Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
dass das fair ist«, protestierte Graves schwach. »Auch bei den Bombardierungen gibt es Erfolge und Rückschläge. Außerdem ist die SOE erheblich billiger.«
    »Wir sind doch nicht dazu da, um irgendwem gegenüber fair zu sein, um Himmels willen!«, fauchte Monty. »Wir wollen den Krieg gewinnen, sonst nichts.« Er erhob sich und sagte zu General Pickford: »Ich glaube, wir haben genug gehört.«
    »Und was machen wir mit der Fernmeldezentrale?«, fragte Graves. »Die SOE hat inzwischen einen neuen Plan. «
    Wieder schnitt ihm Fortescue das Wort ab. »Herrgott!«, ereiferte er sich. »Wir wollen doch nicht noch so ein Fiasko erleben, oder?«
    »Bombardieren«, sagte Monty.
    »Haben wir schon versucht«, wandte Graves ein. »Die Bomben haben das Gebäude getroffen, doch reichte der Schaden gerade mal aus, die Zentrale für ein paar Stunden lahm zu legen.«
    »Dann versuchen Sie ‘s noch einmal«, sagte Monty und verließ den Raum.
    Graves sah den Mann vom MI6 mit einer Mischung aus Wut und Missmut an. »Also wirklich, Fortescue«, sagte er. »Ich muss schon sagen. also wirklich... «
    Fortescue würdigte ihn keiner Antwort.
    Sie verließen das Schulzimmer. Draußen im Gang warteten zwei Personen: ein Mann von etwa fünfzig Jahren in einer Tweedjacke und eine kleine blonde Frau, die eine blaue Strickjacke über einem ausgeblassten Baumwollkleid trug. Die beiden standen vor einer Vitrine mit Pokalen und anderen sportlichen Auszeichnungen und boten fast das Bild eines Rektors, der mit einer Schülerin plaudert – nur dass die Art, wie sich das Mädchen sein knallgelbes Halstuch umgeschlungen hatte, für Paul eindeutig französischen Stil verriet. Fortescue hastete an den beiden vorbei, Graves hingegen blieb stehen.
    »Ihr Vorschlag wurde abgelehnt«, sagte er. »Sie versuchen es noch einmal mit Bombenangriffen.« Paul erriet schon, dass es sich bei der Frau um die »Leopardin« handelte, und er betrachtete sie voller Neugier. Sie war klein und schlank, hatte lockiges, kurz geschnittenes blondes Haar und – dies fiel ihm besonders auf – entzückende grüne Augen. Hübsch hätte er sie nicht genannt – dazu war ihr Gesicht zu erwachsen. Wie ein Schulmädchen wirkte sie nur auf den ersten flüchtigen Blick. Die gerade Nase und das wie gemeißelt wirkende Kinn verliehen ihr aber einen Hauch von Aggressivität – und außerdem hatte sie Sexappeal. Paul konnte nicht umhin, sich den schmalen Körper unter den billigen Klamotten vorzustellen.
    Sie reagierte mit Empörung auf Graves’ Worte. »Es ist völlig sinnlos, dieses Gebäude aus der Luft zu bombardieren«, sagte sie. »Der Keller ist extra verstärkt worden. Wie kommen die, um Gottes willen, zu einer solchen Entscheidung?«
    »Vielleicht fragen Sie das mal diesen Herrn hier«, sagte Graves und wandte sich an Paul. »Major Chancellor, darf ich Ihnen Major Clairet und Colonel Thwaite vorstellen?«
    Paul war nicht beglückt darüber, dass man ihn in eine Situation manövrierte, in der er eine Entscheidung verteidigen musste, die er gar nicht selbst getroffen hatte. Von der Wendung der Dinge überrascht, antwortete er mit undiplomatischer Offenheit. »Ich sehe nicht, was es da viel zu erklären gibt«, sagte er brüsk. »Sie haben Mist gebaut, und eine zweite Chance gibt’s nicht.«
    Die Frau – sie war an die dreißig Zentimeter kleine r als er – bedachte ihn von unten herauf mit einem finsteren Blick. »Mist gebaut?«, wiederholte sie wütend. »Was, verdammt noch mal, meinen Sie damit?«
    Paul spürte, wie er errötete. »Kann sein, dass General Montgomery nicht richtig informiert wurde. Stimmt es, dass Sie zum ersten Mal eine solche Operation geleitet haben, Major?«
    »Das hat man Ihnen weismachen wollen? Dass ich schuld war, weil ich nicht genug Erfahrung habe?«
    Sie war schön, er erkannte es jetzt. Der Zorn weitete ihre Augen und ließ ihre Wangen rosa anlaufen. Aber sie war sehr unhöflich, und deshalb beschloss er, gleich noch eins draufzusetzen. »Ja. Daran lag es – und an miserabler Planung. «
    »Der verdammte Plan war vollkommen in Ordnung!«
    ». und dazu kommt noch der Umstand, dass ausgebildete Soldaten das Gebäude gegen eine undisziplinierte Truppe verteidigten.«
    »Sie arroganter Pinsel!«
    Chancellor wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Noch nie hatte eine Frau in diesem Ton zu ihm gesprochen. Kann ja sein, dass sie nicht viel größer als eins fünfzig ist, dachte er, aber ich gehe jede Wette ein, dass die verfluchten Nazis eine

Weitere Kostenlose Bücher