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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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vor den Augen einer Gruppe tanzwütiger Rentner.
    Und ihr fällt nichts Besseres ein, als einen Stadtplan aus der Tasche zu ziehen und eine alte Frau zu fragen, wie sie von hier aus in die Herberge kommt. Ich stolpere hinter ihr her. Sieht sie denn nicht, was sie mir angetan hat? Aber ihr Blick ist stur auf die Karte gerichtet und sie konzentriert sich auf die Wegbeschreibung.
    Dann ist sie auch schon zur Tür hinaus. Draußen rennt sie fast und ich versuche hinterherzukommen. Eigentlich wäre das kein Problem, weil ich normalerweise schneller als alle anderen bin, aber mit einem verknacksten Knöchel und diesem Rasseln in der Brust fällt es mir doch erstaunlich schwer.
    »Claire … warte … bitte«, keuche ich.
    »Ich kann nicht … Ich muss so schnell wie möglich zurück«, antwortet sie und biegt um die nächste Ecke.
    Ich hole sie ein und packe sie an der Schulter. »Claire … das hier ist wirklich wichtiger! Du kannst nicht einfachso was sagen und dann abhauen. Was ist, wenn wir uns später nicht mehr unterhalten können?«
    Sie reißt sich von mir los. »Das werden wir wohl müssen … Tut mir leid …«
    »Claire …« Mein ganzer Körper tut weh, so anstrengend ist es, mit ihr Schritt zu halten, und mein Kopf platzt fast, so fieberhaft denke ich über eine Lösung nach. Aber es ist wie ein nicht zu lösendes Rätsel – wie soll man jemanden davon überzeugen, dass man es ehrlich meint, wenn man ihm ganz offen gesteht, dass man ihn angelogen hat? Und wie willst du einem Mädchen versprechen, dass es bei dir in Sicherheit ist, wenn du ihr zugleich gestehst, dass du jemanden ernsthaft verletzt hast? Und wie will man Vertrauen aufbauen, wenn es nicht mal möglich ist, miteinander zu reden?
    Und was fange ich mit dem Wissen an, dass Claire manchmal ein bisschen schräg drauf ist … dass sie womöglich nicht die richtigen Entscheidungen trifft? Dass es ihr damals sogar gefallen hat, als ich ihr ein bisschen wehgetan habe?
    »Claire … Claire …« Ich hole sie wieder ein, und diesmal schaffe ich es, sie aufzuhalten. Ich schlinge die Arme um sie und halte sie fest. Einen kurzen Augenblick stehen wir ganz still da und ich berühre ihr zartes Gesicht und blicke in ihre Augen und flehe sie an: »Du musst mir zuhören , du musst jetzt mit mir reden … Du kannst so was nicht einfach sagen. Lass es mich wenigstens erklären, bitte.«
    Es müsste ihr doch eigentlich gefallen, dass ich sie sofest umarme … oder nicht? Sie müsste mir doch eigentlich zuhören wollen … aber sie stößt mich weg und kämpft gegen die Umarmung an und will sich losreißen, und dann ruft sie: »Nein … jetzt nicht …«, und ich schreie zurück: »Doch, jetzt!«
    Dann tritt sie mir voll gegen das Schienbein – aua! – und ich spüre, wie sich Hände in meine Schultern bohren, nach hinten ziehen, und dann sagt eine nur allzu bekannte männliche Stimme: »Lass sie los! Ruft die Polizei!«
    Scheiße aber auch! Mr Hunt! Was für ein perfektes Timing.
    Er stößt mich beiseite, ich verliere das Gleichgewicht und falle auf den Bürgersteig. Wahrscheinlich wäre ich ihm ohne den angeknacksten Knöchel und den Husten entkommen, und dann springt mir plötzlich ein großer, kräftiger Kerl auf den Rücken, presst mir die Luft aus den Lungen und drückt mein Gesicht auf das kalte, nasse Pflaster. Mein Kiefer kracht gegen den harten Untergrund, meine Zähne bohren sich in die Zunge und ich ersticke fast an meinem salzig-süßen Blut. Der Bürgersteig stinkt nach Pisse und Schlimmerem. Ich winde mich und huste und würge, aber er drückt meinen Kopf gegen den Stein und grunzt: »Rühr dich bloß nicht vom Fleck!«
    Diese Stimme kenne ich auch. Oh Gott, es ist Carl. Bei unserer letzten Auseinandersetzung war am Schluss seine Nase gebrochen. Jetzt bekommt er seine Rache, ohne dass er es weiß. Ich weiß nicht, wo Claire ist, ich sehe bloß meine Haare und meine Kapuze und einen Hundehaufen,nur ein paar Zentimeter von meiner Nase entfernt. Ich hoffe nur, dass Carl ihn nicht auch sieht.
    »Claire … alles in Ordnung mit dir? Hat er dir was getan?« Mr Hunt versucht, besorgt und einfühlsam zu klingen, aber ich höre auch die Selbstzufriedenheit darüber, dass er eine seiner Schülerinnen aus den Krallen eines bösartigen Kapuzenverbrechers befreit hat. »Emily, Anna, kommt her und kümmert euch um sie.«
    Claires Stimme ist ganz piepsig und sie muss zwischendurch immer wieder Luft holen: »Mr Hunt … nichts passiert … alles in Ordnung … mir

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