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Die Lerche fliegt im Morgengrauen

Titel: Die Lerche fliegt im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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öffneten sich, und sie fuhren auf den Kai. Flood schlug die Zeitung auf, lehnte sich zurück und las über die neuesten Entwicklungen im Golfkrieg.

    Der Embassy Club war nur eine halbe Meile entfernt, in einer Seitenstraße der Wapping High Street. Er existierte erst seit einem halben Jahr und war ebenfalls ein Projekt Harry Floods zur Nutzung des alten Lagerhausbezirks. Der Parkplatz befand sich in einer kleinen Straße, die hinter dem Gebäude vorbei­ führte, und war bereits fast belegt. Ein älterer Farbiger, der in einer kleinen Baracke residierte, bewachte ihn.
    »Hab’ Ihnen Ihren Platz freigehalten, Mr. Flood«, sagte er, als er herauskam.
    Flood stieg mit Mordecai aus dem Wagen und holte seine Brieftasche hervor, während Salter den Wagen parkte. Er zupfte eine Fünf-Pfund-Note heraus und reichte sie dem alten Mann. »Und schlag nicht über die Stränge, Freddy.«
    »Damit?« Der alte Mann lächelte. »Dafür kriege ich heutzu­ tage noch nicht mal ‘ne Frau im Hinterzimmer von ‘nem Pub. Die Inflation ist was Schreckliches, Mr. Flood.«
    Flood und Mordecai lachten schallend, während sie durch die Straße gingen, und Salter holte sie ein, als sie um die Ecke bogen und zum Clubeingang gelangten. Drinnen war es warm und luxuriös, schwarzweißer Fliesenboden, Eichenpaneele, Ölgemälde. Das Mädchen in der Garderobe nahm ihnen die Mäntel ab, ein kleinwüchsiger Mann in Abendkleidung eilte ihnen entgegen, um sie zu begrüßen. Sein Akzent verriet unmißverständlich den Franzosen.
    »Ah, Mr. Flood, was für eine Freude. Möchten Sie speisen?«
    »Ich denke schon, Maurice. Wir wollen uns erst einmal um­
    sehen. Ist Harvey da?«
    »Noch nicht.«
    Sie gingen die Treppe hinunter in den großen Speisesaal. Auch dort herrschte Club-Atmosphäre, holzgetäfelte Wände, Gemälde, Sitznischen mit Ledersesseln.
    Der Saal war fast voll, und die Kellner eilten geschäftig hin und her. Eine dreiköpfige Band spielte auf einer kleinen Bühne in einer Ecke, und es gab eine Tanzfläche, wenn auch nicht besonders groß.
    Maurice schlängelte sich zwischen den Tischen am Rand der Tanzfläche hindurch und öffnete eine lederbezogene Tür, die zum Kasinoteil des Etablissements führte. Dort herrschte genausoviel Betrieb, und die Leute drängten sich um die Roulettetische, deren Stühle nahezu vollständig besetzt waren.
    »Verlieren wir viel?« wollte Flood von Maurice wissen.
    »Mal mehr, mal weniger, Mr. Flood. Am Ende gleicht es sich immer wieder aus.«
    »Eine ganze Menge Berufsspieler.«
    »Und kein einziger Araber in Sicht«, sagte Mordecai.
    »Die backen jetzt kleine Brötchen«, erklärte Maurice ihm. »Man denke nur an das Geschäftsleben am Golf.«
    »Würden Sie nicht das gleiche tun?« fragte Flood grinsend. »Komm schon, gehen wir lieber essen.«
    Er hatte seine eigene Nische in einer Ecke neben der Band, von wo aus er die Tanzfläche überschauen konnte. Er bestellte Räucherlachs und Rührei und eine Flasche PerrierMineralwasser. Dann nahm er eine Zigarette aus einem alten Silberetui, eine Camel. Englische Zigaretten waren etwas, womit er sich bisher nicht hatte anfreunden können. Mordecai gab ihm Feuer und lehnte sich gegen die Wand, Flood saß da, nachdenklich, beobachtete das Geschehen und durchlebte einen dieser düsteren Augenblicke, in denen man sich fragt, was überhaupt der Sinn des Lebens ist, und Charlie Salter kam die Treppe vom Eingang herunter und eilte zwischen den Tischen hindurch auf sie zu.
    »Jack Harvey und Myra – soeben eingetroffen«, meldete er.

    Harvey war fünfzig Jahre alt, mittelgroß und übergewichtig, eine Tatsache, die der mitternachtblaue Anzug aus Schurwolle und Seide nicht verbergen konnte, obgleich er von einem Schneider in der Savile Row stammte. Er war kahl, hatte fast überhaupt keine Haare mehr, und er hatte außerdem das flei­ schige, dekadente Gesicht eines ausschweifend lebenden römischen Kaisers.
    Seine Nichte, Myra, war dreißig und sah jünger aus. Ihr tief­
    schwarzes Haar war zu einem Knoten frisiert und wurde von einer mit Juwelen besetzten Spange festgehalten. Sie hatte wenig Make-up im Gesicht, nur ihre Lippen waren blutrot. Sie trug eine mit Pailetten besetzte Jacke und einen schwarzen Minirock von Gianni Versace sowie schwarze Pumps mit sehr hohen Absätzen, denn sie war kaum über ein Meter fünfzig groß. Sie sah ungemein attraktiv aus. Sie war außerdem die rechte Hand ihres Onkels, hatte ein Diplom in Betriebswirt­ schaft von der London

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