Die Lennox-Falle - Roman
da, ein richtiger deutscher Stier, und ein Rüpel obendrein.« Plötzlich erschrak die Frau und ihr Atem stockte, als Lennox den Mann, den sie Heinemann genannt hatte, ins Mondlicht zog; sie sah jetzt das viele Blut an seinem Kopf. Drew ließ die Füße des Toten fallen und riß die kleine Beretta heraus.
»Ein Ton, und ich muß Sie töten«, sagte er in englischer Sprache. »Können Sie mich verstehen?«
»Ja, ich habe verstanden«, antwortete die Frau in fast akzentfreiem Englisch. Der Schrecken schien sie schlagartig ernüchtert zu haben.
Plötzlich tauchten die beiden Fremdenlegionäre auf, und Nummer Zwei zog die Leiche wortlos an die Mauer und leerte ihr die Taschen aus, während Nummer Eins hinter die Frau trat und sie zu der Badehütte führte. Lennox folgte ihnen und stellte überrascht fest, daß die Leichen der beiden Posten nicht mehr zu sehen waren. »Was ist mit …?«
»Unsere beiden hatten eine dringende Verabredung«, erwiderte Witkowski. »Sie sind weggeflogen.«
»Verdammt gute Arbeit, Cons-Op«, sagte Captain Dietz, der neben seiner Gefangenen auf einem gestreiften Liegestuhl saß. »Eigentlich recht gemütlich hier drinnen, nicht wahr?« fügte er hinzu, als Nummer Zwei wieder hereinkam.
Die beiden Frauen starrten einander an. » Adrienne ?« sagte Lennox’ Gefangene.
» Allô, Elyse «, erwiderte Dietz’ Beute niedergeschlagen. »Wir sind finis, n’est-ce pas? «
»Sie sind Nazi-Huren!« stieß Nummer Eins voller Verachtung hervor.
»Reden Sie keinen Blödsinn!« wehrte sich Elyse. »Wir arbeiten dort, wo das meiste Geld zu verdienen ist. Mit Politik haben wir nichts zu tun.«
»Wissen Sie, wer diese Leute sind?« sagte Nummer Zwei. »Diese Bestien! Mein Großvater ist im Kampf gegen sie gestorben!«
»Lang, lang ist’s her«, tat Elyse im durchscheinend weißen Kleid den Angriff kühl ab. »Jahrzehnte bevor ich zur Welt gekommen bin.«
»Dann haben Ihnen Ihre Eltern oder Ihre Großeltern also gar nichts erzählt?« sagte Nummer Eins empört. »Diese Faschisten haben Millionen hingeschlachtet. Und mich und meine ganze Familie würden sie sofort umbringen, wenn sie das könnten, einfach weil wir Juden sind!«
»Und wir kommen nur gelegentlich alle paar Monate auf ein, zwei Wochen hierher. Wir sprechen nie über solche Dinge. Außerdem reise ich viel in Europa herum, und die meisten Deutschen, die ich kennengelernt habe, sind sehr charmant und höflich.«
»Das sind sie ganz sicher«, sagte Witkowski. »Aber diese hier sind … aber wir verschwenden nur Zeit. Wir brauchen einen Mann, der hier arbeitet, und statt dessen haben wir zwei Frauen, die als Gäste hier sind. Nicht sehr vorteilhaft.«
»Ich weiß nicht, Colonel.« Drew packte den Arm seiner Gefangenen. »Elyse hat gesagt, sie und, wie ich annehme, ihre Freundin kommen alle paar Monate auf ein oder zwei Wochen zu Besuch hierher, das stimmt doch, Lady?«
»So ist es vereinbart, ja, Monsieur«, sagte die Frau und schüttelte Lennox’ Hand ab.
»Und was dann?« bohrte Drew nach.
»Dann werden wir ärztlich behandelt und gehen woanders hin. Ich weiß nichts; wir wissen nichts. Wir sind dafür da, den Männern hier die Zeit zu vertreiben, und ich kann nur darauf vertrauen, daß Sie nicht so geschmacklos sind, darüber Näheres wissen zu wollen.«
»Sie sollten auf gar nichts vertrauen, Lady. Diese Schweine haben meinen Bruder umgebracht, also ist mir nicht viel Vertrauen übriggeblieben.« Lennox packte die Frau erneut am Arm, nur daß er diesmal fester zupackte, wie ein Schraubstock. Die Pläne des Châteaus lagen auf einem Tischchen, das sie in aller Eile vom Rand des Pools hereingeholt hatten. Drew schob sie zu dem Tischchen, griff nach einer Taschenlampe und richtete ihren Lichtkegel auf die Pläne. »Sie und Ihre Freundin werden uns jetzt ganz genau sagen, was in jedem Raum ist, und ich rate Ihnen gut, lügen Sie uns nicht an … höchstens eine Minute von hier entfernt wartet an der Straße ein Einsatzteam der französischen Spionageabwehr darauf, die Tore zu sprengen, den Bau hier zu stürmen und alle auf dem Gelände Anwesenden in Gewahrsam zu nehmen. Ich rate Ihnen sehr, uns zu helfen. Dann leben Sie vielleicht lange genug, um einen Handel abzuschließen. Entendu? «
»Es ist alles eine Frage des Überlebens, nicht wahr«, sagte die Kurtisane im weißen Kleid, und ihre kalten verängstigten Augen suchten die Lennox’. »Komm, Adrienne, laß uns die Pläne studieren.« Das unschuldig wirkende Mädchen im
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