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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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habe, ehe sie in meiner Zeitungszustellertasche verschwand. Ein Artikel über ein Model mit Drogenproblemen. Sie hatte sich an einem Ort namens The Priory einer Behandlung unterzogen.
    Mein Gott …
    DI Morris liest immer noch. »›Vielleicht willst du aber auch nichts mehr mit mir zu tun haben, und auch das kann ich verstehen. Oder du tust so, als hättest du diese Mail nie bekommen. Das ist deine Sache. Egal, was du tust, pass auf dich auf. Ich vertraue auf deine Kraft.‹«
    Er macht eine kleine Pause. Sieht mich an. Ich sehe ihn an. Ich gähne. Das Gefühl, er hätte mich wütend gemacht, gönne ich ihm nicht.
    »›Ich liebe dich‹«, sagt er und sieht mich wieder an, und jetzt hat seine Stimme einen harten, grausamen Unterton.
    »Ich muss Sie nach der Herkunft dieses Dokumentes fragen«, sagt Mr Armstrong.
    »Ich bin gleich fertig«, erwidert DI Morris. »›Ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben. Ich weiß, dass ich für dich Joe bin, aber es war Tyler, der das getan hat, und ich möchte, dass du Tyler liebst oder hasst oder vergisst.‹«
    Schweigen breitet sich aus. Ich werfe meiner Mum einen kurzen Blick zu und schaue sofort wieder weg. Zwei schwarze Streifen Wimperntusche rinnen über ihre Wangen.
    »Also, Tyler«, sagt DI Morris, »dann fangen wir mal an. Kannst du bestätigen, dass du diese E-Mail geschrieben hast?«

Kapitel 35
Die letzte Aussage
    Es ist wie Dartspielen im Pub, nur dass die Worte seine Wurfpfeile sind und ich bin die Zielscheibe. Seine Fragen kann ich nur an mir abprallen lassen, indem ich schweige. Also antworte ich nicht: Hast du diese E-Mail geschrieben? Was hast du damit gemeint? In welcher Hinsicht hast du gelogen? Wen hast du verletzt?
    Mr Armstrong stellt ihm seinerseits jede Menge Fragen, er will wissen, wo diese Mail herkommt und wie Morris sie erhalten hat. Als sich herausstellt, dass Claire sie der Polizei ausgehändigt hat, befürchte ich, dass meine Mum gleich zu schreien anfängt. Sie springt fast vom Stuhl, ihr Mund ist weit aufgerissen.
    Dann fangen die Fragen wieder von vorne an: was, wo, wie, warum?
    Schließlich sagt meine Mum zu Mr Armstrong mit lautem Flüstern: »Können Sie nicht dafür sorgen, dass DI Morris damit aufhört? Er weint. Er hat in letzter Zeit so viel durchgemacht.«
    Ich hasse sie dafür und ich hasse die Polizei und am allermeisten hasse ich Arron. Ich weine überhaupt nicht. Sie ist so blöd.
    »Ty ist hier mit ernsten Vorwürfen konfrontiert. Justizbehinderung ist da nur der Anfang. Ich muss Ihnen wohl nicht erklären, dass er damit für uns als Zeuge wertlos geworden ist.«
    Dieses Wort – wertlos – summt in meinen Ohren wie eine Wespe, die sich an Dr. Pepper berauscht hat.
    »Auch wenn ich momentan nicht genau weiß, was er Rio angetan hat, ich finde es auf jeden Fall heraus. Diese E-Mail kommt einem Geständnis verdammt nahe.«
    »Es geht gar nicht um Rio «, sage ich. Ich weine nicht. Fast nicht.
    »Wen hast du denn dann verletzt?«, will DI Morris wissen. Seine Stimme klingt auf einmal tausendmal freundlicher.
    Jetzt ist mir alles egal. Wenn ich ins Gefängnis muss – na und? Seit Alistair erschossen wurde, habe ich ohnehin so gut wie keine Freiheit mehr. Dieses Krankenzimmer kommt mir wie eine Zelle vor. Vielleicht ist das Gefängnis ja der richtige Ort für einen wie mich. Vielleicht gehöre ich dorthin. Ich bin wertlos. Er hat es gerade eben gesagt. Niemand hat ihm widersprochen.
    Also erzähle ich ihm, wie ich mein Messer aus der Tasche gezogen und damit vor Arron herumgefuchtelt habe, als Rio bereits tot vor uns gelegen hat. Ich erzähle ihnen, dass ich ihm helfen wollte, ihn retten. Ich sage, ich habe Angst gehabt, die reinste Panik, dass ich völlig außer mir gewesen sei. Ich beschreibe den Messerstich schräg nach unten, und wie die Klinge in seinen Arm gefahren ist – und jetzt sehe ich es deutlich vor mir, dasBlut, das an seinem Arm entlangläuft und auf den Boden tropft.
    Es war nicht nur ein Kratzer.
    Ich sage ihnen nicht, dass Arron versprochen hat, die Klappe zu halten. Ich sage ihnen nicht, wie großartig das Gefühl war, Respekt in seinen Augen zu sehen. Ich sage ihnen nicht, wie viel Angst ich hatte, als Arrons Mutter ihn ins Krankenhaus gebracht hat, oder dass ich mich in ihrer Wohnung auf dem Klo übergeben habe, wieder und immer wieder, und dass ich dabei wie in kleines Mädchen geheult habe.
    Ich erzähle ihnen nur das Nötigste. Ich will nicht mehr lügen. Aber ich glaube auch nicht, dass irgendetwas

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