde werde ich mich an Bord einer Düsenmaschine befinden und in ein Land fliegen, das meiner Arbeit Beifall spendet, unserer Arbeit, und werde zusehen, wie meine Jünger in der ganzen westlichen Welt Machtpositionen einnehmen.«
»Damit wirst du nie durchkommen!«
»Jetzt bist du naiv, liebe Frau«, sagte Jäger und trat vor den Altar und drückte einen Knopf unter dem goldenen Kruzifix. Ein Stück im Fußboden tat sich auf und gab den Blick auf die schäumenden Wellen des Rheins darunter frei. »Dort unten wartet ein Zwei-Mann-U-Boot, ein Geschenk einer Werft, deren Vorstandsvorsitzender einer der unseren ist. Es wird mich nach Königswinter bringen, wo mein Flugzeug auf mich wartet. Und dann wird eine neue Epoche beginnen.«
»Und ich?«
»Hast du eine Ahnung, wie lange es her ist, seit ich zuletzt eine Frau gehabt habe?« sagte Jäger leise im Schein der Altarbeleuchtung. »Wieviele Jahre ich die Kutte strenger mönchischer Disziplin getragen habe, weil ich ein Vorbild sein mußte?«
»Das muß für dich unerträglich gewesen sein«, sagte Karin, deren Blick durch den halbdunklen Raum schweifte. »Aber kommen wir doch zu mir zurück, Frederik. Was geschieht mit mir? Wirst du mich töten?«
»Das würde ich lieber nicht, denn du bist immer noch meine Frau,
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