Die letzte Aussage
Stockwerke runter, direkt auf den Betonboden.
Ich schleiche zur Tür. Nichts zu hören. Vielleicht kann ich einfach abhauen. Ich setze mich hin, binde mir die Schuhe zu, mache ganz langsam und geräuschlos die Tür auf. Niemand. Nichts. Ich schiebe mich langsam in Richtung Tür, drücke auf die Klinke. Verdammt. Zugeschlossen. Ich haste ins Schlafzimmer zurück.
Dann höre ich Dizzee Rascal losplärren. Nathans Handy. »Ja«, höre ich ihn sagen. »Schläft immer noch. Ich komme runter und zeige Ihnen, wo Sie es hinstellen können. Bis gleich.« Eine Tür geht auf und wieder zu, dann geht er zur Haustür … sie fällt krachend ins Schloss. Ich renne sofort los und versuche es wieder, aber nein, sieist immer noch abgeschlossen. Ich sitze wie eine Ratte in der Falle.
Ich kann mich nirgends verstecken. Ich gehe ins Zimmer von Shanice und Jasmine und überlege, ob ich unter das Stockbett kriechen soll. Dann stelle ich mir vor, wie mich jemand an den Füßen darunter hervorzieht, und die ganze Sauerei, wenn sie mich gleich dort erschießen. Das viele Blut in ihrem rosa- und cremefarbenen Palast.
Ich gehe wieder ins Wohnzimmer, setze mich aufs Sofa, schwitze und stöhne leise … Es hört sich an, als würde ich gleich zu heulen anfangen. Das war’s. Jetzt muss ich sterben.
Dann fällt mir ein, dass Nathan die Balkontür aufgeschlossen hat, als er den kaputten Fernseher rausgestellt hat. Er hat sie nicht wieder zugeschlossen. Schon bin ich an der Tür, reiße den Vorhang zur Seite und fingere am Griff herum. Es funktioniert! Ich habe mich nicht getäuscht! Ich ziehe den Vorhang hinter mir wieder zu und gehe nach draußen, in die Wintersonne.
Dort stehen ein Wäscheständer mit nasser Wäsche drauf, der Fernseher und jede Menge Pflanzen und eine Leiter – aber die Leiter ist zu kurz, damit komme ich nirgends hin. Ich muss einfach auf den darunterliegenden Balkon klettern. Von dort aus kann ich vielleicht springen … vielleicht klappt es ja …
Die Brüstung ist halb gemauert, die obere Hälfte besteht aus einem Metallgeländer. An dem Geländer kann man sich beim Drüberklettern besser festhalten. Ichschwinge mein linkes Bein drüber und schaue nach unten.
Ach du Schreck. Es geht ganz schön tief runter. Ich kneife die Augen zusammen, dann mache ich sie wieder auf. Es sieht nicht viel besser aus. Es sieht immer noch nicht so aus, als könnte man es schaffen. Ich schwinge mein rechtes Bein probehalber in die Höhe. Auf einmal fange ich an zu zittern und am ganzen Körper zu schwitzen, ich bin von oben bis unten nass, als hätte mich jemand in ein Schwimmbecken geworfen.
Meine Hände rutschen vom Geländer ab. Meine Zähne klappern. Ich kann mich nicht richtig festhalten … ich kriege das nicht hin. Aber ich kann auch nicht wieder zurück. Ich stecke fest. Wenn ich nach hinten schaukele, falle ich. Wenn ich nach vorne schaukele, sitze ich in der Falle. Jetzt höre ich Stimmen auf der anderen Seite des Vorhangs.
Gott im Himmel! Ich muss es versuchen. Ich schiele noch einmal nach unten, auf den Balkon, zu dem ich hinwill. Er ist ungefähr fünfzig Meilen entfernt. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Vielleicht, wenn ich mich am Geländer runterrutschen lasse … und mich dann rüberschwinge … ich muss verrückt sein … aber ich ziehe auch das rechte Bein nach oben, um es über das Geländer zu ziehen.
Ein paar Mädchen mit Kinderwagen beobachten mich. »Nein, tu’s nicht!«, ruft eine von ihnen. Sie zieht ein Handy heraus. Jetzt rufen sie alle zu mir herauf. »Nicht! Hilfe! Du bringst dich um!«
Ich will mich beeilen, aber mein Körper ist gegen mich. Er will mir nicht mehr gehorchen. Mein Fuß hängt oben am Geländer fest, fängt an zu zittern, jetzt falle ich bestimmt gleich … ich habe die Augen fest zugekniffen … warte auf einen Schuss … warte darauf, dass ich runterfalle.
Dann ein Geräusch und ich mache die Augen auf. Ich sehe, wie der Vorhang zurückgezogen und die Balkontür aufgerissen wird.
Kapitel 23
Achterbahn
Ich versuche hektisch, den Fuß zu befreien. Ich taumele nach hinten. Meine Hände grabschen am Geländer herum. Die Mädchen unten halten vor Entsetzen den Atem an, jemand schreit … Nathan stürzt auf den Balkon und brüllt: »Nein!«
Ich falle …
Aber jemand packt mich, zieht mich hoch.
Jemand hält mich fest. Ich rieche Leder und Rauch. Jemand in einer Motorradjacke zieht mich an sich. Ich winde mich, um von ihm loszukommen, schlage um mich und zappele wie wild … »Hab
Weitere Kostenlose Bücher