Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
Vom Netzwerk:
erwartet Euch«, flüsterte sie. »Zumindest
nehme ich das an. Er sagte, ich sei nicht die einzige walisische Hure,
die er heute abend für erwiesene Dienste bezahlen müsse. Nos da fy arglwydd .« Und dann ließ sie ihn stehen. Er starrte ihr nach und wußte nicht, ob er ihr glauben oder sie ignorieren sollte.
    Als
sie den Hof betrat und in den windgepeitschten Schneeregen blinzelte,
erhob sich ein junger Mann in der unauffälligen Kleidung walisischer
Späher neben dem halb überdachten Lagerfeuer. Langsam, aber zielstrebig
schlenderte er zu ihr. Erst nachdem er ihren Arm ergriffen hatte,
erkannte sie Renards jüngsten Bruder wieder, von ihrem Aufenthalt in
Hawkfield her.
    Schon damals war er ihr hübscher als
Renard erschienen. Das vergangene Jahr hatte ihn reifen lassen und
seinen Zügen mehr Charakter verliehen. Die blaugrünen Augen erinnerten
an eine sommerliche Abenddämmerung, mit Goldstrahlen, sternenförmig um
die Pupillen angeordnet. Aber jetzt lag keine sommerliche Wärme in
diesem Blick, nur kalte Entschlossenheit. »Ich muß mit Euch reden«,
erklärte er ohne Umschweife und zog sie in einen Lagerschuppen, der als
Stall für einen Teil der Streitrösser benutzt wurde. Auch Williams
Schecke stand darin.
    Â»Warum?« fragte Olwen spöttisch. »Fühlt Ihr Euch einsam?«
    Â»So einsam nun auch wieder nicht«, erwiderte er in schneidendem Ton.
    Â»Und was wollt Ihr von mir?«
    Â»Helft Renard, ehe es zu spät ist â€“ bevor er nach Gloucester gebracht wird.«
    Verwundert
starrte sie ihn an. »Und wie soll ich ihm helfen? Indem ich Graf Ranulf
auf Knien anflehe und mit meinen Tränen sein eisenhartes Herz schmelze?
Ich fürchte, Ihr habt zu vielen Minnesängern zugehört. Laßt mich gehen,
oder ich schreie Chesters Wachen zusammen!«
    William
holte tief Luft und nahm die Hand von ihrem Arm, versperrte ihr aber
immer noch den Weg ins Freie. »Ihr habt Zugang zu seinem Schlafzimmer.«
    Â»Ah, ich verstehe. Ich soll ihn also im Schlaf ermorden, damit Renard in der allgemeinen Verwirrung fliehen kann?«
    Er
ignorierte ihren Sarkasmus, weil die Zeit drängte. »Bringt mir sein
Siegel. Ich werde ein Pergament vorbereiten, das die Anordnung enthält,
Renard freizulassen. Das Siegel wird diesem Schriftstück
Glaubwürdigkeit verleihen. Dann hole ich ihn schneller aus diesem
Höllenloch, als Graf Ranulf seinen Schnurrbart flechten kann.«
    Â»Und warum sollte ich das tun?« fragte Olwen kühl und feindselig. »Was habe ich bei einem solchen Wagnis zu gewinnen?«
    William
strich über ihren geschundenen Arm, und sie zuckte zusammen. »Mehr als
Euch die Rolle seiner Geliebten beschert.« Er berührte den breiten
Silberreif. »Wie viele blaue Flecken mußtet Ihr dafür hinnehmen?«
    Sie
stieß seine Hand weg, ergriff aber nicht die Flucht. Nachdenklich biß
sie in ihre Unterlippe. Sicher wäre es vergnüglich, Ranulf zum Narren
zu machen und ihn seines kostbaren Gefangenen zu berauben. Nicht nur
das â€“ Renard stünde für immer in ihrer Schuld. »Dann tu ich's also
um einer erkalteten Leidenschaft willen â€“ und um die Mißhandlungen
zu rächen, die ich in Ranulfs Bett erdulden mußte?«
    Â»Warum
Ihr's tut, ist mir verdammt egal«, entgegnete er ungeduldig. Hinter ihm
scharrte Smotyn im Stroh und wieherte leise. William nahm ein Stück
Brot, das er vom Frühstück verwahrt hatte, aus der Tasche seines
Schafsfellwamses und hielt es dem Pferd auf der flachen Hand hin. Das
bot ihm eine Gelegenheit, seinen Blick von Olwen abzuwenden. Der
Schecke war wenigstens berechenbar. »Es ist nur wichtig, daß Ihr's
überhaupt tut.«
    Â»Ihr könntet an Renards Stelle die Grafschaft übernehmen«, bemerkte sie in provozierendem Ton.
    Â»Da sei Gott vor!« fauchte William. »Lieber werde ich ein Bettler, ehe ich mich in dieses Joch einspannen lasse.«
    Olwen
blinzelte ungläubig. Ein Mann, der die Macht verachtete â€¦ Sie
überlegte, wie es wäre, mit ihm zu schlafen. Aber diesen Gedanken
verdrängte sie rasch, so als hätte sie sich daran verbrannt. Zu
verführerisch, zu gefährlich. Sie fand es viel besser, sich an
Cadwaladr ap Gruffydd zu halten, der sie seinem Verwandten vorstellen
konnte â€“ Owain Gwynedd, dem Fürsten von Nord-Wales. »Und wenn ich
diese Geschichte Graf Ranulf erzähle?« gurrte sie. »Was

Weitere Kostenlose Bücher