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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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verdient dein Vater sein Geld, Tom?«, fragt er.
    Ich reiße den Kopf nach oben. Das darf ich ihm nicht sagen. Mein Dad wird ebenfalls als Zeuge gegen die Jukes aussagen … sie wissen schon jetzt viel zu viel über ihn.
    »Ich will es mal anders ausdrücken, da es dir Schwierigkeiten zu bereiten scheint«, schleimt der Kerl. »Kannst du dich noch daran erinnern, dass du deinem Freund Arron Mackenzie bei verschiedenen Gelegenheiten erzählt hast, dein Vater arbeite als Anwalt für Fußballvereine, darunter auch für Manchester United, Arsenal und Tottenham Hotspur?«
    Ach du Kacke. »Äh … ja … aber …«
    »Arbeitet er denn als Anwalt für Manchester United, Arsenal und Tottenham Hotspur?«
    »Ähm. Nein. Aber ich habe … ich habe nicht …«
    »Kennst du wirklich den Unterschied zwischen der Wahrheit und irgendwelchen Hirngespinsten, Tom?«, fragt er und grient mich durch seine Schildpattbrille an.
    Ich spüre, dass mein Gesicht ganz rot und heiß ist. »Ja.«
    »Dann wollen wir uns deiner Aussage zuwenden.«
    Arrons Geschichte ist total anders als meine. Er behauptet, wir hätten Jukes und Mikey an der Bowlingbahn getroffen, dort ein bisschen herumgealbert und sie an dem Tag nicht wieder gesehen. Arrons Anwalt zitiert jede Menge von dem, was damals tatsächlich gesagt wurde, verändert die Sätze aber hier und da ein bisschen, gibt ihnen eine andere Bedeutung und lässt entscheidende Details weg.
    Ich bleibe ruhig. Ich spreche deutlich. »Nein, so ist es nicht gewesen«, sage ich. »Nein, so hat er es nicht gesagt.«
    Arron zufolge haben wir uns im Park auf dem Spielplatz treffen wollen. Er sei gerade auf dem Weg zu unserem Treffpunkt gewesen, als sich plötzlich Rio auf ihn stürzte. Rio habe ihm mit einem Messer vor dem Gesicht herumgefuchtelt und Arron habe sich nach mir umgesehen. Ich sei ihm aber nicht zu Hilfe gekommen. Völlig auf sich allein gestellt, habe er die Panik gekriegt.
    »Und das hast du alles beobachtet, ja?«, fragt mich der Anwalt.
    »Ich habe alles beobachtet, aber nicht Rio hat sich auf Arron gestürzt, sondern Arron auf Rio.«
    »Dein Freund hat sich gegen einen Angreifer mit einemMesser gewehrt, und du bist ihm nicht zu Hilfe geeilt? Obwohl du selbst bewaffnet warst?«
    »Ich … es ging alles sehr schnell. Ich glaube nicht, dass ich etwas hätte machen können. Dann sah ich das Blut und bin losgerannt, um einen Krankenwagen zu rufen.« Das stimmt so ungefähr. Das habe ich getan. Aber ich erzähle ihm nicht, dass ich vor Schreck wie gelähmt war, dass ich geschwitzt habe und aufpassen musste, dass ich mir nicht in die Hosen pinkele. Und dass ich, als ich mich wieder bewegen konnte, einfach weggerannt bin. Das mit dem Krankenwagen ist mir erst unterwegs eingefallen.
    Was hätte ich getan, wenn ich Arrons Version der Geschichte gekannt hätte? Hätte ich für ihn gelogen? Warum will er Jukes und Mikey davonkommen lassen?
    Was ist wichtiger, Wahrheit oder Freundschaft?
    »Du hast also deinen Beobachtungsposten verlassen und deinen Freund ganz allein auf dem schmutzigen Boden um sein Leben kämpfen lassen und bist in nordwestlicher Richtung davongerannt – mithin in Richtung deines Zuhauses?«, fragt er.
    »Ja … nein … Ich meine, ich bin nicht nach Hause gerannt, ich wollte einen Krankenwagen für die beiden rufen … für Arron.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich habe den Bus angehalten und den Leuten gesagt, sie sollen einen Krankenwagen rufen, dann bin ich wieder zurückgerannt. Ich bin schnell, ich kann sehr schnell rennen … ich bin nicht lange weg gewesen.«
    »Und als du zurückkamst, als du glaubtest, der Krankenwagensei unterwegs, um das Leben deines Freundes zu retten, deines besten Freundes, der dort blutend auf der Erde lag – was ist dann passiert?«
    »Ich habe Arron gesagt, er soll abhauen. Sich aus dem Staub machen.«
    »Du hast Arron gesagt, er soll abhauen? Kurz nachdem du einen Krankenwagen gerufen hast, der ihm das Leben retten soll?« So wie er das sagt, hört es sich an, als könnte nie wieder jemand etwas glauben, was ich sage.
    »Ich wollte nicht, dass ihn die Polizei schnappt … ich wollte nicht, dass sie denken, Arron hätte es allein getan, und nicht Mikey und Jukes ebenfalls.«
    »Du dachtest, es sei wichtiger, sich vor der Polizei zu verstecken, als deinem Freund möglichst schnell ärztliche Hilfe zukommen zu lassen?«
    »Ja … für ihn, nicht für mich, für ihn. Es war nicht alles Arrons Schuld, aber wenn sie ihn neben der Leiche gefunden hätten, hätte

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