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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Bündel zusammen und machte sich auf die Suche nach den anderen Dohlen. Greta war in einem Baum gelandet und hatte sich beim Sturz durch den Wipfel ein paar Schrammen geholt, aber nicht ernstlich verletzt. Es war ihr sogar gelungen, sich von ihren Gurten zu befreien und auf den Boden zu klettern. Die anderen vier waren alle sicher im Gras gelandet. »Ich bin sehr stolz auf mich«, bemerkte Jelly. »Aber ein zweites Mal mache ich das nicht, nicht für eine Million Pfund!«
    Flick sah, dass die Resistance-Leute die Kisten zum Südrand der Weide trugen und schlug nun mit ihrer Mannschaft die gleiche Richtung ein. Drei Gefährte standen auf dem Feldweg: der Kastenwagen einer Baufirma, ein Pferdekarren mit Zugtier und ein alter schwarzer Lincoln, dessen Motorhaube man entfernt hatte, um ihn mit einer Art Dampfmaschine betreiben zu können. Flick überraschte das wenig. Da es Benzin nur für den Transport lebenswichtiger Güter gab, ließen sich die Franzosen die verrücktesten Sachen einfallen, um ihre Automobile in Bewegung zu setzen.
    Die Männer hatten die Behälter auf den Karren geladen und tarnten sie nun mit leeren Gemüsekisten. Weitere Behälter wurden in den Kastenwagen verfrachtet. Die Aktion wurde von Anton befehligt, einem dürren Mann von etwa vierzig Jahren in einer kurzen blauen Arbeiterjacke. Auf dem Kopf trug er eine ölverschmierte Mütze, und in seinem Mundwinkel hing eine gelbe französische Zigarette. Erstaunt starrte er die Dohlen an. »Sechs Frauen?«, sagte er. »Was ist das? Ein Handarbeitszirkel?«
    Nach Flicks Erfahrung war es am besten, wenn man Witze über Frauen einfach überhörte. Daher antwortete sie in bedeutungsschwerem Ton: »Dies ist der wichtigste Einsatz, den ich je geleitet habe. Ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Selbstverständlich.«
    »Wir müssen einen Zug nach Paris erwischen.«
    »Ich kann Sie nach Chartres bringen.« Anton betrachtete den Himmel, schätzte die noch verbleibende Zeit bis zum Tagesanbruch und deutete dann quer über die Weide auf ein Bauernhaus, das nur schemenhaft auszumachen war. »Sie können sich dort vorläufig in einer Scheune verstecken. Sobald wir die Kisten weggebracht haben, komme ich wieder und hole Sie.«
    »Das ist ausgeschlossen«, sagte Flick entschieden. »Wir müssen sofort los.«
    »Der erste Zug nach Paris fährt um zehn. Bis dahin schaffen wir ‘s leicht.«
    »Quatsch! Kein Mensch kann voraussagen, wann in diesem Land ein Zug fährt.« Es stimmte: Die Bomben der Alliierten, Sabotageakte der Resistance und mutwillige Fehler von Bahnarbeitern, denen die Nazis verhasst waren, hatten dazu geführt, dass sämtliche Fahrpläne Makulatur waren. Man konnte nur eines tun: zum Bahnhof gehen und dort warten, bis irgendwann ein Zug kam. Frühzeitig da zu sein war in jedem Fall ein Vorteil. »Stellen Sie die Kisten in die Scheune und bringen Sie uns jetzt gleich nach Chartres.«
    »Unmöglich«, sagte Anton. »Ich muss das Material noch vor Tagesanbruch beiseiteschaffen.«
    Die anderen Männer unterbrachen ihre Arbeit und hörten dem Wortwechsel zu.
    Flick seufzte. Die Waffen und die Munition in den Behältern waren für Anton das Allerwichtigste auf der Welt: Aus ihnen bezog er seine Macht und sein Prestige. »Unser Einsatz ist wichtiger«, sagte sie. »Glauben Sie mir!«
    »So leid es mir tut.«
    »Hören Sie zu, Anton. Wenn Sie mir jetzt nicht helfen, dann verspreche ich Ihnen, dass Sie nie wieder auch nur eine einzige Kiste aus England geliefert kriegen. Sie sind sich darüber im Klaren, dass ich das jederzeit veranlassen kann, oder?«
    Eine längere Pause entstand. Vor den Augen und Ohren seiner Männer wollte Anton nicht klein beigeben. Doch wenn er keine Waffen mehr bekam, würden sie sich ohnehin anderweitig orientieren. Der Nachschub war das einzige Druckmittel, mit dem sich britische Offiziere gegen die Resistance durchsetzen konnten.
    Diesmal funktionierte es. Anton sah Flick sehr unfreundlich an, nahm langsam den Zigarettenstummel aus dem Mund, drückte ihn zwischen zwei Fingern aus und warf ihn weg. »Na gut«, sagte er. »Steigen Sie in den Kastenwagen.«
    Die Frauen halfen beim Abladen der Kisten und kletterten dann auf die Ladefläche. Der Boden starrte vor Dreck, einer Mischung aus Zementstaub, Schlamm und Öl. Aber es lagen ein paar alte Säcke herum, die sie unterlegen konnten, um den schlimmsten Schmutz von ihrer Kleidung fern zu halten. Sie setzten sich darauf, und Anton schloss die Tür.
    Chevalier klemmte sich hinters Steuerrad. »So,

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