Die Lennox-Falle - Roman
versetzen. Der ermordete Drew Lennox hatte behauptet, die Nazis seien über Sting informiert, aber wann hatten sie es erfahren?
Zwei von acht total »weißen«, hundertprozentig überprüften und freigegebenen Spezialisten im empfindlichsten Computereinsatz waren Maulwürfe. Wie war das möglich? Oder war es das überhaupt? In ihren Personalakten war nichts zu finden, was auch nur den leisesten Hinweis lieferte … und dann erinnerte sich Talbot plötzlich an Ausschnitte aus Harry Lennox’ Befragung in London. Er zog eine Schublade auf und entnahm ihr die Niederschrift. Er fand die Seite.
F (MI-5): Es geht das Gerücht, die Nazis, die neuen Nazis, hätten von Anfang an gewußt, wer Sie sind.
HL: Das ist kein Gerücht, sondern darauf werden sie sich versteifen. Wie oft haben wir dasselbe gemacht, wenn wir
einen Maulwurf gefunden haben, der uns ausgeraubt hat und dann zurück zu Mütterchen Rußland geflohen ist. Natürlich haben wir dann verkündet, wie schlau wir doch sind und wie nutzlos die Informationen waren, die er uns gestohlen hat - auch wenn das nicht stimmte.
F (Deuxième): Wäre nicht vorstellbar, daß man Ihnen Falschinformationen zugespielt hat?
HL: Man hat mir vertraut bis zu meiner Flucht, ich galt als Mäzen, der ihrer Sache treu und fest ergeben ist. Warum sollten sie mir falsche Informationen zuspielen? Aber, um Ihre Frage zu beantworten, ja, natürlich ist es vorstellbar. Fehlinformationen, menschliche Fehler, Computerfehler, Wunschdenken, Phantasievorstellungen - alles ist möglich. Es ist Ihre Aufgabe, meine Erkenntnisse zu bestätigen oder abzulehnen. Ich habe Ihnen das Material gebracht, Ihre Aufgabe ist es jetzt, das Material auszuwerten.
Knox Talbot studierte die Aussagen des Agenten. Man konnte durchaus sagen, daß Harry Lennox sich die Tür weit offen gelassen hatte. Alles war verrückt, wimmelte von wahrscheinlichen Bestätigungen und möglichen Widersprüchen, mit Ausnahme der Existenz des sich in Deutschland ausbreitetenden Nazivirus. Der CIA-Direktor legte das Protokoll beiseite und starrte auf die acht Personalakten, die im Halbkreis auf seinem Schreibtisch ausgelegt waren. Er würde sich jede einzelne Akte noch einmal vornehmen und sich mit aller Konzentration Mühe geben, zwischen den Zeilen zu lesen, bis ihm die Augen tränten. Als sein Telefon klingelte, war er dankbar. Er drückte einen Knopf und die Stimme seiner Sekretärin ertönte.
»Mr. Sorenson auf Leitung drei, Sir.«
»Und wen haben Sie auf eins und zwei?«
»Zwei Journalisten vom Fernsehen. Beide möchten, daß Sie in ihren Talkshows auftreten und sich zu den Befragungen äußern, die das FBI derzeit vornimmt.«
»Ich bin zum Mittagessen, mindestens einen Monat lang.«
»Das war mir klar, Sir. Leitung drei, falls Sie nicht wollen, daß ich ihm dasselbe sage.«
»Nein, ich nehme das Gespräch … Hallo, Wes, bitte ärgern Sie mich jetzt nicht auch noch.«
»Lassen Sie uns zusammen essen gehen«, schlug Wesley Sorenson vor. »Wir müssen miteinander reden. Unter vier Augen.«
»Falls Sie es noch nicht bemerkt hatten, ich bin ein wenig auffällig, alter Junge. Es sei denn, Sie wollen in ein Restaurant in einem der dunkleren Viertel der Stadt gehen, wo Sie der Auffällige sind.«
»Dann machen wir es doch ganz anders und treffen uns im Rock Creek Park. Am Vogelhaus; dort gibt es einen Würstchenstand, den mir meine Enkelkinder gezeigt haben. Gar nicht schlecht übrigens, die haben Chili.«
»Wann?«
»Die Sache ist eilig. Schaffen Sie es in zwanzig Minuten?«
»Das werd ich wohl müssen.«
Das Geschrei von Kindern, die von Eltern und Parkwächtern nur mühsam im Zaum gehalten wurden, mischte sich in das Kreischen der Tausende von Vögeln hinter den Drahtgittern der riesigen Voliere im Zoo von Rock Creek Park. Überall wimmelte es von lärmenden Touristen, unter denen die wenigen Bewohner Washingtons kaum auffielen, die dem hektischen Getriebe der Hauptstadt entflohen waren, um in dem Park Ruhe zu finden. Wenn sie sich den Horden von Touristen gegenübersahen, ergriffen diese Einheimischen gewöhnlich schnell die Flucht und zogen die Stille lautloser Monumente diesem Lärm vor. Plötzlich stieß ein besonders unangenehmer Kondor mit einer Flügelspanne von wenigstens zweieinhalb Metern kreischend herunter und klammerte sich mit den Klauen an den Drähten des mächtigen Käfigs fest. Kinder und Erwachsene fuhren sofort zurück; die bösartig funkelnden Augen des mächtigen Vogels machten
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