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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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wäre sie ihm
wohl wert? Sein Haß richtet sich nicht nur gegen Renard. Auch Euch
würde er am nächsten Baum aufhängen.«
    Lässig zuckte
William die Achseln. »Ich bin Späher und Spurenleser, weiß schneller zu
verschwinden als ein Hirsch im Morgengrauen, und ich ließe mich nie
wieder diesseits der walisischen Grenze blicken. Wie sollte ich Renard
sonst in Sicherheit bringen?« Er klopfte auf Smotyns Hals, den ein
dicker Winterpelz überzog. »Und Ihr könntet Euch im Dunkel der Nacht
nie wieder sicher fühlen.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen,
berührte er mit der anderen Hand seinen Dolchgriff.
    Gewarnt,
aber keineswegs eingeschüchtert, erwiderte Olwen seinen Blick mit ihren
klaren Katzenaugen. »Ihr braucht mir nicht zu drohen.« Plötzlich
lächelte sie voller Selbstironie. »Für eine Leidenschaft, die noch
nicht so tot ist, wie ich's wünschte, und um Rache an Ranulf zu üben,
werde ich Eure Bitte erfüllen.«
    Renard maß
die Zeit an den wechselnden Farben des Fensterschlitzes hoch über
seinem Kopf. Manchmal versank er in unruhigem Schlaf, aber meistens
blieb er wach, im Bewußtsein der beißenden Kälte, der Schmerzen und
seiner Ohnmacht. Vor allem letztere spürte er viel zu intensiv. Er
hatte es noch niemals angenehm gefunden, einen Menschen sterben zu
sehen. Aber den eigenen Bruder zu beobachten, der neben ihm lag, mehr
tot als lebendig, und zudem noch von Gewissensbissen und hilflosem
Mitleid erfüllt zu werden â€“ das war die reine Hölle.
    Das
trübe Grau des Tages ging in eine frühe Abenddämmerung über und
schließlich in pechschwarze Nacht. Unheimlich pfiff der Wind durch die
ungeschützte Fensteröffnung, wehte den Geruch des Schneeregens und
eisige Kälte herein. Die Wachen hatten den Eimer geleert, den
Gefangenen Brot und Bier gebracht â€“ diesmal auch, mit sichtlichem
Widerstreben, ein paar Roßhaardecken.
    Harry fröstelte
und fieberte abwechselnd unter seiner eigenen und Renards Decke. Die
Peitschenstriemen an seinem Rücken waren mit Bier gesäubert worden,
weil es im Verlies kein Wasser gab, doch das hatte nichts genützt. Die
eiternden Wunden wollten nicht heilen, das Fieber stieg unaufhaltsam.
Ein anderer Ritter war bereits am Wundfieber gestorben und an diesem
Abend zusammen mit dem toten Knappen hinausgeschleift worden.
    Â»Morgen
geht's nach Gloucester«, seufzte Ingelram, dessen zertrümmerte
Kniescheibe wenigstens nicht eiterte. »Diese Reise wird er nicht
überleben, Renard. Seht ihn doch an! Ich bezweifle sogar, daß er diese
Nacht übersteht.«
    Â»Er war schon einmal sehr schwer verletzt und ist wieder genesen.«
    Verächtlich
winkte Ingelram ab. »Und wie soll er hier genesen â€“ bei dieser
Pflege? Seit dem Vormittag hat er nicht mehr gepinkelt, und ich spüre
von hier aus die Hitze, die er verströmt.« Als er Renards
durchdringenden Blick auffing, fügte er hartnäckig hinzu: »So ist es
nun mal, auch wenn Ihr's nicht wahrhaben wollt.«
    Voller
Mitgefühl schob Richard FitzUrse seinen taktlosen Kameraden beiseite.
Allmählich graute der Morgen, und Harry klammerte sich immer noch mit
letzter Kraft ans Leben, als der Türriegel zurückgeschoben wurde. Eine
ungeduldige, wütende Stimme herrschte die Wachtposten an.
    Â»Ist das auch echt?« fragte einer der Soldaten ungläubig.
    Pergament
raschelte, als würde jemand mit der Faust darauf schlagen. »Erkennt Ihr
das Siegel von Chester nicht? Sein wichtigster Gefangener soll am
frühen Morgen aus dem Verlies geholt werden, und der Graf wird Euch die
Hölle heiß machen, wenn ich nicht in einer halben Stunde mit diesem
Mann auf der Straße bin.«
    Nach einer kurzen Pause erklang ein kleinlautes Stammeln. »Wir â€“ wir haben keine Order, Mylord.«
    Â»Was
glaubt Ihr denn, was das da ist? Die Morgenration?« Sarkastisch fügte
die gebieterische Stimme hinzu: »Oder wollt Ihr vielleicht Graf Ranulfs
Schlaf stören und ihn persönlich fragen?«
    Â»N-nein,
Mylord.« Die knarrende Tür schwang langsam nach innen, und einige
Gefangene blinzelten ins plötzlich aufflammende Fackellicht. Andere
hoben die Hände vor die Augen, oder sie drehten sich stöhnend auf die
andere Seite.
    Ein Ritter in voller Rüstung trat ein.
Sein Helm bestand aus einem einzigen Stück Eisen, war also von der
teuersten Sorte. Die Stiefel,

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