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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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zu sein.«
    Und dann später hat er mich gefragt, mir gesagt, mich angefleht, dass wir diesen kleinen Job für Jukes und Mikey erledigen sollen. »Du tust dir selbst einen Gefallen«, hat er gesagt. »Du gehörst dann einfach dazu, es gibt Leute, die sich um dich kümmern. Mach schon, Mann. Ich halte dir den Rücken frei. Keine Angst.«
    Aber ich hatte Angst und ich bin weggerannt und habe ihn beobachtet und Rio hat sein Messer gezogen und ist dann erstochen worden.
    Und wenn ich der Tote gewesen wäre, hätten sie wahrscheinlich im Duke of York den Leichenschmaus für mich veranstaltet und Jukes’ Vater hätte meine Mum getröstet und ihr in ihrer Trauer um diesen schrecklichen Verlust seine Hilfe angeboten. Und eine Wohnung. Verdammt noch mal.
    »Woher weißt du das alles?«, frage ich, mit einem Mal misstrauisch geworden. »Woher soll ich wissen, dass du dir das alles nicht einfach ausgedacht hast?«
    Nathan zuckt die Achseln. »Ein bisschen was hat mir Arron erzählt. Anderes habe ich gehört. Einen Teil kann man sich ganz einfach zusammenreimen.«
    Shanice bewegt sich im Schlaf, und Nathan beugt sich vor, um sie hochzuheben. »Komm, Shani, Zeit fürs Bett«, sagt er und nickt mir zu, damit ich die Decke mitnehme. Er trägt sie in ihr Zimmer und legt sie ins untere Bett. Ich decke sie zu und wir stehen da und betrachten ihr niedliches, schlafendes Gesicht.
    Dann sagt er: »Du musst müde sein. Willst du Arrons Bett?« Eigentlich will ich das nicht, aber ich bin dermaßen fertig, dass ich doch in das Zimmer gehe, das er sich mit Arron teilt, ziehe die Schuhe aus und lege mich aufs Bett und sehe mir die Arsenal -Poster an der Wand an. Arsène Wenger schaut mir direkt ins Gesicht. Sein trauriges französisches Gesicht scheint sich über den Idioten lustig zu machen, der einen Freund beschützen wollte, der ihn seinerseits nach Strich und Faden belogen hat.
    Nathan streckt den Kopf zur Tür herein. »Ich muss Shaniceschon bald in die Schule bringen, aber du kannst ja schlafen bis zum Mittagessen. Ich wecke dich dann.«
    »Alles klar«, erwidere ich. Nathan überlegt kurz, dann sagt er: »Hör mal, Ty, ich will Arron hier nicht entschuldigen. Er hat eine Menge Scheiß gebaut und jetzt muss er dafür bezahlen.«
    Ich drehe den Kopf zur Seite. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich sagen soll.
    »Du fühlst dich jetzt mies, stimmt’s, weil dein Freund nicht ehrlich zu dir war«, sagt Nathan. »Das verstehe ich. Aber eins darfst du nicht vergessen. Er hat gedacht, er würde dir damit einen Gefallen tun.«

Kapitel 22
Abgrund
    Die Sonne scheint mir in die Augen. Ich stöhne, drehe mich auf die Seite und versuche sie zu ignorieren, aber es bringt nichts. Ich bin wach. Ich schaue auf die Uhr. Es ist schon fast Mittag.
    Ich starre an Arrons Zimmerdecke und denke über die Lügen nach, die er mir erzählt hat. Und die Lügen, die ich ihm aufgetischt habe. Eine Welt, in der alle sich ständig gegenseitig anlügen, ist wie eine Welt, in der jeder ein Messer dabeihat. Du glaubst, es würde dir helfen, dabei macht es alles nur noch schlimmer.
    Jetzt frage ich mich, inwiefern sich mein Leben verändern würde, wie es sein würde, wenn ich von jetzt an einfach nur die Wahrheit sagte. Ganz egal, was passiert.
    Aber wenn ich sage, wie es wirklich gewesen ist, dass ich mit dem Messer auf Arron eingestochen habe – und jetzt, in diesem Moment, bin ich froh, dass ich es getan habe, ich will ihm wieder wehtun, ich hasse ihn –, lande ich vor Gericht und im Gefängnis, und dann habe ich keine Zukunft mehr.
    Habe ich überhaupt noch eine Zukunft?
    Ich höre Nathans Schritte in der Wohnung, dann gehtdie Zimmertür mit einem Knarren auf. Ich mache rasch die Augen zu, als würde ich noch schlafen. Die Tür knarrt wieder zu, aber sie wird nicht ganz geschlossen, sodass ich ihn reden höre. Entweder ist jemand bei ihm oder er telefoniert.
    »Er ist hier …«, murmelt er. »Er schläft. Letzte Nacht. Ja. Ja. Am besten sofort … Nein, wir gehen nicht weg.«
    Um Himmels willen. Er erzählt jemandem von mir. Er muss mich angelogen haben. Jetzt hat er Jukes’ Gang angerufen … vielleicht sogar gleich Jukes’ Vater … Jetzt kommen sie her. Sie wollen mich holen.
    Mein Atmen geht leise und stoßweise, mein Herz wummert. Schweiß kribbelt in meine Achselhöhlen. Ich habe einen üblen, beißenden Geschmack im Mund. Dann gehe ich rasch zum Fenster, aber es ist zu schmal … da komme ich niemals raus … außerdem geht es draußen zwei

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