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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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ist. Icherhebe mich sehr langsam und gehe mit ausgestreckter Hand auf ihn zu.
    Dann läuft er davon und ich laufe auch. Ich finde die richtige Stelle, klettere über den Zaun und laufe auf die Treppe zu, haste die Stufen hinauf und hämmere oben an die Tür. An Arrons Tür. Obwohl ich weiß, dass Arron gar nicht da sein kann.

Kapitel 20
Nathan
    Ich hoffe inständig, dass Arrons Mum aufmacht, aber Nathans Augen funkeln in die Dunkelheit, und er versucht, die Tür gleich wieder zuzuschlagen. Ich habe meine Schulter dazwischen geklemmt und nach ein paar Sekunden des Schweigens erkennt er mich und in diesem Überraschungsmoment schiebe ich mich in den Flur hinein und breche dort zusammen.
    Nathan ist wütend und flucht, aber er hält die Stimme dabei gedämpft: »Herrgott noch mal … bist du bescheuert, Mann? Was zum Teufel hast du hier zu suchen? Willst du dich umbringen? Bist du völlig durchgedreht, oder was?«
    Er zittert und schwitzt und sieht mich ganz merkwürdig an. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er hat Angst. Er steht über mich gebeugt und seine Spucke sprüht mir ins Gesicht.
    »Ich brauche deine Hilfe«, bringe ich mit Mühe heraus. »Nathan, bitte.«
    »Halt die Klappe«, sagt er. »Sei still. Hier rein.« Er zieht mich hoch und schleppt mich ins Wohnzimmer, wo ich über eine nackte Barbiepuppe stolpere und auf ein rosaAuto trete, gegen den Kaffeetisch stoße und mich dann auf dem Sofa langmache.
    Nathan befördert die Barbie mit einem Tritt in eine Ecke. Normalerweise ist es hier so sauber und aufgeräumt wie in dem Krankenhaus, in dem ihre Mutter arbeitet. Ich muss ein ziemlich erstauntes Gesicht gemacht haben, denn er knurrt: »Mum ist nicht da. Sie ist mit Jasmine los, Arron im Jugendknast besuchen. Es ist am besten, wenn sie dort irgendwo übernachten.«
    Jasmine ist ihre kleine Schwester. Sie ist erst fünf. Ich sehe sie plötzlich vor mir, wie sie am Daumen lutscht, ein rosa Zopfgummi hält ihre Haare zusammen und sie lächelt mich in einem Zimmer voller schluchzender Mütter und schweigender Jungs an.
    »Ach so«, sage ich. Ich hatte gehofft, Arrons Mum würde da sein, damit sie sich um mein Gesicht kümmert und Nathan davon abhält, mich umzubringen. Jetzt kann so gut wie alles passieren.
    Das Sofa kommt mir ziemlich unbequem vor. Ich fasse unter ein Kissen und ziehe eine Barbie-Meerjungfrau darunter hervor. Früher haben mich Arrons kleine Schwestern immer genervt, weil ich ständig mit ihnen spielen sollte, und wenn ich gut gelaunt war, habe ich das auch gemacht … wenn das Fußballspiel, das wir uns anschauten, langweilig war oder sonst was. Kein Wunder, dass Arron immer gelacht und mich »Mädchen« genannt hat.
    Ich drehe die Puppe in den Händen, hasse ihr dämliches Grinsen und die falschen Brüste. Das ist das Problem mit Leuten, die dich schon ewig kennen. Sie wissen,was für ein Weichei du gewesen bist, bevor du gelernt hast, cool zu sein. Deshalb hat es mir so gut gefallen, Joe zu sein. Er ist nie blöd gewesen. Er ist nie jung gewesen. Er hat garantiert nie mit Barbies gespielt.
    Nathan sieht mich fragend an. »Komm her«, sagt er. Ich weiche zurück und er packt mich an der Schulter und zerrt mich rüber zur Spüle; ihr Wohnzimmer und ihre Küche sind in einem Raum untergebracht. Er ist größer als ich, wenn auch nicht viel, und er hat dicke Muskeln. Es hat keinen Sinn, dass ich mich gegen ihn wehre.
    Er dreht das kalte Wasser auf. Scheiße. Jetzt macht er das Becken voll und ertränkt mich darin … oder foltert mich … dort drüben steht der Herd, damit könnte er mich verbrennen … oder mich einfach über den Balkon werfen.
    Aber dann hält er ein Geschirrhandtuch unter das Wasser, wringt es aus und sagt: »Mach dich sauber, Mann, du siehst echt scheiße aus.« Er kramt in einem Schrank herum, bis er einen Erste-Hilfe-Kasten gefunden hat, aus dem er eine antiseptische Wundcreme und Pflaster holt.
    Ich tupfe mein Gesicht ab. Es brennt so sehr, dass ich gleich wieder in Richtung Sofa wanke und mir das nasse Tuch vorsichtig aufs Auge drücke. Nathan holt eine Dose Cola aus dem Kühlschrank und gibt sie mir. Er setzt sich in den Sessel. Jetzt brauchen wir nur noch Arron und dann die Sportschau anschalten und es ist genau wie früher. Ich nehme einen kleinen Schluck Cola. Es tut gut, den Geschmack nach Tod in meinem Mund wegzuspülen.
    Dann sagt er: »Tja, mein kleiner Ty, du bist ja direkt schon fast erwachsen geworden, Alter.«
    »Ja.«
    »Hast dich ja echt

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