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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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interessant gestylt.«
    »Mhmm. Ja.«
    »Wie geht’s deiner Mum?« Als er das sagt, kratzt er sich am Kopf und schaut zur Decke, aber ich bin an die großen Brüder und die Väter meiner Freunde gewöhnt … und alle, echt, sogar die Lehrer, die Verkäufer in den Geschäften, egal wer … sie alle fahren auf meine Mum ab.
    »Der geht’s gut. Sie ist schwanger.«
    »Schwanger? Ach du … Wer ist denn der Glückliche?«
    »Ihr Freund. Er ist tot.«
    »Scheiße. So ’n Pech. Ist ja heftig.« Er glotzt wieder an die Decke.
    »Wie geht’s Arron?«, frage ich angespannt.
    »So weit okay«, antwortet er. »Den Umständen entsprechend. Er hofft, dass die Verhandlung bald stattfindet. Haben dir die Bullen irgendwas darüber gesagt?«
    »Nein.«
    Er sieht mich jetzt direkt an, die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengezogen. »Ich hab dir gesagt, dass du die Klappe halten sollst. Du hättest auf mich hören sollen, stimmt’s?«
    Ich nehme einen großen Schluck Cola.
    »Ja … nein … aber die Polizei hätte mich sowieso gefunden. Sie wussten, dass ich Arrons Freund war, und jede Menge Leute haben mich gesehen, als ich den Bus angehalten habe.«
    »Hast du nicht kapiert, dass du auf gar keinen Fall irgendwas von Jukes erzählen darfst? Hast du denn nicht gewusst, wer sein Alter ist? Hat dir Arron das nie erzählt?«
    »Nein.« Ich blicke auf den dummen, unschuldigen, ahnungslosen Ty zurück und wundere mich nicht über Nathans verächtliche Miene. Er schüttelt den Kopf. »Gran hat gesagt, ich soll einfach die Wahrheit sagen. Wegen der Familie dieses Jungen.«
    »Ach ja. Dieser Junge. Dieser unschuldige Junge.«
    »Genau.« Wir kommen nicht richtig weiter. »Nathan … du musst mir helfen, Mann. Diese Leute wollen mich umbringen, du kennst sie doch, oder? Du könntest sie fragen … sie bitten, dass sie … ich kann so nicht leben, Nathan, du musst mir helfen, Mann, ich halte das nicht mehr aus … Ich würde alles tun, ehrlich.«
    Es ist so, als hätte er mich überhaupt nicht gehört. Er glotzt wieder an die Decke. Ich höre mich plappern wie ein verängstigtes Kleinkind. Dann sagt er: »Wie geht’s deiner Gran, Ty? Gesund und munter?«
    »Äh … sie … sie ist … was weißt du von meiner Gran?«
    Er kaut jetzt an seinem Daumennagel, und ich könnte schwören, dass ich Nathan noch nie so … so nervös gesehen habe. Herrgott, nein, nicht nervös, sondern … schuldbewusst , ja. Er sieht aus, als plagte ihn ein schlechtes Gewissen.
    »Was weißt du von meiner Gran?«, frage ich noch einmal, aber diesmal kommt es langsam und wütend heraus, und als er nur die Schultern zuckt und mich ansieht, weiß ich Bescheid. Er war daran beteiligt, als Gran zusammengeschlagenwurde. Als sie beinahe totgeschlagen wurde. Sie musste ins Krankenhaus, auf die Intensivstation. Seitdem hat sie ständig Angst.
    Ich stürze mich auf ihn, ramme ihm den Arm gegen den Hals, damit er keine Luft mehr kriegt, und ziehe ihm den Meerjungfrauenschwanz brutal über die Augen.
    Er stößt mich beiseite, schreit laut auf – vor Schmerz, hoffe ich –, und ich falle zu Boden. Im nächsten Augenblick kniet er auf mir, und ich beiße ihm in die Hand und grabsche nach seiner Kehle, dann prallen wir gegen den Fernseher, der umkippt und so laut auf den Boden knallt, als wäre eine Bombe explodiert.
    Wir sind eng ineinander verkrallt, keuchen einander unsere Wut in die Gesichter, Schweiß und Spucke, Blut und Tränen. Er rollt mich auf die Seite und verbiegt mir den Arm in einem unmöglichen Winkel, drückt mir die Hand aufs Schulterblatt, dass ich mir auf die Zunge beißen muss, damit ich nicht laut schreie.
    »Hast du das mit ihr gemacht?«, stoße ich hervor. »Ja? Hast du das gemacht?«
    Dann schiebt sich etwas Weiches, Rosafarbenes vor das Licht. Kalte kleine Hände berühren mein Gesicht und eine Stimme quäkt: »Hör auf, Nathan! Hör auf! Ist ja gut! Es ist Ty!«

Kapitel 21
Duke of York
    »Shanice!«, ruft Nathan. »Geh sofort wieder ins Bett!«
    Shanice schlingt die Arme um mich.
    »Das ist Ty … Lass ihn los, Nathan! Lass ihn los!« Sie versucht, ihn zu treten.
    Shanice ist erst sieben, deshalb kann sie nicht viel gegen ihn ausrichten. Nathan lässt meinen Arm trotzdem los. Ich liege reglos auf dem Teppich, zwischen den Glassplittern des zerstörten Fernsehers.
    »Rühr dich nicht von der Stelle«, knurrt Nathan. »Wenn du meiner Schwester was tust, bring ich dich um.«
    »Ty tut mir nichts«, sagt Shanice. Ihre großen Augen sind voller

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