Die Leopardin
aufatmen.«
»Ein
Jammer, daà er nicht mit meinen Augen geboren wurde«, bemerkte John mit
der gedämpften Stimme, die sich in einem Krankenzimmer geziemte.
»Was
meinst du?« Verwirrt schaute sie in seine schönen, dunkelbraunen, von
dichten schwarzen Wimpern umrahmten Augen. Er war so kurzsichtig, daÃ
er Hindernisse in seinem Weg erst wahrnahm, wenn er bereits darüber
gestolpert war. In der Familie wurde scherzhaft behauptet, bei seinen
Stürzen habe er mehr Narben davongetragen als seine Brüder bei all
ihren Kämpfen.
»Dann wäre er Priester geworden. Wenn
man nichts sieht, reitet man nicht aufs Schlachtfeld. Sicher hätte
Harry einen guten Geistlichen abgegeben. Er ist so gutmütig und
unschuldig â unschuldiger, als ich's jemals sein werde.«
»Er
könnte sich immer noch zum Priester weihen lassen.« Eleanor stand auf
und ging zum Bett. »Wenn er am Leben bleibt, wird er seinen rechten Arm
kaum benutzen können.« Fast mütterlich strich sie die Decke glatt.
John
sah die Geste und überlegte, ob er sie davor warnen sollte, auch Renard
so zu bemuttern. Der würde ihr das gewià nicht danken.
»Bist du gekommen, um nach Harry zu sehen, oder willst du mit mir reden?« fragte sie.
»Beides.
Ich möchte mich vergewissern, ob du mit den Einzelheiten der
Trauungszeremonie vertraut bist. Leider muÃt du ziemlich überstürzt
heiraten, ohne ausreichende Vorbereitung. Wenn du irgendwelche Fragen
hast â¦Â«
Mitfühlend schaute er sie an, und sie hob
das Kinn. »Ich weiÃ, was ich zu tun habe, wann ich knien oder stehen
oder sitzen und was ich sagen muÃ.«
Ihr Tonfall erschütterte ihn. »Hör mal, Nell â¦Â«
»Warum
sprichst du nicht mit Renard, wenn er von seiner Spritztour
zurückkommt?« unterbrach sie ihn bitter. »Ich glaube, er braucht viel
dringender als ich eine Lektion über die Zeremonie.«
»Dafür
ist mir mein Leben zu lieb. Nach allem, was ich höre, ist Renard
derzeit so umgänglich wie ein Faà mit heiÃem Pech. Ich dachte, dir
könnte es am ehesten gelingen, uns alle vor seinem Zorn zu schützen.«
»Mir?«
Erstaunt sah sie John an. »Er kennt mich doch gar nicht. Und er will
mich auch nicht kennenlernen. Er hält mich für ein dummes, sabberndes
Kind, das sich wie eine Klette an ihn klammert.«
»Unsinn, Nell!« Lachend legte er einen Arm um ihre Schultern.
»Keineswegs.
Nach dem Ãberfall habe ich mich ja auch wie ein Kind benommen. Renard
war sehr geduldig mit mir, aber ich weiÃ, was er denkt.«
»Das trifft sich gut, denn sonst weià es niemand.«
»Was weià niemand?« Renard kam durch den Torbogen herein, warf seinen Helm und die Panzerhandschuhe auf die Truhe.
»Was
du denkst«, antwortete John freundlich und drückte Eleanor tröstend an
sich. »Ãbrigens, dein grollender Blick trifft einen Priester, eine
Jungfrau und einen Kranken. Willst du beichten, was dich bekümmert?«
Renard
starrte ihn an, dann verzogen sich seine Lippen zwischen dem
Dreitagebart zu einem schwachen Lächeln. »Nicht in dieser Gesellschaft.
Wie geht es Harry?«
Nervös hob Eleanor die Hände. »Weder besser noch schlechter.«
»Kein Wundfieber?« Er legte eine Hand auf die Stirn des Schlafenden. »Er fühlt sich heià an.«
»Nur ein biÃchen. Ich werde ein Bad für dich bestellen.«
Renard wandte sich ihr zu. »Rieche ich so gräÃlich?«
Das
Blut stieg ihr in die blassen Wangen. »Nein. Ich dachte nur â da
Graf Leicester und die anderen Hochzeitsgäste hier sind â¦Â« Sie
senkte den Blick und schluckte.
»Natürlich, du hast
recht«, entgegnete er sarkastisch. »Ein Bräutigam darf nicht stinken.
Also bereite ein Bad für mich vor, würze es mit Lorbeer und Rosmarin
und Lavendel und allen Essenzen, die du sonst noch in der Truhe
findest. Wir wollen doch Graf Leicesters Nase nicht beleidigen, oder?«
»Renard!« mahnte John in scharfem Ton.
»Wenn ihr mich entschuldigen wollt â ich kümmere mich darum.« Eleanor floh aus dem Zimmer.
»Das war wirklich überflüssig«, meinte John. »Sie ist doch nur um dein Wohl besorgt.«
Seufzend
fuhr sich Renard durchs Haar. »Ich weiÃ, ich weiÃ, aber ⦠GroÃer
Gott, die Zukunft der Grafschaft steht auf dem Spiel, und Nell
interessiert es nur, ob ich baden
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