Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
schicken, und vielleicht sogar noch tiefer hinunter. Es wird wie eine der großen endosymbiotischen Verschmelzungen der Vergangenheit sein, bei denen wir Organellen wie die Mitochondrien in unsere Zellsubstanz aufgenommen haben. Die Essenz der Menschheit, die in die Erde sinkt, wo in einem heißen Eden eine neue Genesis stattfinden wird. Im Herzen der Erde ist ein Eisenkern von der Größe des Mondes. Vielleicht werden unsere Nachfahren Städte auf der Oberfläche dieser Innenwelt errichten …« Er verstummte. Seine wässrigen Augen wurden feucht. Er holte ein Taschentuch hervor, tupfte sich die Augen ab, putzte sich die Nase und hustete dann. Sein massiger Rumpf ließ den Rollstuhl erzittern. »Das ist die Vision.« Er schwieg erneut.

    Dann begann er zu schnarchen.
    »Das U-Boot liegt bereit, um euch wieder nach oben zu bringen, sobald ihr so weit seid«, sagte Thandie leise.
    »Wir sollten warten, bis Großvater wieder aufwacht«, meinte Dexter.
    »Ja.« Eddie schlief ebenfalls ein. Er rutschte auf Kellys Schoß herum und versuchte, seinen Kopf bequem auf ihren Bauch zu betten. In der Anziehungskraft der Erde war er enorm schwer, eine kostbare Last. »Ja, wir warten.«
    Kelly fragte sich, wo Holle, Wilson und Venus in diesem Moment wohl sein mochten.

Sechster Teil
2068 – 2081

83
    MAI 2068
     
    Steel Antoniadi wartete bei der Wasserfarm am Fußende von Hawila auf Max Baker, so weit stangenabwärts von Wilson und seinen Schlägern, wie es nur ging. Niemand war in der Nähe. Nichts regte sich außer dem Grünzeug, das in seinen Pampe-Tanks wuchs.
    Sie schaute durch das ganze Modul nach oben. Stangenaufwärts reichte der Blick bis zu Wilsons Nest in der Kuppel. Mitten am Tag war es hell im Modul, die Bogenlampen spendeten warmes Licht; es herrschte reger Betrieb, Alte und Kinder kamen und gingen, Babys schwebten lallend durch die Luft. Ein Arbeitstrupp hatte die Ausrüstungs-Racks auf Deck sechs herausgenommen und schrubbte in einem spiralförmigen Muster die Wände ab.
    All dies bildete für Steel nur den Hintergrund. Sie hielt Ausschau nach anderen Schiffern wie sie selbst, ihr Blick wanderte dorthin, wo sich die Schiffsgeborenen in ihren kleinen, von kritzeligen Graffiti-Signaturen an den Wänden markierten Territorien zusammenscharten. Für sie zeichneten sie sich vor dem langweiligen Hintergrund des Moduls ab wie Sterne am schwarzen Himmel. Hin und wieder sah man einen von ihnen wütend herabschauen; der blitzschnelle Blickkontakt war, als würde man von einem Laserstrahl getroffen. Die Art, wie sie sich zusammenscharten, enthielt Informationen, ebenso die Art ihrer Blicke und ihr Lachen. Niemand, der viel älter war als Steel, bemerkte auch nur das Geringste von all dem.

    Max Baker kam herabgeschwebt. Schlank und geschmeidig, war er gut in der Luft, und er gab vor ihr damit an, hielt sich von den Führungsseilen und Haltegriffen fern und ließ sich von der Reibung der Luft abbremsen. Er war fünfzehn, sie dreiundzwanzig. Er schlug einen Purzelbaum und landete geschickt auf einem T-Hocker neben ihr. »Hab sie«, sagte er ohne Einleitung.
    Sie schaute sich um. Wilson behauptete zwar, er habe die Kameras entfernt, aber jeder wusste, dass es Kameras und Spione gab. Die Wasserfarm überwachte er allerdings nicht, vor allem deshalb nicht, weil hier keine Schiffer arbeiteten, und die beobachtete er gerne, besonders die jüngeren. Trotzdem flüsterte sie: »Die Kapseln. Hast du genug?«
    »Ja. Außenlager.«
    Er sprach von Sprengladungen, die dazu gedacht waren, bei Notevakuierungen Luken aufzusprengen oder die Shuttles von den Modulen zu trennen.
    »Versteckt?«
    »Ja.« Er warf einen Blick zu Wilsons Nest in der Kuppel hinauf. » Er wird sie nicht sehen.«
    »Bist du sicher, dass du das machen willst?«
    Er blickte sie nachdenklich an. In seinem Gesicht zeigten sich widerstreitende Gefühle. Sie sah, dass er sich vor ihr aufzublasen versuchte. Nun, sie hatten mal eine Beziehung gehabt. Sie waren so wenige im Modul, dass jeder irgendwann mal was mit jedem gehabt hatte, auf einem Wärmespektrum von beste Freunde bis zu Mama und Papa. Für jede Abstufung von Liebe und Freundschaft gab es einen Namen, für Formen der Feindschaft sogar noch mehr. Mit Max war sie bis zu Anfass-Freunde gegangen, bevor sie beide einen Rückzieher gemacht hatten. Er war zu jung, oder sie zu alt. Ihr Techtelmechtel erinnerte sie an ihre Zeit mit Wilson, aber irgendwie umgekehrt, denn bei Max
war sie die Ältere gewesen. Jedenfalls mochte

Weitere Kostenlose Bücher