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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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Renard durch den Schlamm und den Waldhang hinauf. Er wußte,
wie man sich fühlte, wenn das Pferd starb, auf dessen Rücken man saß.
Vor fünfzehn Jahren war sein Streitroß von einem walisischen Pfeil in
den Bauch getroffen worden, und er hatte es erdolchen müssen. Die
Erinnerung daran verfolgte ihn immer noch. Um sich zu trösten, legte er
eine Hand auf Gorvenals warmen schwarzen Hals. In seiner Phantasie sah
er jenes Pferd am Boden, schrill wiehernd und um sich schlagend, den
Blick der brechenden Augen, als es die Klinge gespürt hatte.
    Und
dann Harrys Blick â€¦ Er krümmte sich im Sattel, als er seinen
tiefen Kummer wie einen körperlichen Schmerz empfand, der aber wenig
später von kaltem Zorn verdrängt wurde. Aufmerksam suchte er seine
Umgebung nach Spuren ab.

Z EHNTES K APITEL
    Als
Eleanors erster Schrecken nachließ, empfand sie wilde Wut, weil sie auf
ihrem eigenen Grund und Boden so behandelt wurde. Aber dann kam ihr zu
Bewußtsein, was mit ihr geschah, und neues Entsetzen erfaßte sie. Der
Mann, der hinter ihr auf dem Pferd saß, hielt sie eisern fest.
Unangenehm drückte sich der Rand seiner Halsberge in ihren Nacken, sein
heißer, übelriechender Atem streifte ihre Wange.
    Die
Stute begann unter dem doppelten Gewicht zu ermüden. Eine kurze Rast
wurde eingelegt, der Entführer stieg auf seinen kräftigeren Hengst und
setzte Eleanor vor sich in den Sattel. In schnellem Trab ritten sie zum
Wald an der Grenze zwischen Ravenstow und der Grafschaft Chester.
    Sie
durchquerten einen breiten Strom. Wasser spritzte Eleanor ins Gesicht
und tränkte den Saum ihres Kleids. Ihr Pferd strauchelte, und sie
schrie angstvoll auf. Hamo beugte sich vor und spähte in ihr
milchweißes Gesicht mit dem eigenwilligen Kinn und den großen klaren
Augen. »Keine Bange, Mädchen. Ich lasse Euch nicht runterfallen. Dafür
seid Ihr eine zu kostbare Beute.« Kichernd tätschelte er ihre
Hinterbacken.
    Erbost knirschte sie mit den Zähnen und
versuchte seiner Hand auszuweichen, gab ihren Widerstand aber auf, als
sich seine Finger schmerzhaft in ihr Fleisch gruben. »Ranulf de Gernons
wird Euch liebend gern seine Gastfreundschaft gewähren«, fuhr er fort.
»Vor lauter Freude wird er mir sicher eine hübsche junge Frau und ein
reiches Leben anbieten â€¦Â«
    Sie ahnte, welche Frau er meinte, und zischte: »Niemals wird es Euch gelingen, mich vor einen Priester zu schleppen!«
    Â»Oh,
das schaffe ich schon â€“ mit oder ohne Eure Zustimmung, das spielt
keine Rolle für mich. Die Kirche weiß Männer zu schätzen, die ihre
Sünden bereuen und sich bessern.« Zufrieden grunzte er und lenkte sein
Pferd die Böschung am anderen Flußufer hinauf.
    Heftige
Übelkeit krampfte ihr den Magen zusammen. Nur zu gut wußte sie, was er
meinte. Mit einer Vergewaltigung wollte er seine Ansprüche geltend
machen, sie dann heiraten, um die Kirche zu besänftigen, und ihr Land
übernehmen. Sie starrte auf den Boden, der unter den Hufen dahinraste,
spürte angewidert die harte Rüstung des starken Mannes, der sie
umklammerte. Von Panik überwältigt, begann sie gegen seinen festen
Griff anzukämpfen. Fluchend lenkte er den Hengst mit den Schenkeln,
nahm die linke Hand von den Zügeln, hob die Faust und schlug sie halb
bewußtlos. Schwarze Sterne tanzten vor ihren Augen, ihr Gehirn konnte
die Bewegungen der Glieder nicht mehr steuern.
    Bei
Einbruch der Dunkelheit ließen sie die Pferde auf einer kleinen
Lichtung rasten und aus einem Bach trinken. Welke Blätter bedeckten den
Boden, weitere wirbelten als goldener Regen herab. Die Männer nahmen
Haferkuchen aus ihren Satteltaschen und lösten die Weinschläuche von
den Sattelknöpfen. Ein Feuer wurde angezündet, doch sie achteten
darauf, daß die Flammen nicht hoch genug loderten, um die
Aufmerksamkeit etwaiger Verfolger zu erregen, aber ausreichend, um
eines der erbeuteten Ferkel zu braten.
    Hamo stieg ab
und warf seine immer noch besinnungslose Beute auf den Boden. Eleanors
Finger schlossen sich um feuchte, frischgefallene Blätter. Sie öffnete
die Augen und starrte zu einem durchsichtigen, bernsteinfarbenen
Baldachin hinauf. Gleichgültig, was ihr Schicksal betraf, wandte sie
den Kopf und begegnete dem Blick ihres bärtigen Entführers, der mit
vollen Backen kaute. Seine Augen glitzerten wie blaue Glassplitter
zwischen faltigen Lidern.

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