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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Helicopter unterzubringen?«
    »Er hat nicht bei uns gewohnt. Er ist ja erst gestern gekommen.«
    »Aber Sie müssen sich doch gefragt haben, wo er unterkommen sollte.«
    »Nein. Michel hatte doch was für ihn gefunden, ein leer stehendes Zimmer über der alten Buchhandlung in der Rue Moliere.«
    Walter Goedel bewegte sich ruckartig auf seinem Stuhl: Er wusste jetzt, wohin der Hase lief. Dieter Franck ignorierte ihn vorsichtshalber und stellte wie beiläufig seine nächste Frage: »Hat er denn sein Gepäck nicht bei Ihnen gelassen, als Sie gestern Abend nach Chatelle zum Flugplatz gefahren sind?«
    »Nein, er hatte es in sein Zimmer geschafft.«
    Jetzt konnte Franck die Schlüsselfrage stellen: »Den kleinen Koffer auch?«
    »Ja, natürlich.«
    »Aha.« Jetzt wusste Franck, was er hatte erfahren wollen: Helicopters Funkgerät befand sich in einem Zimmer über der Buchhandlung in der Rue Moliere. »So, ich bin fertig mit dieser dummen
    Kuh«, sagte er zu Hans Hesse auf Deutsch. »Sie können sie an Becker weiterreichen.«
    Vor dem Schloss stand Francks blauer Hispano-Suiza. Mit Walter Goedel auf dem Beifahrersitz und Hans Hesse im Fond raste er über die Dörfer nach Reims, wo er nach kurzer Suche die Buchhandlung in der Rue Moliere fand.
    Sie schlugen die Tür ein und stiegen über eine kahle Holztreppe zu dem Zimmer, das über dem Laden lag. Abgesehen von einem Strohsack, der mit einer schlichten Wolldecke bedeckt war, war es völlig unmöbliert. Auf dem Boden neben dem Lager standen eine Flasche Whisky, ein Kulturbeutel und der kleine Koffer.
    Franck klappte ihn auf, um Goedel das Funkgerät zu zeigen, und verkündete triumphierend: »Damit kann ich mich in Helicopter verwandeln!«
    Auf der Rückfahrt nach Sainte-Cecile diskutierten sie die Nachricht, die sie nach England funken wollten. »Zunächst einmal wird Helicopter sicher wissen wollen, warum die Fallschirmspringer nicht abgesprungen sind«, meinte Dieter Franck. »Er wird also fragen: What happened? Einverstanden?«
    »Und er wäre wütend«, sagte Goedel.
    »Er wird also fragen: What the blazes happened, oder?«
    Goedel schüttelte den Kopf. »Ich habe vor dem Krieg in England studiert. Die Redewendung What the blazes ist zu höflich, ein verschämter Euphemismus für What the hell. Ein junger Mann, der beim Militär ist, würde so was niemals sagen.«
    »Vielleicht eher: What the fuck?«
    »Das ist wieder zu ungehobelt«, wandte Goedel ein. »Er weiß doch, dass die Nachricht möglicherweise von einer Frau entschlüsselt wird.«
    »Ihr Englisch ist besser als meines, also entscheiden Sie.«
    »Ich denke, er würde fragen: What the devil happened? Das drückt seinen Ärger aus und ist ein männlicher Kraftausdruck, der die meisten Frauen nicht allzu sehr stören wird.«
    »Gut. Als Nächstes wird er wissen wollen, was er jetzt tun soll, also wird er um neue Befehle bitten. Wie würde er das formulieren?«
    »Wahrscheinlich würde er schreiben: Send instructions. Engländer mögen das Wort ›Befehl‹ nicht, das finden sie unkultiviert.«
    »Na schön. Und dann wird er eine schnelle Antwort verlangen, denn Helicopter ist ungeduldig, und wir sind’s schließlich auch.«
    Wieder zurück im Schloss, begaben sie sich in den Kellerraum, in dem die Funksprüche abgehört wurden. Ein Funker mittleren Alters, der sich als Hauptmann Joachim vorstellte, schloss das Gerät an und stellte es auf Helicopters Notruffrequenz ein, während Franck die gemeinsam erarbeitete Nachricht auf einen Zettel kritzelte:
    WHAT THE DEVIL HAPPENED? SEND INSTRUCTIONS. REPLY IMMEDIATELY.
    Es fiel ihm schwer, seine Ungeduld zu zügeln und Joachim genau zu erklären, wie er die Nachricht verschlüsseln und welche Sicherheitskennungen er einbauen musste.
    Goedel fragte: »Werden die nicht merken, dass das gar nicht Helicopter am Apparat ist? Können die nicht die persönliche ›Faust‹ des Absenders erkennen, vergleichbar mit einer individuellen Handschrift?«
    »Doch«, sagte der Hauptmann. »Aber ich habe diesen Burschen ja schon zweimal abgehört, als er gesendet hat, und kann ihn daher nachahmen. Das ist so ähnlich, wie wenn man einen Dialekt nachäfft und zum Beispiel babbelt wie ein Frankfurter.«
    Goedel blieb skeptisch. »Sie haben ihn nur zweimal gehört und können ihn perfekt imitieren?«
    »Nein, nicht perfekt. Aber Spione sind häufig unter Zeitdruck, wenn sie aus irgendeinem Versteck auf Sendung gehen und befürchten, dass wir sie erwischen, deshalb werden die Engländer

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